Voerde. Im Gasthof Hinnemann erfolgten während der coronabedingten Schließung einige Änderungen. Trotz Krise ist der Blick in die Zukunft optimistisch.
Die Ärmel hochkrempeln und den Lockdown kreativ nutzen – das haben auch Thomas Klein und Marlies Bergmann vom Gasthof Hinnemann gemacht. „Wenn ich zwei Monate nur zu Hause gewesen wäre, hätte mir etwas gefehlt“, sagt Thomas Klein. Ursprünglich war zwar keine Renovierung des Gasthauses angedacht, aber was macht man nicht alles, wenn die Langeweile einzieht – genau man streicht die Wände. „Bei Reservierungen vor der Corona-Zeit ist uns oft gesagt worden, bitte nicht ins Zimmer mit den ganzen toten Tieren. Erst wussten wir nicht, was gemeint war, dann begriffen wir“, berichtet Marlies Bergmann und lacht. Es ging ums Jagdstübchen, an dessen Wänden zahlreiche Jagdtrophäen vergangener Zeiten hingen.
Auch das Personal half mit
Ganz so zeitgemäß war er wirklich nicht mehr und so entschlossen sie die beiden Chefs, die Gehörne abzunehmen und die Wände zu streichen. „Aber wie das so ist, dann entdeckt man plötzlich, dass der Teppich nicht mehr zur frischen Wand passt, die Beleuchtung auch einer Änderung bedarf und so kam schließlich eines zum anderen“, erzählt Bergmann. Und am Ende stand eine Komplettsanierung der Innenräume durch Handwerker an. „Teilweise haben wir selber Hand angelegt, unser Personal hat toll mitgeholfen, aber schließlich mussten wir passen und holten die Profis.“
Der Raum präsentiert sich nun in einem anderen Licht: moderne Leuchtelemente, helle Vorhänge, neue Möbel, der große Saal weiterhin unterteilt, im hinteren Bereich können die Gäste nun an runden Tischen sitzen und den Blick auf eine große Weidefläche genießen.
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„Die Vielfalt und vor allem die Größe unseres Hauses hilft uns sehr, die Hygiene-, aber vor allem die Abstandsbestimmungen einzuhalten“, erklärt Thomas Klein. Hatten sie während des Lockdowns und der Renovierung noch einen Lieferservice eingerichtet, kommen so langsam die Kunden zurück. Der Biergarten läuft gut an, es darf wieder gekegelt werden und auch die ersten Versammlungen finden bereits wieder statt – auf Abstand natürlich. Angepasst an die Erfordernisse der Pandemie wurden im Gastraum die Tische weiter auseinander gestellt.
„Die Gäste halten sich hier an die Vorgaben, sie sind oft froh, überhaupt wieder in ein Restaurant gehen zu können“, so Klein. „Alle reservieren ja, wir können uns also auf die Gästezahl einstellen und reagieren. Je mehr Gäste kommen, desto mehr Räume werden geöffnet, damit keiner zu eng an anderen sitzt. Einen zweiten Lockdown möchten wir vermeiden. Aber wir möchten auch unsere Gäste schützen. Die Infektionszahlen steigen wieder, das macht Sorge und so versuchen wir unser Bestes, mehr Sicherheit zu bieten, als das Hygienekonzept vorschreibt. In all den Jahren hat sich meine Tante hier einen guten Ruf aufgebaut, den wollen wir nicht verlieren“, so Thomas Klein.
Die vielen Feiern fehlen
Was fehlt, sind natürlich die vielen Feiern, die wenigsten wurden aufs nächste Jahr verschoben. „Das kann man verstehen. Aber wir haben einen großen Pool an Stammkunden, die uns die Treue halten.“ Die älteren Kunden hatte Marlies Bergmann in 25 Jahren an den Gasthof gebunden, seit Neffe Thomas Klein das Geschäft übernahm, kamen auch junge Leute in die Traditionsgaststätte.
Die Live-Musik-Abende zogen unterschiedlichstes Publikum an, das schließlich auch blieb. „Wir punkten auch mit regionaler Küche“, erzählt Marlies Bergmann. Sie und ihr Neffe seien sehr heimatverbunden. Ihre Produkte kämen alle aus der Region. „Auch unser Stammpersonal ist seit vielen Jahren hier tätig. Unsere Hedwig bereits seit 47 Jahren. Das alles verbindet, das macht unser Traditionshaus aus.“ Immerhin steht das Haus jetzt seit 170 Jahren – das verpflichtet.
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Und Thomas Klein möchte auch noch in vielen Jahren sein eigener Chef hier sein. „In Paul Tekaat haben wir einen großartigen Vermieter, der uns in der Corona-Krise wunderbar unterstützt hat“, sagt Marlies Bergmann. Die Soforthilfe habe geholfen, das Stammpersonal zu bezahlen, und mit der Öffnung der Lokale in NRW geht es auch bei Hinnemann wieder aufwärts. Live-Musik aber werde es in diesem Jahr wohl nicht mehr geben, das ist den beiden zu gefährlich. Da kein Eintritt genommen wird, könne man die Zahl der Besucher nicht abschätzen.
Marlies Bergmann und Thomas Klein blicken optimistisch in die Zukunft. „Sicher, es ist nicht leicht, aber es gibt Bereiche, die sind schlimmer dran“, berichtet Thomas Klein. „Ich denke da an die Schausteller, an die Veranstaltungsunternehmen. Wir Gastronomen können arbeiten, empfangen Gäste, die gerne zu uns kommen. Ich kann daher das Gejammer einiger meiner Kollegen nicht mehr hören. Für die Pandemie kann niemand etwas. Aber jeder kann die Ärmel hochkrempeln und mit frischen Ideen für seine Gäste da sein.“
Dehoga-Chef im Kreis Wesel: Gast muss sich sicher fühlen
Ullrich Langhoff, Vorsitzender der Dehoga Nordrhein Kreis Wesel und selber Chef des Restaurants Lippeschlößchen in Wesel, weiß um die Problematik seiner Kollegen. Um 50 bis 70 Prozent seien die Einnahmen eingebrochen, die Umsetzungen der Hygiene- und Abstandsmaßnahmen bedeuteten einen nicht unerheblichen Mehraufwand und die Dokumentationspflicht ihrer Gäste sei eine weitere Belastung für die Gastronomen. Der bürokratische Aufwand nehme also immer mehr zu, so dass Kleinstbetriebe schnell an ihre Grenzen kämen. Auch von anstehenden Insolvenzen weiß der Vorsitzende des Gaststättenverbandes Kreis Wesel. „Allerdings stehen die Insolvenzen nicht unbedingt durch Corona an, die Unternehmen kränkelten schon vorher, die Pandemie hat ihnen jetzt nur noch den Rest gegeben“, sagt Langhoff.
„Wer keine Außengastronomie anbieten kann, hat derzeit schlechte Karten und im Winter wird sich die Situation verschärfen“, sagt er. Niemand könne bei den wieder steigenden Infektionszahlen die Situation richtig abschätzen: „Der Gastronom muss darauf achten, dass die Hygienegrundregeln eingehalten werden, der Gast muss eine Chance haben, sich sicher zu fühlen. Vertrauen muss erzeugt werden, denn immer noch kommen nur wenige Gäste zurück in die Restaurants, viele, vor allem Ältere haben Angst, die muss ihnen genommen werden. Das muss unser Ziel sein.“
Sicher, in seiner Branche gebe es auch einige schwarze Schafe, umso wichtiger sei es für jeden Gastwirt und Restaurantbesitzer, präventiv zu arbeiten, transparent zu sein und Vertrauen aufzubauen. Die Verfehlungen einiger Unredlicher falle leider auf die ganze Branche zurück, dem müsse jeder Gastwirt gegensteuern, sagt Langhoff, der damit die Aussagen von Thomas Klein vom Gasthof Hinnemann stützt.
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