Voerde. Die CDU wollte die Realisierungschancen der in Voerde favorisierten Nutzungen auf dem Kraftwerksareal prüfen lassen und scheiterte damit im Rat.

Zwölf Anträge der Fraktionen standen auf der insgesamt 41 Punkte umfassenden Tagesordnung des öffentlichen Teils der Stadtratssitzung am Dienstagabend – und an einigen entzündeten sich Debatten, die in persönlichen Angriffen gegen den politischen Mitbewerber gipfelten. Als das Ansinnen der CDU zur Entwicklung des ehemaligen Kraftwerksareals in Möllen an der Reihe war, hatten sich insbesondere deren Fraktionschef Ingo Hülser und sein Amtskollege von den Grünen, Stefan Meiners, bereits giftige Wortgefechte in der Diskussion um andere Anliegen ihrer Parteien geliefert.

Auslöser waren zwei Punkte

Auslöser für ihren Antrag zur Folgenutzung der Industriefläche sind für die CDU zwei Punkte: Zum einen verweist sie auf die Entwicklung des an eine Gütersloher Unternehmen-Gruppe verkauften Steag-Geländes in Lünen, das der neue Eigentümer zu einem Logistikstandort entwickeln und vermarkten wolle, so die CDU. Dabei beruft sie sich auf Presseberichte und Aussagen während eines Treffens mit CDU-Vertretern in Lünen. „Wir haben die Sorge, dass Voerde vor die gleiche Situation gestellt werden könnte. Dass hier Ähnliches passiert, kann keiner ausschließen“, sagte Hülser.

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Der zweite Punkt, den seine Fraktion umtreibt, sind die mit der Ausweisung des Kraftwerksgeländes als „regionaler Kooperationsstandort“ verbundenen Kriterien. Hülser konstatierte, aus Richtung Ruhrparlament, das für diese Art der Nutzung für insgesamt 24 Standorte – darunter Voerde – unlängst den Weg ebnete, keine Absicht vernommen zu haben, die Beschreibung zu ändern. Regionale Kooperationsflächen seien demnach in erster Linie für die Ansiedlung von großflächigen Industrie- und Gewerbebetrieben vorgesehen, die auch emittierend sein könnten. Die CDU fragt sich, wie dies zu dem in Voerde bevorzugten Nutzungsmix aus Energie, Gewerbe und vor allem Wohnen passt. Sie wollte mit ihrem Antrag erreichen, dass die Verwaltung dessen Realisierungschancen überprüft – wie auch die Frage, welche Art von emittierenden Betrieben in welcher Entfernung zum derzeitigen Siedlungsbereich Möllen und zur geplanten Wohnbebauung auf dem Kraftwerksgelände „überhaupt zulässig ist“.

Großes Unverständnis beim politischen Mitbewerber

Beim politischen Mitbewerber erntete sie für ihren Vorstoß großes Unverständnis: Grünen-Fraktionschef Stefan Meiners stellte fest, dass der Antrag überflüssig sei. Das werde von der Verwaltung seit Wochen und Monaten just so diskutiert. Sein SPD-Kollege Uwe Goemann betonte, sichtlich ungehalten, dass Lünen für Voerde überhaupt kein Maßstab sei, dass die für das hiesige Kraftwerksareal formulierten Zielsetzungen „an keiner Ecke“ verlassen würden. Auch merkte er an, dass die Steag – neben RWE Eigentümerin der Fläche – die Stadt aufgefordert habe zu sagen, was sie sich dort vorstellen könne, und dass der Grundstückspreis steige, wenn dort Kleingewerbe und Wohnen hinkämen. Goemann appellierte, weiter gemeinsam am Konsens zum Kraftwerksgelände zu arbeiten und daraus kein „Wahlkampfthema“ zu machen.

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Bürgermeister Dirk Haarmann, der betonte, dass Stadt, Steag und RWE in der Sache bislang vertrauensvoll unterwegs seien, erinnerte an den Grund für die Entscheidung, die Fläche als regionalen Kooperationsstandort anzumelden. Die Entwicklung des 60 Hektar großen Grundstücks ist möglich, ohne dass dies auf den kommunalen Flächenbedarf angerechnet wird. Er sprach die im Zuge der in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie vorgelegten Varianten an, wonach Schwerindustrie sowie emittierendes Gewerbe ausgeschlossen seien und auch Logistik kein Thema sei. Ein ganz wichtiger Aspekt seien Wohnen, auch temporäres (Hotel), und Gastronomie. Es sei klar gewesen, dass diese Nutzungen in Konflikt mit der Beschreibung der Kooperationsflächen stehen.

Bürgermeister: Stadt wird Anliegen mit aller Vehemenz vorbringen

Im Laufe der sich an die Entscheidung des Ruhrparlamentes anschließenden Offenlage und Beteiligung der Öffentlichkeit werde die Stadt „selbstverständlich alle Belange einfließen lassen“ und erneut dafür werben. Botschaft bei einem Besuch beim RVR sei ausdrücklich gewesen, dass sich die Stadt in den Prozess einbringen solle. Auch verwies Haarmann auf ein Gespräch morgen im NRW-Bauministerium, das coronabedingt nicht eher habe stattfinden können. „Wir haben in alle Richtungen gestreut, dass die Kriterien für Kooperationsflächen nicht passen“, sagte er und versicherte, dass die Stadt die Dinge in aller Vehemenz vorbringen werde. Zudem seien die Ausprägungsmöglichkeiten der Kooperationsfläche in Möllen wegen der unmittelbaren Angrenzung an eine Wohnbebauung, die heute anders geschützt werden müsse, nicht mit anderen Standorten vergleichbar.

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CDU-Fraktionsvorsitzender Hülser mahnte, dass die Steag in Lünen auch gesagt habe, kooperativ vorzugehen. Und: „Ich weiß nicht, woher die Hoffnung kommt, dass die Kriterien angepasst werden.“ WGV-Fraktionschef Christian Garden hält es für wichtig, das Augenmerk auf die Problematik zu legen, warnte aber vor „Alarmismus“ und davor, „kalte Füße zu kriegen. Er plädierte dafür, an der Stelle gemeinsam zu agieren.

Am Ende wurde der CDU-Antrag mit den Stimmen von SPD und Grünen abgelehnt. Wie die WGV enthielt sich auch Bürgermeister Haarmann. Schließlich könne er nicht einen Antrag ablehnen, an dem die Verwaltung bereits arbeite.