Dinslaken. Die vier Bürgermeisterkandidaten stellten sich bei der digitalen Podiumsdiskussion den Fragen der Leser und der NRZ. Hier sind einige Antworten.

An dieser Aussage wird sich der künftige Bürgermeister Dinslakens messen lassen müssen: An eine Erhöhung der Steuern in Dinslaken sei nach aktuellem Stand nicht zu denken – darin waren sich die Dinslakener Bürgermeisterkandidaten bei der Online-Talkrunde der NRZ am Donnerstag zumindest weitgehend einig. Amtsinhaber Dr. Michael Heidinger (SPD) und seine Herausforderer, die von CDU und Grünen gestützte parteilose Kandidatin Michaela Eislöffel, Gerd Baßfeld (Linke) und Thomas Giezek (UBV) stellten sich bei der digitalen Podiumsdiskussion den Fragen der Bürger – und der NRZ.

Es war eine lebhafte Runde, an der sich viele Bürger beteiligten und Fragen an die Kandidaten übermittelten. Die thematischen Schwerpunkte reichten von Finanzen und Investitionen über Digitalisierung bis hin zum ÖPNV.

„Was qualifiziert Sie eigentlich?“

Was qualifiziert Sie eigentlich für das Amt des Bürgermeisters? Diese Eingangsfrage eines Lesers nutzen die Kandidaten, um auch etwas über sich zu erzählen. Sie lebe seit 30 Jahren in Dinslaken, „ich kenne die Stadt gut, meine Kinder sind hier aufgewachsen“, betonte Michaela Eislöffel: Sie wolle die Stadt voranbringen, „dafür brauchen wir frischen Wind.“ Auch er sei in Dinslaken geboren, habe „auf der Zeche gelernt“, dann Sozialpädagogik studiert, sagte Gerd Baßfeld. Er engagiere sich für soziale Gerechtigkeit „und die möchte ich auch hier haben.“ Ebenfalls hier aufgewachsen und zur Schule gegangen ist Thomas Giezek, „Dinslaken soll eine „grüne Stadt sein und nicht 100 Hektar bebaut werden“, das sei sein Ziel.

Diskussion mit den Bürgermeister-Kandidaten aus Dinslaken

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    Der Amtsinhaber, Michael Heidinger, konnte sich auf elf Jahre Arbeit als Stadtspitze beziehen: Wer sich für das Amt des Bürgermeisters bewerbe, „braucht eine stimmige Gesamtidee von der Stadt. Wir haben seit elf Jahren versucht, diese umzusetzen und Dinslaken zu einer lebens- und liebenswerten Stadt zu machen.“ Dinslaken solle, so das Ziel „sozial, ökologisch und nachhaltig durchfinanziert“ sein.

    Steuererhöhung – ja oder nein?

    Durchfinanziert – aber wie? In der nun endenden Wahlzeit war sich der Stadtrat einig, den Dinslakener Bürgern nach mehreren Erhöhungen der Grundsteuern im Rahmen der Haushaltskonsolidierung bis 2020 keinen weiteren Aufschlag zumuten zu wollen. Aber was ist danach – wollte ein Leser wissen.

    „Ich denke, dass man zur Zeit nicht über Steuererhöhungen sprechen kann“, fand Michaela Eislöffel. In Zeiten der Pandemie leiden vielen Betriebe, viele Bürger seien in Kurzarbeit oder hätten ihren Job verloren.

    Auch Gerd Baßfeld sagte zu: „Wir werden die Steuern nicht erhöhen.“ Wenn überhaupt Steuern steigen sollten, dann nicht vor Ort – sondern im Bund durch die Einführung einer „Reichensteuer“, fand er.

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    Der Gesetzentwurf zur „Isolierung der aus der Covid-19-Pandemie folgenden Belastungen in den kommunalen Haushalten“ sichere die Handlungsfähigkeit der Kommune „ohne Steuererhöhungen“, so Michael Heidinger. Außerdem müsse sich die Gemeindefinanzierung durch den Bund ändern, eine Forderung, die Heidinger seit Jahren stellt und der Gerd Baßfeld als Bürgermeister mehr Nachdruck verleihen wollen würde.

    Und wie soll das seit Jahren wachsende Haushaltsloch gestopft werden? Eventuell „die eine oder andere Investition überdenken und neu planen“, so Michaela Eislöffel auf Nachfrage. Thomas Giezek schlug vor, auf die Investition ins Walsumer Tor und die Althoffstraße zu verzichten und „auch am Bahnhof nicht auf jeden Fördertopf aufzuspringen“. Ob er die Steuern erhöhen würde, das könne er zum „jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen“.

    Die Investitionskosten für die Stadthalle seien „erheblich“ (Eislöffel) oder gar „ausgeufert“ (Giezek) – verdoppelt, wie ein Leser kritisierte, hätten sie sich aber nicht, so Heidinger und „Fehler“, wie Baßfeld vermutete, seien auch nicht gemacht worden. Der Kostenrahmen von 34,6 Millionen Euro plus 1,9 Mio. Euro Puffer werde eingehalten. Die neun Millionen Euro, von denen einst die Rede war, hätten nur „kleine kosmetische Verbesserungen“ vorgesehen. Das hat mit dem, was wir jetzt machen, überhaupt nichts zu tun.“

    ÖPNV verbessern - aber wie?

    Der ÖPNV in Dinslaken müsse verbesser werden – hier herrschte Einigkeit. Indem etwa Busstrecken, Fahrzeuge und -taktungen überdacht (alle), On-Demand-System erwogen werden (Eislöffel) oder Ruhrgebiet und Niederrhein ein gemeinsames Konzept erstellen (Gerd Baßfeld). Senioren (Michaela Eislöffel) beziehungsweise Kinder und Jugendliche (Thomas Giezek) müssten kostenlos fahren. Ein für alle kostenloser ÖPNV sei das perspektivische Ziel der im Rat beschlossenen Nachhaltigkeitsstrategie, so Michael Heidinger, dem man sich – mit Blick auf die Kosten – schrittweise nähern müsse. „Wir brauchen intelligenten ÖPNV.“

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    Wurde die Digitalisierung verschlafen?

    Dinslaken müsse die Digitalisierung vorantreiben, forderte ein Leser und wollte wissen, warum weder Behördengänge noch Livestreams aus den politischen Gremien online möglich seien.

    Livestreams scheitern laut Heidinger an rechtlichen Hürden, es gebe „Stadtverordnete, die dem nicht zustimmen“. Ansonsten bemühe sich Dinslaken sehr wohl um Digitalisierung – sei aber bei der Breitbandversorgung von Anbietern abhängig. Zwar sei ein Förderprogramm im Rahmen eines interregionalen Konsenses verabschiedet worden, aber, jawohl: „Das dauert sehr lange und führt zu Unzufriedenheit.“

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    Vor allem an den Schulen müsse die Digitalisierung schneller ankommen, forderte Michaela Eislöffel: „Wir brauchen keine Ipads, wenn in Klassen kein Wlan vorhanden ist.“ Auch Schulen, die nicht kurzfristig saniert würden, würden mit Wlan ausgestattet, versprach Michael Heidinger, bei den Ipads für Schüler aber gebe es Lieferengpässe. Kinder, die jetzt die weiterführenden Schulen besuchen, „haben da nichts mehr von“, mutmaßte Giezek, der das „ganz anders“ machen würde.

    Visionen – und Pläne nach der Wahl

    Wenn sie als Bürgermeister eine Sache an oder in Dinslaken ungeachtet der Kosten sofort ändern könnten, was das wäre, fragte ein Leser.

    „Ein Jugendcafé in der Stadtmitte“ wäre die Vision von Gerd Baßfeld, Michaela Eislöffel würde in die Ortsteile gehen „und gucken, wo der Schuh drückt“, Thomas Giezek möchte „in jedem Quartier Wohnraum und eine Tauschbörse“ haben und Heidinger die Kommunalfinanzierung ändern. „Es kann nicht sein, dass die Dinslakener Bürger jährlich 40 Millionen Euro an den Bund überweisen.“