Voerde. Die SPD möchte eine Anlaufstelle, die ältere Menschen in schwierigen Lebenslagen unterstützt. Impulse holte sie sich bei einem Fachgespräch.

Schon heute ist fast ein Viertel der Bevölkerung in Voerde älter als 65 Jahre – Tendenz steigend. Mit dieser Entwicklung steht die Stadt nicht alleine, sie trifft andere Kommunen gleichermaßen. In den kommenden Jahren wird der Anteil der Menschen, die 65 Jahre und älter sind, auf mehr als 30 Prozent anwachsen, prognostiziert Horst Vöge, Vorsitzender des Sozialverbandes VdK NRW. Bürgermeister Dirk Haarmann verweist auf wachsende Herausforderungen, die damit einher gehen und denen sich die Stadt, die Gesellschaft stellen müssten.

Um die Belange und Problemlagen Älterer in den Blick zu rücken, möchte die SPD in Voerde einen Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) installieren – eine Anlaufstelle, über die Senioren professionell beraten, unterstützt und begleitet werden. „Wir wollen, dass Menschen in schwierigen Lebenssituation wahrgenommen werden“, hinzu komme das Thema derer, die einfach eine Beschäftigung brauchten, erklärte SPD-Chef Stefan Weltgen.

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Impulse und Ideen zu dieser Aufgabenstellung holten sich die Sozialdemokraten am Dienstagnachmittag bei einem fast zweistündigen Gespräch mit Fachleuten im Café im Hildegard-von-Bingen-Haus des Caritasverbandes. Mit am Tisch: der Hausherr, Caritasdirektor Michael van Meerbeck, und Horst Vöge vom VdK, der in Voerde etwa 1000 Mitglieder zählt.

Bei den künftigen Rentnern werde ein steigender Teil von Grundsicherung abhängig sein, erläuterte Dirk Haarmann. Er sprach von einer hohen Dunkelziffer an Menschen, die Anspruch auf diese Leistung haben. Die Grundsicherung sei ein „Altersphänomen“ – und im Schwerpunkt weiblich. Nach Angaben von Horst Vöge beziehen in Voerde 400 Menschen ab 65 Jahren diese Leistung, vor zehn Jahren seien es noch 300 gewesen. In ganz Nordrhein-Westfalen gab es laut IT.NRW (Stand 31. Dezember 2018) insgesamt knapp 157.480 Bezieher – 94.710 davon Frauen.

Immer mehr alleinstehende Rentner

Angesichts der steigenden Zahl an Alleinerziehenden und Alleinstehenden werde es immer mehr Ältere geben, die alleinstehend sind. Durch den Abbau von Infrastruktur im ländlichen Raum – hier nannte er die Reduzierung des ÖPNV-Angebots – werde das Problem der wenigen sozialen und familiären Kontakte noch potenziert. Kommt eine Krankheit dazu, verstärke diese die Vereinsamung. Dieses Thema falle insgesamt insbesondere in den Großstädten auf, jedoch auch in den mittleren und kleineren Kommunen, sagte Horst Vöge.

Ziel müsse es sein, nicht nachzulassen, sich „auch um die Menschen zu kümmern, die diese Stadt mitaufgebaut haben“, betonte Dirk Haarmann. Der Gedanke eines Allgemeinen Sozialen Dienstes für ältere Menschen in Voerde im Sinne eines „Kümmerers“, der, erläuterte SPD-Partei-Chef Weltgen, in hauptamtlicher Funktion Ansprechpartner für Angehörige oder Nachbarn sein sowie Hilfestellungen geben oder vermitteln soll, stieß bei den Fachleuten auf ein positives Echo.

Diskussion über Mehrgenerationenwohnen

Dessen Aufgabe müsse es sein, in die Stadtteile zu den Menschen zu gehen, Hilfe zur Selbsthilfe zu organisieren und zu erhalten, sagte Caritasdirektor van Meerbeck. Im Laufe des Fachgespräches kam auch die Frage auf, ob das Mehrgenerationenwohnen Ältere und Jüngere zueinander führen könnte, um etwa Vereinsamung von Senioren zu vermeiden. Horst Vöge glaubt nicht, dass daraus ein Massenangebot werden wird. Vielmehr sprach er von einer „Illusion der Mehrgenerationen“. Die Menschen lebten immer individueller, sie würden sich eher für kleinere Wohnungen entscheiden, als mit anderen zusammenzuziehen. Eine Einschätzung, die Caritasdirektor van Meerbeck bestätigte: „Wir müssen akzeptieren, dass wir so wohnen, wie wir wohnen.“ Vielmehr gelte es, in den Sozialräumen Menschen, die unterschiedlicher Generationen angehören, zusammenführen.

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Die ehrenamtliche Begleitung alter Menschen muss nach Meinung von Dirk Haarmann „auf den Schultern der Fachleute“ getragen werden: „Das braucht eine professionelle Begleitung“, erklärt er mit Verweis auf die Gefahr, freiwillige Helfer zu überfordern. Für inhaltlich wichtiger, als einen Ehrenamtstag auszurichten, hält er es, für ehrenamtlich Tätige im Rathaus eine Anlaufstelle zu schaffen.

Jenseits dessen, dass es sich dabei haushaltsrechtlich um eine freiwillige Leistung handelt, gilt es seiner Ansicht nach, Wege zu finden, wie der Kümmerer finanziert werden kann. SPD-Chef Weltgen kündigte am Ende des Fachgespräches jedenfalls an, dass seine Partei im Stadtrat um einen Konsens für ihre Idee ringen wolle.