Voerde. Die Arbeiten zum Bau drei neuer Mietshäuser in Friedrichsfeld ruhen aufgrund von Bodenfunden. Bald sollen archäologische Untersuchungen starten.

Auf der Baustelle im Schatten der früheren Parkschule in Friedrichsfeld hat der Bagger seit einigen Wochen Zwangspause. Als jener Anfang Dezember beim Abschieben des Bodens historische Mauerreste freilegt, ist das Projekt der Wohnbau Dinslaken erst einmal auf Eis gelegt: Die Stadt verhängt angesichts der Entdeckung einen Baustopp. Bevor es auf der Fläche an der Straße „Am Bauhof“ mit der Errichtung neuer Mietwohnungen weitergehen kann, müssen die dort vorgefundenen Relikte aus einer längst vergangenen Zeit zunächst von einer archäologischen Fachfirma untersucht und dokumentiert werden. In dieser Woche hat die Wohnbau ein erstes Vorgespräch dazu geführt. Geschäftsführer Wilhelm Krechter geht davon aus, dass die Fachfirma in etwa 14 Tagen auf der ruhenden Baustelle mit ihrer Arbeit beginnen wird. Um dies tun zu können, musste eine „denkmalrechtliche Erlaubnis“ beantragt werden.

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Bestandteil ist ein Grabungskonzept. Darin geht die von der Wohnbau Dinslaken beauftragte Fachfirma „archäologie.de“ aus Moers kurz auf das Bauvorhaben des Unternehmens ein, das in dem Voerder Stadtteil seinen Ursprung hat, und legt die historischen Hintergründe dar. Bereits im 18. Jahrhundert habe Fried-richsfeld den in Wesel stationierten Truppen Friedrichs des Großen als Truppenübungsplatz gedient. In der Zeit von 1794 bis 1815 besetzten die Franzosen das Gebiet. Im Juli 1870 wurde das Haus für Offiziere, das auf dem in der heutigen Ortsmitte gelegenen Hof von Johann Löffler errichtet worden war, eingeweiht und erhielt wie der Truppenübungsplatz den Namen „Friedrichsfeld“. Auf dem Hofgrundstück entstand dann das gleichnamige Truppenlager, auf dem zahlreiche Gebäude errichtet wurden. Ab Herbst 1870 wurde es von kriegsgefangenen Franzosen bewohnt. 248 von ihnen seien gestorben.

Siedlungsgesellschaft für den Kreis Wesel erwarb Gebiet

Nach Heimkehr der Franzosen blieb das Lager bis 1920 Truppenübungsplatz für preußische Soldaten. Friedrichsfeld wurde im Ersten Weltkrieg erneut als Kriegsgefangenenlager genutzt. Danach folgte dessen Auflösung und der Vorläufer der Wohnbau Dinslaken – die Siedlungsgesellschaft für den Kreis Dinslaken GmbH – kaufte 1921 das Gebiet, um dort einen zivilen Wohnort zu entwickeln. Ein Teil des einstigen Truppenlagers sei im Zweiten Weltkrieg für zivile Zwangsarbeiter genutzt worden, heißt es am Ende der geschichtlichen Einordnung.

Ein Auszug aus dem Lageplan des Truppenübungsplatzes von 1885. Auf einer darüber gelegten Folie hat die Wohnbau die Erweiterung des Ortskerns (Stand 1960) eingezeichnet. Der blau markierte Bereich zeigt die aktuelle Baufläche, der rote den ersten Bauabschnitt.
Ein Auszug aus dem Lageplan des Truppenübungsplatzes von 1885. Auf einer darüber gelegten Folie hat die Wohnbau die Erweiterung des Ortskerns (Stand 1960) eingezeichnet. Der blau markierte Bereich zeigt die aktuelle Baufläche, der rote den ersten Bauabschnitt. © PR | Wohnbau Dinslaken

Wilhelm Krechter geht angesichts der Pläne, die seinem Unternehmen vorliegen, davon aus, dass es sich bei den Funden im Boden der Baustelle in unmittelbarer Nachbarschaft zur ehemaligen Parkschule um Fundamente größerer Pferdeställe handeln könnte. Die archäologische Fachfirma spricht davon, dass sich die freigelegten Mauerabschnitte „ziemlich sicher mit einem Gebäude in Einklang bringen“ ließen, „das auf Plänen des ausgehenden 19. Jahrhunderts als Mannschaftsbadeanstalt“ verzeichnet sei. Die Experten rechnen damit, dass auch im weiteren Verlauf des Baugrundstücks weitere Mauerreste gefunden werden.

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Dass man an der Stelle auf Relikte aus jener Zeit stoßen würde, kam für Wilhelm Krechter durchaus überraschend. Die Wohnbau habe in Friedrichsfeld schon an vielen Stellen gebaut – an der Spellener Straße etwa sei auch nichts gewesen, erklärt Bauleiter Veit Krupp. Das Gleiche war der Fall, als vor mehr als 15 Jahren unweit der aktuellen Baustelle das ebenso unterkellerte Seniorenheim an der Wilhelmstraße oder vor wenigen Jahren der neue Edeka-Markt in der Ortsmitte entstanden. „Man hätte auch da etwas finden können“, erklärt Krechter. Als Bauherr bedauere er die Verzögerung des Vorhabens, als Geschäftsführer der Wohnbau findet er die Zeugnisse, die auch für ein Stück Firmengeschichte stehen, spannend.

An Baustopp hängt eine lange Kette

Die Mauerreste müssen am Ende der archäologischen Untersuchung und Dokumentation aus dem Boden entfernt werden, denn die Wohngebäude, die das Dinslakener Unternehmen dort errichtet, sind unterkellert, wie Krechter erläutert. Ihm zufolge hat die archäologische Fachfirma die denkmalrechtliche Erlaubnis für beide Bauabschnitte gestellt, so dass diese auf dem Grundstück schneller zur Tat schreiten könne. An dem erlassenen Baustopp hängt eine lange Kette: Die Baufirmen warten; Menschen mit Eigentum, die in eine der neuen Mietwohnungen einziehen möchten, wollen eine punktgenaue Übergabe ihres Hauses an den neuen Besitzer, erklärt Krechter im Hinblick auf die Abhängigkeiten. Käme es im Februar zur Wiederaufnahme der Arbeiten, würde die Baumaßnahme nach seinen Angaben zwei Monate im Verzug liegen.

>>Info: Neue Mietshäuser für Friedrichsfeld

31 barrierefreie Mietwohnungen schafft die Wohnbau Dinslaken an der Straße Am Bauhof auf den der ehemaligen Parkschule in Friedrichsfeld vorgelagerten Flächen mit einer Gesamtgröße von knapp 3700 Quadratmetern. Im Zuge des Vorhabens entstehen drei Gebäude in zwei Bauabschnitten. Die Flächen hatten zuvor der Stadt gehört. Ursprünglich sollte das erste neue Mietshaus Ende 2020 bezogen werden können.