Voerde. ÖPNV, Kraftwerksareal und Digitalisierung: Die Wählergemeinschaft will auch künftig eine rationale und für Voerde gute Politik machen.
Der ÖPNV war für die Wählergemeinschaft (WGV) in der bald endenden Wahlperiode eines der zentralen Themen. Als die Niag vor einigen Jahren ihre Änderungsvorschläge zum Busangebot in Voerde vorlegte und die Stadtverwaltung dem Rat vorschlug, diese zur Kenntnis zu nehmen, machte die WGV dagegen mobil und schaffte es, bei einer Mehrheit im Kommunalparlament ein Umdenken zu erreichen – mit dem Ergebnis, dass am Ende die von dem Nahverkehrsanbieter geplante Ausdünnung des Angebotes nicht in der Form griff, wie zunächst vorgesehen. Den öffentlichen Personennahverkehr möchte die WGV auch künftig als ein Schwerpunktthema behandeln.
ÖPNV: „Form der Daseinsvorsorge“
Und so macht sie es auch im aktuellen Wahlkampf zu einer ihrer Stichmarken. „Der Takt muss attraktiver werden“, erklärt der WGV-Spitzenkandidat und amtierende Fraktionsvorsitzende, Christian Garden, der sodann auf die mit der Forderung einher gehende Hürde verweist: „Und dann reden wir wieder über Kosten.“ Seiner Meinung nach jedoch müsse man letztlich akzeptieren, dass der ÖPNV „unterfinanziert ist“. Schließlich handele es sich dabei um eine „Form der Daseinsvorsorge“.
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Nicht teilen kann die WGV die Euphorie politischer Mitbewerber zu einer möglichen Reaktivierung der Walsumbahn. Garden findet es schwierig, noch ein neues Vorhaben anzugehen, das wieder Investitionen erforderlich mache, „wenn eine Unterdeckung bestehender Systeme“ bestehe. Auch verweist er mit Blick auf den Betuwe-Ausbau auf die im Vergleich zu den Niederlanden „schlechteren Standards“ beim Lärm-, Erschütterungs- und Brandschutz oder beim Wegfall der Bahnübergänge. Und nun werde über eine neue Trasse diskutiert, für die es aus Sicht der WGV an Infrastruktur – ein Punkt sind die Haltestellen – mangelt. Die Befürworter seien offenbar von einem „Nostalgiegedanken“ geleitet.
Schnelles Internet fehlt
Die WGV sieht die Sache nach eigenem Bekunden „etwas nüchterner“ und sagt von sich, eine „rationale und für Voerde gute Politik“ zu machen. Sie will, so kündigt sie an, auch in Zukunft „Klartext“ reden – ein Schlagwort, das sich auf ihren Werbeplakaten wiederfinden wird: In Zeiten, in denen soziale Medien eine große Rolle spielen, ist als Markierung davor ein Hashtag gesetzt. Apropos virtuelle Welt – die Digitalisierung ist auch der WGV ein zentrales Anliegen.
Beim Thema fehlendes schnelles Internet auf dem Land kann der in Ork wohnende WGV-Vorsitzende Jürgen Fink als Familienvater aus eigener Erfahrung sein Leid klagen: Mit „Homeschooling“ (dem digitalen Lernen von zu Hause aus) brauche man „bei einer 6000-er-Leitung“ nicht viel zu versuchen. Die gemeinsame Initiative von Hünxe, Hamminkeln und Schermbeck zum Breitbandausbau in Außenbereichen hätte sich Garden auch für Voerde gewünscht.
Straßenbaubeiträge abschaffen
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Für die WGV gilt, wie sie erklärt, der Vorrang der „gleichen Lebensverhältnisse“. Dieses Primat will sie nicht nur innerhalb von Voerde, wo es einen „Bruch zwischen extrem ländlich“ und viel mehr städtisch geprägten Bereichen gebe, realisiert sehen. Stichwort: Straßenausbaubeiträge. Die wurden in anderen Bundesländern abgeschafft – nicht so in NRW. Dort müssen die Grundstückseigentümer nach der neuen Regelung die Hälfte des bisher fälligen Betrages zahlen. „Wir wollen, dass das ganz abgeschafft wird“, erklärt Ulrike Kalwa, die bei der WGV auf Platz 3 der Reserveliste steht.
Auch die Wählergemeinschaft gehörte in Voerde zu den politischen Kräften, die den Bund der Steuerzahler NRW bei dessen Volksinitiative zur Streichung der Straßenbaubeiträge durch das Sammeln von Unterschriften unterstützt hatte. „Wir bleiben bei unserer Forderung, dass das Land die Kosten zu hundert Prozent übernimmt“, betont Christian Garden. Am Ende hätten alle mehr Geld zur Verfügung, denn die Straßenbaubeiträge zahlen am Ende auch die Mieter, wenn diese von den Hauseigentümern umgelegt werden.
Kombibad: „Pläne baden gegangen?“
Beim Thema neues Schwimmbad stellt die WGV auf ihren Wahlplakaten die provokante Frage, ob die „Pläne baden“ gegangen seien. Seit der vom Stadtrat im Dezember vergangenen Jahres nach viel politischem Gezänk einstimmig getroffenen Entscheidung, ein Kombibad in der „bedarfsoptimierten Variante“ zu planen, sei es um das Vorhaben ruhig geworden, stellt die Wählergemeinschaft fest. Auch zeigt sie sich verwundert über den aktuellen Vorstoß der CDU, noch einmal, wenn nötig, in das Freibad zu investieren.
Hier gibt es mehr Artikel aus Dinslaken, Hünxe und VoerdeDie Argumentation, dass in Zeiten der Pandemie aufgrund anderer erforderlicher Hilfen keine Förderprogramme für den Bau von Bädern zu erwarten seien, lässt Christian Garden nicht gelten. Mit diesem Hinweis könne man vieles in Frage stellen. Die WGV habe sich die Entscheidung für ein neues Schwimmbad wegen der schwierigen Finanzierung nicht leicht gemacht, doch weil dies der Wunsch vieler sei, habe auch sie für diesen Weg gestimmt. Man stehe bei den Akteuren im Wort. Die CDU wähnt Garden, eine Rolle rückwärts beim Kombibad zu machen. Das Entscheidende für die WGV bei dem Vorhaben ist es, ein verlässliches Betreibermodell zu haben. Dies liege noch nicht vor.
Das ausgediente Kraftwerksgelände in Möllen
In der Frage der Nachnutzung des ausgedienten Kraftwerksgeländes in Möllen stellt sich die WGV eine Mischung aus Wohnung und wenig Gewerbe mit geringen Emissionen vor. Das Areal sei zu attraktiv, es nur als reine Gewerbe- oder gar Industriefläche zu nutzen.
Ein Teil der Fläche könnte aus Sicht der WGV als Hochschulstandort in Form einer Dependance fungieren. Auch hält sie das Gelände für die Ansiedlung von Unternehmen geeignet, die im medizinisch-technischen Bereich tätig seien. Das alles „würde Voerde als Wirtschaftsstandort weiter bringen“, sagt Christian Garden.
Nachholbedarf sieht die WGV bei der Radinfrastruktur: Die Stadt habe zu wenig Geld in Ausbau und in Instandhaltung der Radwege gesteckt. Es sei versäumt worden, sich über Standards zu unterhalten, „um den Radverkehr sicherer zu machen“.