Voerde/Kreis Wesel. Die CDU-Fraktion im Kreis und im VRR wirft der SPD vor, die Idee für sich zu beanspruchen. Dabei habe sie eher gebremst. Kritik auch am Landrat.

Der demonstrative Schulterschluss von SPD-Vertretern auf Kreisebene, aus Voerde und Wesel inklusive deren Bürgermeistern und des Landratskandidaten Dr. Peter Paic zur Reaktivierung der Walsumbahn und deren Aussagen dazu stoßen der CDU sauer auf: Die Fraktionsspitzen der Christdemokraten im Kreis Wesel und in der Verbandsversammlung des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) reklamieren für sich, die treibende Kraft für ein Fortkommen in dieser Sache gewesen zu sein: „Der VRR hat auf Initiative der CDU eine Machbarkeitsstudie auf den Weg gebracht, die klären soll, wie sich die Strecke von Oberhausen nach Walsum für den Personenverkehr reaktivieren ließe. Ergänzend wurde vereinbart, dass die Verkehrsplaner auch noch das unmittelbar anschließende Stück von Walsum nach Voerde unter die Lupe nehmen“, sagt Frank Heidenreich, Chef der CDU-Fraktion im VRR.

CDU sieht sich als Wegbereiter

Der SPD halten die Christdemokraten mit Hinweis auf die vergangenen Monate eine bremsende und gar verhindernde Haltung in der Frage einer möglichen Reaktivierung der alten Schienenstrecke für den Personennahverkehr vor. Und nun stelle sie sich an die „Spitze der Bewegung“, moniert Frank Berger. Die SPD könne „es offenbar nicht ertragen, dass die CDU schon Ende 2019 den Weg für einen gewaltigen Sprung nach vorn für die Verkehrssituation am Niederrhein bereitet hat“, kritisiert der Chef der CDU-Kreistagsfraktion und spielt auf den Antrag seiner Partei an, über den in der Sitzung des Kreistages im Dezember 2019 am Ende in zwei gesonderten Punkten votiert wurde.

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Ergebnis der Abstimmung im Kreistag

Der Passus, wonach die Kreisverwaltung mit den beteiligten Kommunen und dem VRR Gespräche über eine Machbarkeitsstudie führen möge, wurde in der besagten Sitzung einstimmig – nur die FDP/VWG-Fraktion enthielt sich – beschlossen. Als es dann in dem zweiten Punkt darum ging zu entscheiden, dass der für den Kreis anfallende Kostenanteil an der Studie bereit gestellt werden soll, versagten SPD und der sozialdemokratische Landrat Dr. Ansgar Müller ihr Ja. Der Beschluss ging mit den Stimmen der anderen Parteien im Kreistag – außer der FDP/VWG, die sich erneut enthielt – durch.

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Gerd Drüten, Chef der SPD-Kreistagsfraktion, erklärt das damalige Abstimmungsverhalten damit, dass die Finanzierung der Studie zu dem Zeitpunkt bereits zu 100 Prozent gesichert gewesen sei – mit dem VRR (50 Prozent) und den Städten Oberhausen und Duisburg als Kostenträger. Der Kreis habe sich da „nicht andienen“ müssen. Drüten wiederum hält der CDU vor, dass der Kreistagsbeschluss nicht zu dem „erheblichen Sparwillen“ der Jamaika-Koalition passe, der die Christdemokraten angehören.

Vorwürfe gegen Landrat

Deren Fraktionschef Frank Berger wirft dem Landrat vor, die klare Entscheidung des Kreistages „nur zögerlich und erkennbar widerwillig erst nach einer kritischen Presseanfrage“ umgesetzt zu haben. „Wir wären ein halbes Jahr weiter, wenn alle mitgezogen hätten“, erklärte Frank Heidenreich im Gespräch mit der NRZ.

Zur Erinnerung: Im Januar dieses Jahres, nur wenige Wochen nach der Entscheidung des Kreistages, wurde in Duisburg die Absicht, bei der Machbarkeitsstudie zu kooperieren, per Unterschrift besiegelt. Sieben Monate später erfolgte die Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung: Bei dem Termin gestern Nachmittag war wie auch im Januar der Landrat mit von der Partie.

Zur Kritik der CDU äußerte sich Müller gegenüber der NRZ nicht: Da ihm die Stellungnahme der CDU nicht schriftlich vorliege und er an dem Pressegespräch der SPD nicht teilgenommen habe, könne die Frage nicht beantwortet werden. Das Negativvotum im Kreistag habe sich auf die finanziellen Rahmenbedingungen der Machbarkeitsstudie bezogen, die zum Zeitpunkt der Sitzung nicht abschließend geklärt gewesen seien, sagt der Landrat.

CDU: SPD will das Projekt „auf den Sankt Nimmerleinstag“ verschieben

Die von den SPD-Vertretern vor knapp zwei Wochen bei dem Pressegespräch kommunizierte Forderung nach einer unbedingten Weiterführung der Walsumbahn nach Wesel bietet aus Sicht der CDU „nur auf den ersten Blick eine Chance für den Nahverkehr im Kreis“. Die Christdemokraten wähnen dahinter vielmehr, dass die SPD das Projekt „in Wirklichkeit auf den Sankt Nimmerleinstag“ verschieben wolle. Die Genossen griffen nun „offenbar ganz tief in die Trickkiste, um das parteipolitisch ungeliebte Projekt so lange wie möglich aufs Abstellgleis zu schieben“.

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Anders als auf dem Abschnitt zwischen Oberhausen und Voerde, wo immerhin noch Schienen lägen, hält die CDU die Fahrt von Personenzügen bis nach Wesel nicht für zeitnah umsetzbar. Auf dem Teilstück von Voerde bis Wesel rolle seit 75 Jahren kein Zug mehr. Die Gleise seien abgebaut, die Brücke über den Wesel-Datteln-Kanal wurde im Krieg gesprengt. „Hier müsste ein umfangreiches und kompliziertes Planfeststellungsverfahren abgewickelt werden mit vielen Möglichkeiten zum Widerspruch und zu Klagen“, erläutert Frank Heidenreich. Bis zu einem Ergebnis könnten Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte vergehen.

>>Info: Sie tragen die Kosten

Nach Angaben von Voerdes Bürgermeister Dirk Haarmann (SPD) liegen die Kosten für Phase 1 der Machbarkeitsstudie, in der es darum gehe, ob eine Reaktivierung der Walsumbahn überhaupt Sinn mache, bei rund 100.000 Euro. 50 Prozent davon übernehme der VRR und jeweils 16.000 Euro trügen die Kommunen Duisburg und Oberhausen. Die restliche Summe schultern zu je einem Viertel der Kreis sowie die Städte Voerde, Wesel und Dinslaken.