Dinslaken. Daniela Köster und Maarten Koomen arbeiten am St. Vinzenz-Hospital. Sie schildern auch, welche Auswirkungen die Situation auf ihr Leben hat.
So hatte sich Daniela Köster ihre Osterzeit nicht vorgestellt. Eigentlich hatte die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern (9 und 10 Jahre) vorgehabt, für ein paar Tage nach Aurich zu fahren. Daraus wird jetzt nichts. Dank eines kleinen Gartens werden die Ostereier wohl dort versteckt. „Dabei habe ich vergessen, rechtzeitig Eierfarbe zu besorgen und werde jetzt mal ausprobieren, ob die alten Hausmittel, Zwiebeln, Spinat & Co. helfen.“
Doch Carla und Alexa haben die Mutter getröstet: „Keinen Stress, wir suchen auch weiße Ostereier.“ Ihr Geschenk haben die Kinder schon – Inliner, die hatte die Mutter, ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit, bereits vor Wochen besorgt. „Die halfen jetzt über die schulfreie Zeit“, sagt Daniela Köster.
Gegen den Rat vieler Virologen ist sie auch auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen, die auf die Enkelkinder aufpassen. Als Krankenschwester und Leiterin der Isolierstation ist sie derzeit im St. Vinzenz-Hospital unabkömmlich. Ihr Dienst beginnt oftmals um 5.30 Uhr, zu früh für eine Betreuung in der Schule. Ihr Osterurlaub, der Karfreitag beginnen sollte, ist zwar noch nicht gestrichen, „doch sollte die Welle auf uns zukommen, gibt’s keinen Urlaub“, sagt sie.
Die Angst ist präsent
Aufgeteilt ist die Isolierstation auf Station 1, die Geriatrie ist verlegt, in einen orangenen und einen roten Bereich – für Verdachtsfälle steht der Orange-Bereich, für mit Covid-19 infizierte Patienten die rote Abteilung. Derzeit sei die Lage noch recht entspannt. „Ich hoffe, dass bleibt auch so.“ Ihr und ihren Kollegen seien die Bilder aus dem Elsass, aus Norditalien immer präsent.
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Und die Angst geht natürlich auch bei ihnen um. „Es herrscht eine Art Alarmbereitschaft. Hin und wieder muss alles sehr schnell gehen, ist Hektik angesagt und Patienten werden aus dem Isolierbereich auf die Intensivstation verlegt, dann wieder kehrt gespenstische Ruhe ein, Tage, an denen nichts passiert“, berichtet sie.
Ein normaler Arbeitsablauf ist während der Corona-Krise nicht gegeben. „Meine Eltern stehen bereit, um jederzeit für die Enkelkinder da zu sein. Glücklicherweise sind sie fit, haben ein stabiles Immunsystem und waren in den letzten Wochen auch nicht unterwegs.“ Sie sei froh, arbeiten zu können, so ohne soziale Kontakte könnte sie sich ihr Leben nicht wirklich vorstellen.
Noch ausreichend Schutzkleidung vorhanden
Auch im Krankenhaus habe die Angst ein wenig Einzug gehalten. „Was ist, wenn ich mich anstecke? Was ist, wenn ich Patienten anstecke? Wenn ich ausfalle?“, diese Sorgen treiben Daniela Köster und ihre Kollegen um. „Wir haben einige alleinerziehende Mütter und Väter auf der Station, die machen sich doppelt Sorgen.“ Während des Dienstes versuche jeder, den Abstand von zwei Metern einzuhalten, auch in der Frühstücksrunde. Schutzkleidung sei noch ausreichend vorhanden, über die Hygieneanwendungen, die über das Übliche hinausgingen, seien sie bestens informiert. „Wir fühlen uns mitgenommen von der Krankenhausverwaltung“, sagt sie.
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Über die Zustimmung, die sie als Pflegekräfte jetzt erhalten, freut sie sich auf der einen Seite, aber: „Es braucht niemand zu klatschen, ich mache einfach meinen Job, der vielleicht in Zukunft besser gestellt und auch nachhaltig anerkannt werden sollte.“ Beim Tanken sei sie schon gefragt worden, ob man ihr einen „Heldenkaffee“ einschenken dürfe. „Verrückt, ich bin kein Held. Ich habe meinen Beruf gewählt, weil er mir Spaß macht, weil ich anderen Menschen helfen will.“
Die Umarmung der Mutter fehlt
Die Osterfeiertage, sollte sie kein Urlaubsverbot bekommen, verbringt sie mit dem Handy in der Hand: um erreichbar fürs Krankenhaus zu sein und um die sozialen Kontakte aufrecht zu halten. „Ich habe es ohnehin nicht so mit Küsschen hier und Küsschen dort, aber jetzt merke ich plötzlich, wie sehr mir eine Umarmung meiner Mutter fehlt. Vielleicht erkennen wir jetzt endlich, wie wichtig andere Menschen für uns sind. Das sollten wir vielleicht über die Krise hinweg retten.“
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Ihr Kollege Maarten Koomen arbeitet als Pflegeleiter auf der Intensivstation. Auch dort ist die Situation aktuell sehr angespannt. „Wir warten auf das, was immer auch kommen mag.“ Das Unbekannte sei das Schlimme an dieser Situation. „Viel zu arbeiten, schnell zu reagieren, um Leben zu retten, das sind wir gewohnt. Aber die jetzige Situation übersteigt alles bis dahin Bekannte“, erzählt er. Eine solch außergewöhnliche Situation hätten er und seine Kollegen nie erlebt.
Seine Isolierstation ist ebenfalls zweigeteilt. Auf der einen Station lägen die „normalen“ Patienten, auf der anderen seien die Patienten isoliert, würden, wenn erforderlich, beatmet. „Es werden ja immer noch Operationen, vor allem im Notfallbereich durchgeführt“, so Koomen. Schließlich würden Herzinfarkte, Unfälle und andere Erkrankungen jetzt nicht einfach aufhören.
Freude über Unterstützung aus der Bevölkerung
Im Team versuche man gerade, die hohe Motivation aufrecht zu erhalten. „Wir freuen uns dabei über die Unterstützung aus der Bevölkerung“, sagt er. „Der Zuspruch ist überragend, auch in den sozialen Medien, das hilft uns, die Anspannung besser zu ertragen.“ Ostern spielt für ihn keine Rolle. „Über Ostern hätte ich ohnehin im Drei-Schichten-System arbeiten müssen. Es ändert sich also nichts am ursprünglichen Plan, nur dass ich jetzt länger arbeite“, erklärt Koomen.
Da auch seine Verlobte arbeiten muss, im häuslichen Pflegedienst, hoffe man, wenigstens abends entspannen zu können, wenn auch ohne den erhofften Grillabend mit Freunden. Denn zurzeit hält sich der Zulauf an infizierten Patienten noch in Grenzen. Arbeit sei aber auch so zur Genüge vorhanden. „Zweite Dienstpläne mit Reservepersonal werden erstellt, Schulungen abgehalten, Material wird beschafft, Absprachen mit den anderen Abteilungen laufen täglich. Wir alle wollen bestmöglich auf den Fall der Fälle vorbereitet sein.“