Dinslaken. . Das Gericht befand einen Hünxer (54) und einen Gelsenkirchener (39) für schuldig. Unter anderem ging es um Betrug des Dinslakener Finanzamtes.

Am Eingang zum Amtsgericht hatte sich am Donnerstag eine lange Schlange gebildet: „Der Saal ist voll, es kommt keiner mehr rein“, sagte ein Mann, der das Gebäude kurz darauf verlässt. Die Verhandlung im Sitzungssaal 107 erregte besonderes Interesse. Die Angeklagten werden mit dem Verein Bio-energetisches Leben e.V. in Verbindung gebracht – das NRW-Innenministerium nennt diesen in einer Liste „Reichsbürger“-naher Gruppen. Seinen Sitz hatte der Verein in Hünxe, sie trafen sich in einer ehemaligen Gaststätte an der Schermbecker Landstraße in Drevenack.

Weitere Angeklagte erschien nicht

Vor Gericht mussten sich nun ein 54-jähriger Mann aus Hünxe und ein 39-jähriger Mann aus Gelsenkirchen verantworten. Es ging um besonders schweren Betrug – mit selbsterstellten Schecks wollten sie beim Dinslakener Finanzamt Geld für ihren Verein generieren. Im Fall des Hünxers ging es auch um einen Verstoß gegen das Waffengesetz. Diese Waffen hatte er selbst in seinem Keller hergestellt. Beide Männer wurden zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der Sitz neben ihnen blieb allerdings frei. Eine ebenfalls wegen Betrugs angeklagte 39-jährige Frau aus Voerde erschien nicht zur Verhandlung. Sie hatte ein Attest, das Verfahren wurde abgetrennt.

„Wir dachten, es sei alles rechtmäßig“, erklärte der Hünxer am Donnerstag. 2016 gründete sich der besagte Verein, dessen Mitglieder laut Aussage des 54-Jährigen in einer vom Richter wiedergegebenen Vernehmung „mit der aktuellen Situation in Deutschland unzufrieden sind“. Der Mann, der damals dem Vorstand angehörte, habe sich in erster Linie als guter Gastgeber gesehen, stellte seine Räumlichkeiten zur Verfügung. Im Zusammenhang mit den bei einem SEK-Einsatz im vergangenen Jahr gefundenen Waffen räumte er vor Gericht ein, diese selber hergestellt zu haben. „Ich bin leidenschaftlicher Bastler“, gab der Mann aus Hünxe zu Protokoll.

Gelsenkirchener kam ohne Verteidigung

Der 39-jährige Gelsenkirchener – er ist gelernter Steuerfachangestellter – präsentierte im Verein die Idee, mit Hilfe einer Software Schecks herzustellen und so Geld für den Verein zu generieren. Im Gegensatz zu dem Mann aus Hünxe kam er ohne Verteidigung, blätterte in einem Ordner, sprach von eingestellten Verfahren an anderen Gerichten, schweifte ab in seinen Ausführungen – etwa zum UN-Kaufrecht oder den Sparkassen, die Geld „verballerten“: „Der Betrug liegt ja bei den Banken.“ Immer wieder musste der Richter ihn erinnern: „Das hat alles nichts mit der heutigen Verhandlung zu tun.“ Worum gehe es denn?, fragte der Angeklagte immer wieder.

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Neun Schecks reichten sie beim Dinslakener Finanzamt ein – je rund 7000 Euro, insgesamt mehr als 62 200 Euro – angeblich für Lohnzahlungen an Vereinsmitglieder. Das Geld wurde auf deren Privatkonten überwiesen, später aber wieder zurückgebucht. Da das Geld nicht abgehoben wurde, sah der Verteidiger des Hünxers „keine Vermögensgefährdung“, sprach lediglich vom „Versuch“. Das sah der zuständige Richter anders, er sprach von einer „erheblichen Summe“. Vorsatz sei gegeben gewesen. Dass das Geld nicht abgehoben wurde, sei unerheblich.

Beide waren nicht vorbestraft

Insgesamt wurde der Hünxer zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, der Gelsenkirchener zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten – jeweils zur Bewährung von drei Jahren. Zugute hielt der Richter den Männern, dass sie „erhebliche Aufklärungsarbeit“ geleistet hatten und beide nicht vorbestraft waren.

Der 54-jährige Hünxer ist laut eigenen Angaben inzwischen aus dem Verein ausgetreten. Der 39-Jährige ist nun Vorsitzender und will neue Räumlichkeiten in Gelsenkirchen suchen, hieß es. Er erkundigte sich nach Abschluss der Verhandlung, wann Revision eingelegt werden könne.

  • Der Verein „Bio-energetisches Leben“ e.V. hatte auch versucht, Geld bei der Gemeinde Hünxe einzutreiben. Im Dezember erreichten den Hauptamtsleiter mehrere Forderungen in Höhe von mehr als 170 000 Euro. Es ging um eine „Leibrente“ für die Mitglieder – plus zehn Prozent preußischer Umsatzsteuer. Hünxe zahlte nicht. Als später Zahlungen angemahnt wurden, schaltete die Gemeinde die Ermittlungsbehörde ein, die den Fall nicht für strafrechtlich relevant hielt.