Dinslaken. Die Neutor-Galerie Dinslaken ist fünf Jahre alt. Die Händler der ersten Stunde sprechen über positive Entwicklungen, üben aber auch Kritik.

Mit viel Interesse seitens der Bevölkerung aus der Region wurde am 6. November 2014, genau zur Martini-Kirmes, die Neutor-Galerie eröffnet. Der Besucherstrom von tausenden Neugierigen am damaligen Wochenende hielt nicht an, inzwischen aber wachsen die Käuferzahlen. Das sehen auch die Einzelhändler der ersten Stunde so. Henrik Dismer gehört mit seinen Schuhgeschäften Dismer und Tamaris zu den ersten Unternehmern, die sich die Chance auf ein Zweit- und Drittgeschäft in Dinslakens Innenstadt nicht entgehen ließen.

Dismer: Positive Entwicklung

„Ich war überzeugt, dass Dinslaken als Einkaufsstadt wieder eine positive Entwicklung durch die Neutor-Galerie nehmen würde“, sagt Henrik Dismer. „An dieser Entwicklung wollte ich teilhaben und so gleich einen ganz anderen Kundenstamm ansprechen.“ Es gebe verschiedene Kundenströme, erklärt er. Die einen würden bevorzugt Einkaufszentren besuchen, andere hingegen fühlten sich wohler in den „normalen“ Einkaufsstraßen. Natürlich seien die Erwartungen, die man in die Neutor-Galerie gesteckt habe, nicht in vollem Maße erfüllt worden, aber sie etabliere sich nun bei Stammkunden und Besuchern. Eine neue Einkaufsstätte benötige halt Zeit.

Henrik Dismer und Filialleiterin Miriam Draeger sind zufrieden.
Henrik Dismer und Filialleiterin Miriam Draeger sind zufrieden. © FUNKE Foto Services | Heiko Kempken

„Zuerst kamen viele Neugierige, dann der Einbruch“, erzählt Henrik Dismer, „doch Nachhaltigkeit und Qualität setzt sich durch, das wussten wir.“ Der Handel unterliege stetig einem Wandel, Rückschläge gebe es immer wieder. Den Dinslakenern empfiehlt er mehr Bekenntnis zur eigenen Stadt, denn diese biete ein ausgewogenes und gutes Angebot. Mehr wünschen könne man sich natürlich immer.

So fehlten Dismer kleine Geschäfte mit dem ganz besonderen Flair, doch „Dinslaken steht im Vergleich zu anderen Städten gleicher Größe gut da und muss sich nicht verstecken“. Die Neutor-Galerie und die Innenstadt benötigten einander, da ist Dismer sich sicher. So gebe es Geschäfte und Konzepte, die sich nur in der Neustraße verwirklichen ließen, andere seien in der Neutor-Galerie besser aufgehoben.

Modehaus ten Have: bitte mehr Kooperation

Auch Kerstin Stöcker vom Modehaus ten Have sieht die Neutor-Galerie inzwischen gut aufgestellt. „Sie wird endlich auch von den Dinslakenern angenommen, die Frequenzen steigen“, sagt sie. Die Zusammenarbeit mit den Mitbewerbern auf der Neustraße sieht sie skeptischer als Dismer. „Sie fordern zwar von uns Kooperationsbereitschaft, wollen aber selber nicht liefern.“ So bemängelt die Chefin des Unternehmens die mangelnden Präsenz mancher Politiker und Unternehmer. „Ich kaufe alles in Dinslaken, aber viele Politiker und auch Unternehmer habe ich hier in meinem Geschäft noch nie gesehen“, spricht sie deutliche Worte, obwohl es in ihrem Herrenausstatter alles vom Manschettenknopf bis zum festlichen Anzug gebe. Weniger Lippenbekenntnisse dafür mehr Tatkraft wäre schön, meint sie.

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Fürs Shopping-Center wünscht sie sich mehr Mitbewerber im gehobenen Segment. Außerdem seien die Öffnungszeiten weiterhin ein großes Problem. Haben die Geschäfte in den Einkaufsstraßen bis 19 Uhr geöffnet, stehen die Läden in der Galerie bis 20 Uhr offen. Vor allem an den Samstagen, wenn manche Geschäfte bereits um 13 Uhr schlössen, seien die Unterschiede enorm. Wenn sich beide Geschäftswelten entgegen kämen, wäre viel gewonnen.

Demir Magic Tours: Mieten anpassen

Auch Mehmet Demir, Inhaber des Reisebüros Demir Magic Tours hat zu Beginn einen Zehn-Jahres-Vertrag unterschrieben, sein Geschäft läuft gut, dennoch ist er nicht ganz glücklich. „Was man uns am Anfang versprach, wurde nicht immer gehalten“, so Demir. „Viele Geschäfte zogen erst gar nicht in die Galerie oder haben längst wieder geschlossen.“ Ob es an den Mieten liegt, vermag Demir nicht zu sagen. „Jeder zahlt hier unterschiedliche Mieten pro Quadratmeter, das gilt auch für die Werbegebühren.“ Den Mietspiegel anzupassen, nicht nur bei neuen Mietern, wäre für ihn ein Konzept.

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Auch der ständige Managementwechsel sei nicht förderlich. Aber am meisten stört ihn der „katastrophale Telefon- und Wlan-Empfang“, der es seinen Kunden weltweit schwer mache, ihn in der Neutor-Galerie zu erreichen. „Vor allem während der Cook-Pleite war das ein Desaster“, berichtet er. Gott sei Dank seien die Kunden im Hauptgeschäft an der Neustraße durchgekommen. Allen Unkenrufen und Leerständen zum Trotz sei die Geschäftsstraße stark frequentiert und auch die Neutor-Galerie nehme so langsam Fahrt auf, sagt er dennoch.

Reformhaus Bacher: Ab in die Neustraße

Sabine Gerlach zieht mit dem Reformhaus auf die Neustraße.
Sabine Gerlach zieht mit dem Reformhaus auf die Neustraße. © FUNKE Foto Services | Heiko Kempken

Für Sabine Gerlach, Filialleiterin des Reformhauses Bacher, läuft die Zeit in der Neutor-Galerie bald ab. Man habe den Vertrag nicht mehr verlängert und ziehe auf vielfachen Kundenwunsch in die Neustraße. „Wir haben viele Filialen in ähnlichen Centern, fast überall läuft es anfangs etwas holprig. Das gilt nicht nur für Dinslaken.“ Mittlerweile laufe das Geschäft recht gut, dennoch scheuten vor allem ältere Kunden den Gang ins Einkaufszentrum und wünschten sich ein Reformhaus in der Einkaufsstraße.

Am 13. November wird der neue Standort, Neustraße 9, eröffnet, Ende Dezember wird das Reformhaus in der Neutor-Galerie schließen. „Wir gehen mit einem weinenden und einem lachenden Auge, denn wir haben uns hier wohlgefühlt“, so Gerlach. Doch der Kunde sei König. Der Neutor-Galerie wünscht sie zum fünften Geburtstag alles Gute und vielleicht ein paar Geschäfte mehr, einen gehobenen Süßwarenladen, einen für Schreibwaren und Zubehör, einen für Haushaltsgegenstände – wie einst in einem guten Kaufhaus halt.

>>Hintergrund und Feier

Die Geburtstagsfeier wird Freitag, 8. November, ab 17 Uhr mit einer Kinderdisco der Tanzschule Rautenberg fortgesetzt. Ab 18 Uhr sorgt die Band „TRAK“ für die richtige Einstimmung aufs Wochenende. Am Samstag veranstaltet die Neutor-Galerie einen Tortenwettbewerb. Die Torten müssen fertig gebacken um 16 Uhr auf der Eventfläche an der Kundeninformation abgegeben werden. Um 18 Uhr ist dann die Siegerehrung.

Auf rund 16.000 Quadratmetern verteilen sich die einzelnen Unternehmen in der Neutor-Galerie. Insgesamt beträgt die Fläche circa 22.000 Quadratmeter. 520 Parkplätze stehen den Besuchern an dem für 120 Millionen Euro erbauten Einkaufszentrum zur Verfügung. Die Neutor-Galerie erstreckt sich über die gesamte Fläche des ehemaligen Hertie-Kaufhauses sowie des Hans-Böckler-Platzes.