Voerde. In Zeiten von Corona suchen Parteien andere Wege der Kontaktaufnahme mit den Bürgern. Die SPD in Voerde will vor der Haustür ins Gespräch kommen.
Noch drei Monate sind es bis zum Kommunalwahltermin und die Möglichkeiten, mit der Bevölkerung auf dem traditionellen Weg in Kontakt zu treten, waren für die Parteien und Wählergruppen im zweiten Quartal 2020 in Folge der Corona-Krise nicht gegeben: Gespräche auf dem Wochenmarkt um Ostern oder um Muttertag – Fehlanzeige. Die SPD wollte über die klassischen Formen hinaus in einen weiteren direkten Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern treten und über die Themen für die nächste Wahlperiode debattieren. Bereits im Herbst hatte es, berichtet Stefan Weltgen, eine diesbezügliche Befragung der Mitglieder gegeben und in kleinen Arbeitsgruppen seien daraus politische Forderungen filtriert worden. Und diese hätten die Sozialdemokraten gern in Form von Bürgerkonferenzen mit der Bevölkerung diskutiert. „Das ist aber im Moment so nicht möglich“, sagt der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Stadt Voerde.
Also versuchen die Sozialdemokraten es in diesem Kommunalwahljahr mit einem anderen Format: „Wir gehen auf die Bürger zu und besuchen sie zu Hause“, kündigt Weltgen an. Alle 21 Ratskandidaten werden sich gemeinsam mit ihrem Bürgermeisterkandidaten, dem amtierenden Verwaltungschef Dirk Haarmann, aufs Fahrrad setzen und in den jeweiligen Wahlkreis fahren. Haarmann wird sich dabei eines besonderen Drahtesels bedienen. Dieser verfügt über einen Korb, der neben Give-aways und Marschverpflegung insbesondere auch Platz für eine Kiste bietet, in die während der Tour Zettel mit Anregungen und Ideen eingeworfen werden können. Weltgen erhofft sich durch diese Wahlkreisradtouren eine Form von Bürgerbeteiligung, die es ermöglicht, „nah dran zu sein“. Eine solche Begegnung sei unter Einhaltung der Abstandsregeln möglich, erklärt Weltgen. Der Kontakt von Angesicht zu Angesicht sei wichtig.
Starten soll die Aktion ab Mitte Juli. Wer mit den SPD-Kandidaten aus seinem Wahlkreis und deren Bürgermeisterkandidaten draußen vor der Haustür ins Gespräch kommen möchte, soll die Möglichkeit haben, sich über ein dann auf der Webseite der SPD eingestelltes Formular anzumelden und die Themen, um die es gehen soll, anzugeben.
SPD Voerde schlägt Einrichtung eines Bildungsfonds’ vor
Ein für die SPD wichtiges Thema ist das der „Schule und Digitalisierung“. Der Punkt sei noch lange nicht erreicht, an dem alle Kinder und Jugendlichen mit Homeschooling, wie es viele Wochen lang aufgrund der Pandemie praktiziert werden musste, gut umgehen könnten. Dies liege daran, dass die Rahmenbedingungen nicht gegeben seien. Die Sozialdemokraten verweisen auf die unterschiedliche Ausstattung der Schüler zu Hause mit dem erforderlichen technischen Gerät. Zudem würden sie sich in Sachen Digitalisierung wünschen, dass das Land eine koordinierte Ausstattung der Schulen voranbringen würde, indem es entsprechende Standards formuliert, umsetzt und finanziert, wie Weltgen erläutert.
Auch interessant
Die Voerder Sozialdemokraten wollen einen Bildungsfonds beantragen. Speisen soll sich dieser Topf möglichst aus Spenden, den ersten Betrag von fast 1150 Euro hat die SPD während der Open-Air-Theatervorstellung Mitte Mai gesammelt. Im Auge haben sie Kinder, die bereits vor der Corona-Krise im Bildungsbereich benachteiligt waren und aktuell noch stärker unter den Einschränkungen des schulischen Angebots leiden als andere.
Fraktionschef Goemann: Es geht um Hilfe dort, wo sie am notwendigsten ist
Häufig verfügten die Haushalte nicht einmal über geeignete Endgeräte für den digitalen Unterricht. Der von ihnen geforderte Bildungsfonds eröffnet nach Ansicht der SPD die Möglichkeit, unbürokratisch, praxisnah und schnell helfen zu können, wenn andere Zugänge wie etwa Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket keinen Weg der digitalen Teilhabe böten. „Es geht um aktive Hilfe vor Ort, dort, wo es am notwendigsten ist“, erklärt SPD-Fraktionschef Uwe Goemann.
Auch interessant
Die Situation der älteren Menschen ist ein „anderes Riesenthema“ für die Voerder SPD, wie deren Vorsitzender Weltgen betont. Sie möchte einen allgemeinen sozialen Dienst (ASD) eingerichtet sehen, der sich um die Belange dieser Altersgruppe kümmert. Weltgen berichtet von Rückmeldungen aus dem Fachbereich Ordnung über Fälle von Verwahrlosung und schwierigste soziale Verhältnisse. Und: „Wir leben in einer Gesellschaft, in der ältere Menschen immer mehr vereinsamen.“
Wunsch nach einem allgemeinen sozialen Dienst für ältere Menschen
Daher sei es wichtig, einen Ansprechpartner zu haben, der auf Hilfsangebote hinweisen und sich bei deren Vermittlung einbringen könne. „Ein alter Mensch braucht in dieser Gesellschaft ein Sicherheitssystem – nicht nur die Rente“, betont Weltgen.
Am liebsten wäre der SPD, dass ein Wohlfahrtsverband diese Aufgabe aufgrund ihrer Sachkunde übernimmt. Würde die Stadt dies tun, stelle sich die Frage der Finanzierung und des dafür bereit zu stellenden Personals, gibt Uwe Goemann zu bedenken.