Dinslaken. Dinslakens Bürgermeister Heidinger kümmert sich nun persönlich um Verbleib und Rettung des Glockenspiels, das vom Stammen-Haus entfernt wurde.

Das verschwundene Glockenspiel wird zur Chefsache. Bürgermeister Dr. Michael Heidinger versucht derzeit persönlich, den neuen Besitzer zu erreichen, um mehr über den Verbleib zu erfahren und das Glockenspiel „falls nötig zu retten“, so Stadtsprecher Marcel Sturm auf Anfrage der NRZ.

Fassadensanierung sei „bauordnungsrechtlich genehmigungsfrei“

Die Fassade und das Glockenspiel des alten Stammen-Hauses stehen nicht unter Denkmalschutz, so Sturm. Auch handele es sich bei diesem Gebäude um Privatbesitz, das sei zur Einordnung der Sachlage wichtig. Auch will die Stadt prüfen, ob bei der Umgestaltung der Fassade gegen die geltende Gestaltungssatzung verstoßen wurde. Die Fassadensanierung sei an sich bauordnungsrechtlich genehmigungsfrei, daher habe es kein Bauantragsverfahren gegeben, so der Sprecher.

Dieser Zettel hängt am ehealigen Stammen-Haus  
Dieser Zettel hängt am ehealigen Stammen-Haus   © nrz | aha

Darum gibt es eine Gestaltungssatzung

Die Gestaltungssatzung gibt es seit Dezember 2014. Sie gilt für die Alt- und Innenstadt. Denn: Die städtebauliche Struktur der Altstadt und der Neustraße entspreche bis heute weitgehend dem Urkataster von 1837. Vergleicht man Bilder von damals mit der heutigen Neustraße, ist dies noch deutlich zu sehen. Allerdings wurde gerade dieser Teil der Stadt bekanntlich am 23. März 1945 zu einem großen Teil zerstört. Nur wenige Häuser überstanden den damaligen Bombenhagel. Dennoch gibt es noch zahlreiche Beispiele der historischen Bebauung. Um diese und damit das Gesamtbild von Altstadt und Neustraße zu schützen, wurde 2014 die Gestaltungssatzung verabschiedet.

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Zu jener Zeit führten Veränderungen der Fassaden durch unsensible Geschäftseinbauten, die Fassadengestaltung störende Modernisierungen und Sanierungen sowie die Haupteinkaufsstraße überfrachtende Werbung zu Beeinträchtigungen des Erscheinungsbildes, stellte die Verwaltung damals fest.

Das sagt die Gestaltungssatzung

So heißt es in Bezug auf die Fassadengestaltung beispielsweise: „Bei baulichen Veränderungen, Umbauten und Erweiterungen sind die Stellung und die Bauweise der Baukörper zu erhalten.“ Und weiter geht es in Paragraph 5 der Gestaltungssatzung: „Bei Umbau- und Erneuerungsmaßnahmen müssen die charakteristischen Fassadenelemente wie Erker, Sockelzonen oder Gesimse sowie Schmuckelemente wie Umrahmungen erhalten bleiben oder bei Entfernung durch gleichwertige Gestaltungselemente ersetzt werden.“ Zu den Fenstern wird festgelegt: „Bei bestehenden Gebäuden müssen sich Lage und Formate von Wandöffnungen beziehungsweise Fenstern nach der Fassadengliederung des Bautyps und der Entstehungszeit des Gebäudes richten.“ Diese und andere Vorschriften gelten vor allem für historische Gebäude bis 1945.

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Auch Bestimmungen zu den Werbeflächen, den Warenauslagen und vor allem dem Außenmobiliar für die Gastronomie gibt die Gestaltungssatzung vor und sorgte damit in der Vergangenheit für einigen Unmut bei Geschäftsleuten und Gastronomen. Das Außenmobiliar müsse hochwertig und je Betrieb einheitlich gestaltet sei. Schirme dürften keinen Aufdruck enthalten. So wurden nach Erscheinen der Satzung die alten Schultische und die Holzbänke vor der damaligen Kostbar angemahnt, das Geschäft La Chambre Belle kann bis heute seine Werbetafel nicht aufhängen, weil die Buchstaben ineinander übergehen.

Das ist das mögliche Bußgeld bei Verstößen

Wer gegen die Gestaltungssatzung verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und diese kann – wie zuletzt von der CDU gefordert – mit bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Allerdings ist der Absatz des Paragraphen 5, der die Gestaltungselemente einer Fassade betrifft, nicht enthalten.

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Hintergrund: Das hat das Glockenspiel gespielt

Das Glockenspiel hat viele Jahre jeweils viermal zur vollen Stunde und zwölfmal um 12 Uhr geklingelt. Anschließend erklang die Melodie von „Am Brunnen vor dem Tore.“ Auch gab es ein auf die Jahreszeiten abgestimmtes Liedprogramm.

Die Lebenshilfe hat das Stammen-Haus an der Neustraße im vergangenen Jahr verkauft. Der neue Eigentümer hat beim Kauf des Hauses Wert auf Anonymität gelegt. Es handelt sich um den Besitzer eines Restaurants im Ruhrgebiet – das in einem sehr schön restaurierten historischen Gebäude beheimatet ist. Auf NRZ-Anfrage war er nicht erreichbar.

Wer das Glockenspiel noch einmal hören möchte, hat auf Youtube die Gelegenheit dazu. Lothar Herbst hat es für die Seite „Dinslaken meine Stadt“ vor Jahren im Video aufgenommen: zu sehen und zu hören auf https://youtu.be/sc1ibF-c8nc .