Dinslaken/Voerde. Die Coronakrise hat viele Einzelhändler in Dinslaken und Voerde hart getroffen. Wie sie den Lockdown erlebten und nun in die Zukunft blicken.

Sechs Monate sind nach dem Lockdown vergangen, seit einigen Wochen steigen die Zahlen der Infizierten nun wieder. Die Angst vor einer zweiten Welle geht um – vor allen bei der Wirtschaft. Zu viele Ausfälle hatten sie zu verzeichnen, manche Firmen, Gastronomen oder Einzelhändler bangen um ihre Existenz. Ein zweiter Lockdown würde für manche das Aus bedeuten.

Wie sieht es beim Einzelhandel in Dinslaken und Voerde aus? Was sagen vor allem die kleineren Geschäfte, die noch von Inhabern geführt werden? Die NRZ hörte sich um.

Besser als erwartet im Dekoladen

„Ganz okay“ findet Laura Böninger die Zahlen in ihrem Geschäft „La Chambre Belle“ im Vergleich zum Vorjahr. „Die vergangenen Monate nach dem Lockdown liefen ganz gut, ich knüpfe ansatzweise an die Zahlen des Vorjahres an“, zieht sie ein Resümee. Besser als erwartet also. Was sie aber vor allem nicht erwartet hatte – ihre Kunden fragen schon seit Tagen nach Weihnachtsartikel.

Auch interessant

„Und das im September, das hatte ich noch nie.“ Werden die Weihnachtsdekos das neue Toilettenpapier, fragt man sich da gleich. Laura Böninger lacht. „Das sieht fast so aus. Seit den steigenden Infektionszahlen haben manche Menschen wieder Angst. Sie fragen sich, was noch kommt und da scheint man sich auf seine Wohnung zu besinnen. Sie wollen sicher gehen, wenigstens ein schönes Weihnachtsfest in den eigenen vier Wänden zu feiern.“ So dekoriert sie gerade einen Teil ihres Verkaufsraumes um.

Laura Böninger von La Chambre Belle.
Laura Böninger von La Chambre Belle. © FUNKE Foto Services | Heiko Kempken

Wie es für sie weitergeht, ob das Weihnachtsgeschäft wirklich erfolgreich wird – sie weiß es nicht. „Viele sind noch in Kurzarbeit, da haben die Menschen nicht so viel Geld in der Tasche, um es für zwar Schönes aber nicht Lebenswichtiges auszugeben“, vermutet sie. Ihr Appell, wie auch der aller anderen, an die Kunden. „Bitte nicht nur im Internet bestellen, was man leicht auch vor Ort bekommen kann.“ Nur so bleibe die Vielfalt in der eigenen Stadt erhalten.

Lage im Modegeschäft hat sich eingependelt

Bei Annette Mayer im gleichnamigen Modegeschäft hat sich die Lage eingependelt. „Wir haben in den vergangenen Wochen viele Aktionen mit unseren Kunden gemacht, das zog.“ Nach dem Lockdown seien die Bürger erst zögerlich in die Stadt gekommen. Das Shoppen mit Maske sei zu ungewohnt gewesen. „Jetzt sagen mir unsere Kunden, sie seien es leid, immer nur daheim zu sitzen. Sie wollen endlich wieder shoppen. Und an die Maske hätten sie sich gewöhnt.“

Im November feiert Annette Mayer mit ihrem Laden den 50. Geburtstag, da komme sicherlich auch wieder Leben ins Geschäft. Sorgenvoll in die Zukunft blickt sie nicht, wenn alles gut geht und kein zweiter Lockdown das Geschäftsleben in weiten Teilen brachlegt. „Unser Laden ist klein, sehr individuell, unsere Stammkunden halten uns die Treue und vor allem unser Konzept, alle vier Wochen mit neuer Ware aufzuwarten hat sich bewährt“, so die Inhaberin.

Spielwarengeschäft ist zufrieden

Zufrieden ist auch Sven Bartz vom gleichnamigen Spielwarengeschäft. Lediglich Kleinteile für die Kindergeburtstagstüten seien in diesem Jahr nicht gegangen. „Die Geburtstagsfeiern sind weitgehend ausgefallen“, erzählt er. Nach dem Lockdown habe er einen verstärkten Trend zu Gesellschaftsspielen, zu Federball und Tischtennis, zum Puzzle festgestellt. „Die Familien sind wohl wieder mehr zusammengerückt,“ meint er. Nun hofft er auf ein gutes Weihnachtsgeschäft.

Silke Rudolf von Hussel.
Silke Rudolf von Hussel. © FUNKE Foto Services | Heiko Kempken

Das hofft auch Silke Rudolf, stellvertretende Filialleiterin von Hussel. Schließlich war das Ostergeschäft schon eine Katastrophe. Der Großteil der Ware wurde entweder verschenkt oder wieder eingeschmolzen. „Wir hatten während des Lockdowns geöffnet, aber das wussten viele Menschen nicht“, berichtet Rudolf. Im Sommer wurde dann das Warensortiment ausgedünnt – Schokolade bei 40 Grad kommt nicht so gut. Daher lief es auch recht schleppend. Hinzu käme die Kurzarbeit vieler, die veränderten Öffnungszeiten. Der Ausfall durch den Lockdown sei also noch nicht aufgeholt. Und nun bereiten vielen die neuerlich gestiegenen Infektionszahlen Sorgen. „Das merken wir hier vor allem“, sagt Rudolf. Das Weihnachtsgeschäft könnte sich da als Glücksbringer erweisen, hofft sie.

Im Textilhaus Fischedick der Firma Kierdorf lief es im Großen und Ganzen recht gut, bemerkt Filialleiterin Laura Suchomel. „Es hat sich nach dem Lockdown wieder gut eingependelt.“ Sie führt das auf das Wäscheangebot zurück – die brauche schließlich jeder.

Ältere Kunden schimpfen über Maskenpflicht

In der Regel würden sich die Kunden an die Maskenpflicht halten, doch Ausnahmen bestätigen die Regel – vor allem ältere Kundinnen schimpften des Öfteren, hat Drahoslava Heidelberger, die Vertretung der Filialleitung von Betty Barclay, zu berichten. Das Geschäft liefe recht schleppend, aber das liege nicht nur an Corona. In Dinslaken erreiche man die Kunden nur schwierig, das sei in Moers anders, meint sie. Aber momentan pendele es sich ein. Vor allem auf die Stammkunden sei Verlass, geholfen habe auch, dass immer neue Ware eingetroffen sei.

Drahoslava Heidelberger von Betty Barclay.
Drahoslava Heidelberger von Betty Barclay. © FUNKE Foto Services | Heiko Kempken

Ganz gut bislang durch die Corona-Zeit gekommen ist auch Dieter Waldenhoff in seinem gleichnamigen Geschäft. Doch auch er bemerkt – mit steigenden Infektionszahlen kommen weniger Kunden. Viele Menschen hätten in den vergangenen Monaten wieder verstärkt zum Kochlöffel gegriffen und bemerkt, dass ihnen so allerlei Zubehör fehlte. „Dazu fährt man nicht unbedingt in eine andere Stadt, das kauft man vor Ort“, sagt Waldenhoff. Anfangs hatte er Angst, wie es weitergehen würde, doch nun ist er guter Hoffnung. „Im großen und ganzen bin ich mit einem blauen Auge davongekommen.“

Gut lief es auch bei Betten Krüssmann. „Wir verkaufen schöne Dinge fürs Haus, für die Wohnung, das gönnten sich die Menschen, da viele auf den Urlaub verzichteten“, sagt Gabriele Deutsch. Davon habe sie profitiert. Rausgeholt habe sie den Lockdown nicht, aber zufrieden sei sie dennoch.

Wandel beim Buchhandel

Auch Sabine Friemond-Kund hatte in ihrer Voerder Lesezeit während des Lockdowns geöffnet – weil sie die Post im Hause hat. „Der Buchhandel war zwar mit einem Flatterband abgesperrt, aber der Türverkauf lief weiter“, erzählt Friemond-Kund. Derzeit bange die ganze Branche allerdings ob der steigenden Infektionszahlen. Man hoffe auf das Weihnachtsgeschäft – allerdings stelle er sicherlich neue Herausforderungen ans Team. „Während dieser Zeit kommen die Leser verstärkt in die Buchhandlung, das stellt uns vor größeren Hygiene-Herausforderungen“, sagt sie.

Gabriele Deutsch von Betten Krüssmann.
Gabriele Deutsch von Betten Krüssmann. © FUNKE Foto Services | Heiko Kempken

Aber eigentlich hätten sie auch den Schulbuchverkauf mit Bravour überstanden. Jahreskalender für runde Geburtstage, kleine Mitbringsel – in diesem Bereich hätte es stagniert; Romane, Unterhaltungsliteratur und vor allem Kinderbeschäftigungshefte seien aber gut gegangen, letztere sogar oftmals ausverkauft gewesen. „Ich habe das Gefühl, Smartphone &Co. interessieren die Menschen derzeit nicht mehr so stark, sie wollen lesen oder spielen.“ Denn erstmals hatte sie auch Puzzles im Angebot – und die gingen weg wie warme Semmeln.

Sehr guter Umsatz beim Möbelhaus

„Es war schon schlimm, im dunklen Kämmerlein, sprich in einem geschlossenen Geschäft zu sitzen, und zu überlegen, wie es weitergeht“, erzählt Katrin Fahnenbruck vom gleichnamigen Einrichtungshaus. Da schwang schon eine ganze Portion Angst mit, immerhin hingen zahlreiche Arbeitsplätze von einer gutlaufenden Firma ab, so Fahnenbruck weiter. Doch die Sorgen hätte sie sich nicht machen brauchen. Kaum war der Lockdown beendet, die Möbelgeschäfte durften wieder öffnen, da standen die Kunden vor der Tür. „Wir hatten gottlob sehr gute Umsätze“, sagt Fahnenbruck.

Gartencenter und Möbelhäuser seien wohl die unternehmerischen Gewinner der Corona-Pandemie - dank der Kunden, die sich in jenen Zeiten auf ihre Wohnungen, aufs Haus und Garten konzentrierten. Wahrscheinlich, so Fahnenbruck, hätten die Kunden sich, statt in den Urlaub zu fahren, neu eingerichtet, den Garten hergerichtet und sich ein rundum wohliges Zuhause geschaffen. „Ich will mich darüber nicht beschweren“, sagt sie.