Voerde. Die Erkenntnisse und Dokumentationen zu den Mauerresten auf der Baustelle der Wohnbau Dinslaken in Friedrichsfeld werden in Bonn archiviert.

Gutes Wetter – das sieht für Archäologen bei der Arbeit anders aus als wohl für die meisten Menschen: „Sonne mögen wir gar nicht. Die schattet alles ab“, sagt Thorsten Rabsilber. Und dann wird es schwierig, die Verfärbungen im Erdreich zu erkennen, anhand derer Archäologen Rückschlüsse auf (längst) vergangene Zeiten ziehen können. „Am besten ist der Himmel bedeckt“, erklärt Thorsten Rabsilber von der Fachfirma „archaeologie.de“ mit Sitz in Moers. Gemeinsam mit einer Kollegin hat er in dieser Woche das Gelände an der Straße „Am Bauhof“ in unmittelbarer Nähe zur früheren Parkschule in Friedrichsfeld untersucht, auf dem die Wohnbau Dinslaken neue Mietshäuser errichtet. Die Fläche betrifft den ersten Bauabschnitt, in dem neun barrierefreie Wohneinheiten entstehen.

Baumaterial und Bauweise geben Hinweise

Als bei den ersten Arbeiten der Boden abgeschoben wurde, traten auf der Fläche Mauerreste zutage, die einer Einordnung durch die Archäologen bedürfen. Das Vorhaben der Wohnbau Dinslaken liegt auf dem Gelände des ehemaligen Truppenübungsplatzes Friedrichsfeld. Angesichts der Beschaffenheit des Materials und der Bauweise geht Archäologe Thorsten Rabsilber davon aus, dass der Fund aus der Zeit um 1890 bis maximal 1920 stammt. Das Maß des verwendeten Ziegels entspricht dem sogenannten Reichsformat, das ab 1875 erstmalig festgelegt und flächendeckend eingeführt worden sei. Der genutzte Betonmörtel sei auch nichts sehr Altes, erläutert Rabsilber, der außerdem auf einen historischen Plan verweist, wonach 1850 auf der Fläche noch nichts gestanden habe. In einer Darstellung aus dem Jahre 1885 ist dann in dem Bereich, in dem sich die heutige Baustelle der Wohnbau Dinslaken befindet, eine Mannschaftsbadeanstalt verzeichnet.

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Die gefundenen Mauerreste, die ab der erhaltenen Oberfläche 55 Zentimeter tief sind, lassen sich nach Beurteilung der archäologischen Fachfirma ziemlich sicher mit diesem Gebäude „in Einklang“ bringen, wie sie im Antrag auf denkmalrechtliche Erlaubnis, dort zu graben, schreibt. Es handelt sich bei den Relikten um ein Fundament, auf dem der Bau errichtet worden war. In der Mitte wurden ebenfalls steinerne Reste ausgemacht. Es ist ein Punktfundament, auf dem offenbar ein Stützpfeiler des Gebäudes stand. Als der Bau abgerissen wurde, ist dieser wohl gekippt. Vermutlich aus Kostengründen seien die Reste im Boden nicht entfernt worden, erklärt Thorsten Rabsilber. Was genau hinter den einige Meter entfernt entdeckten Ziegelsteinen steckt, gilt es noch zu klären.

Diese Mauerreste bildeten wahrscheinlich das Fundament der mutmaßlichen Mannschaftsbadeanstalt.
Diese Mauerreste bildeten wahrscheinlich das Fundament der mutmaßlichen Mannschaftsbadeanstalt. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Der Baustellenbereich neben der mutmaßlichen Mannschaftsbadeanstalt wurde vor der Untersuchung als Planum, sprich als horizontal verlaufende Oberfläche angelegt, und dafür vorher der Oberboden entfernt, um Verfärbungen im Erdreich erkennen zu können. Diese geben Zeugnis etwa von Gräbern, Häusern oder Gruben ab. In diesem Fall lassen die Verfärbungen jedoch nicht auf Altes schließen, wie Rabsilber erklärt. Der dunkle Streifen im Boden belegt die Existenz einer für die frühere Grundschule verlegten Rohrleitung.

Die alten Funde werden mit Hilfe von Zeichnungen und Fotos dokumentiert, auch ein 3-D-Modell wird auf Basis der entdeckten Fundamente der vermutlichen Mannschaftsbadeanstalt erstellt. Beim zweiten Bauabschnitt zur Errichtung der weiteren Mietshäuser auf dem sich Richtung Südwesten anschließenden Gelände sind die Archäologen gleich begleitend dabei, wie Wohnbau-Geschäftsführer Wilhelm Krechter erklärt – weshalb er dort mit weniger Verzug für die Baumaßnahme rechnet. Die dort ebenfalls zu erwartenden Funde werden mit denen im ersten Baufeld in einen Kontext gesetzt.

Die Berichte und Dokumentationen der Archäologen gehen dann nach Bonn an das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, wo sie archiviert werden, wie Thorsten Rabsilber erklärt.

>>Info: Bauarbeiten sollen bald wieder starten

In zwei bis drei Wochen, schätzt Wohnbau-Geschäftsführer Wilhelm Krechter, kann es mit den Arbeiten auf dem Gelände „Am Bauhof“ weitergehen. Aufgrund der Funde mussten Leistungen neu ausgeschrieben werden. Die Reste im Boden, die dem Bau der neuen, unterkellerten Mietshäuser im wahrsten Wortsinn im Wege stehen, müssen beseitigt werden. Fertigstellung soll im Februar 2021 sein.

Mit dem zweiten Bauabschnitt, in dem zweimal zwölf barrierefreie Wohnungen entstehen, soll in diesem Sommer begonnen werden. Voraussichtlich Ende 2021 wird die Fertigstellung sein.