Voerde. . Der 23. April gilt als Tag des deutschen Bieres. Deshalb hat die NRZ zwei vom „Brauprojekt 777“ aus Spellen zum 46-Fragen-Interview getroffen.
11 Uhr ist eine wirklich undankbare Zeit für ein 46-Fragen-Interview, bei dem 36 von 46 Fragen das Wort Bier enthalten, 41 von 46 Fragen von Bier handeln und 46 von 46 Fragen sich an Bierbrauer richten. In persona an Arne Hendschke und Christian Preuwe vom Brauprojekt 777 aus Spellen.
Die beiden 33-Jährigen bieten mir direkt das Du und kein Bier, sondern – ein Glück! – Kaffee an. Anlässlich des Tags des deutschen Bieres, der jedes Jahr am 23. April ansteht, habe ich die beiden um ein Interview gebeten. Der Kollege fotografiert, ich gucke mir währenddessen die kleine Brauerei an der Friedrich-Wilhelm-Straße an. Dann nehmen wir Platz.
1. Wie viele mischen bei Euch mit? Christian: Vier.
2. Wie seid Ihr darauf gekommen, eigenes Bier zu brauen?
Arne: Es war einfach Neugier. Wir saßen irgendwann zusammen und haben gesagt: Lasst uns doch mal ein Bier brauen. Und ich habe dann die entsprechenden Rohstoffe aus der Brauerei mitgebracht. Arne ist gelernter Brauer und Mälzer. Und dann haben wir damit angefangen, uns mit diesem Enthusiasmus infiziert und Lust auf mehr gehabt.
3. Kann jeder Bier brauen?
Arne: In den Zeiten von Google und wenn man nicht auf den Kopf gefallen ist: Ja. Christian: Ob das dann schmeckt, ist eine andere Sache. Es braucht ein gewisses Hintergrundwissen, würde ich sagen.
4. Wie oft im Monat braut Ihr Bier?
Arne: Zehn bis 15 Mal würde ich schätzen.
5. Wie viel Bier braut Ihr jährlich?
Arne: Zirka 800 Hektoliter. Also 80 000 Liter.
6. Die abgefahrenste Sorte Bier, die Ihr jemals getrunken habt?
Kurz kehrt nachdenkliche Stille ein. Von unseren eigenen?, fragt Christian schließlich. Ne, so allgemein, antworte ich. Wieder kehrt nachdenklich Stille ein. Christian: Ah, Austernbier! Arne: Bei mir wäre es wohl so ein Chocolate-Stout mit Himbeerkern. Stout ist ein meist schwarzes, obergäriges Bier mit einem Alkoholgehalt von drei bis zehn Prozent und einer ausgeprägten cremefarbenen Schaumkrone. Arne: Das war eine sehr interessante Mischung. Aber sich da auf ein Bier festzulegen, ist kaum möglich.
7. Der Unterschied zwischen Pils und Craft-Beer ist. . .?
Beide antworten abwechselnd-gemeinsam. Craft-Beer ist handgemacht. Nicht so massentauglich. Ein Nischenbier. Experimentell.
8. Wieso gibt es den Tag des deutschen Bieres?
Christian: Weil gute Dinge gefeiert werden müssen, ne?!
9. Feiert Ihr den Tag des deutschen Bieres?
Christian: Für uns ist jeder Tag Tag des Bieres. Vielleicht stehen wir um 6 Uhr morgens auf und feiern das mit ‘nem Sud?! Er blickt zu Arne, beide lachen.
10. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, ist bei Euren Werksverkäufen hier in Spellen jedes Mal viel los. Wieso verkauft Ihr nicht häufiger als einmal im Monat?
Arne: Weil wir das organisatorisch gar nicht hinbekommen. Wenn wir den Werksverkauf am Freitag und Samstag machen, stecken wir schon ab Mittwoch in den Vorbereitungen dafür. Christian: Manche Chargen von Bieren sind so klein und exklusiv, als dass wir die regelmäßig anbieten könnten. Bei uns gibt das Bier die Zeit vor.
11. Wie viele Leute kommen bei einem Werksverkauf so?
Arne: 100? 150? Die beiden debattieren. Christian: Ich würde so 150 bis 200 sagen. Wir sind auf jeden Fall die ganze Zeit über gut beschäftigt. Schließlich einigen sie sich auf 100 bis 200.
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12. Von wo kam der Kunde mit der weitesten Anreise?
Arne: Aus Nürnberg.Wow, sage ich. Nur für den Werksverkauf, frage ich. Christian: Ja. Der hat dann gesagt, „Ich hab ‘nen weiten Weg vor mir, ich fahr wieder.“
13. Wie viele Leute, die beim Werksverkauf in der Schlange stehen, sind Hipster?
Arne: Zehn Prozent, vielleicht 15. Zur Erklärung: Hipster, der. Zu einer [urbanen] Subkultur gehörender junger Mensch mit ausgefallener, nicht der aktuellen Mode entsprechender Kleidung und extravagantem, individualistischem Lebensstil. Versteht sich zwar als Subkultur, ist aber inzwischen dem Mainstream zuzuordnen. [Quelle: Duden]
14. Glaubt Ihr, dass dieser Hype um Craft-Beer irgendwann wieder abebbt?
Christian: Wir glauben, dass die breite Masse, die jetzt an Brauereien aufkommt, irgendwann wieder reduziert wird. Aber: Qualität wird sich durchsetzen. Ohne jetzt arrogant klingen zu wollen: Wir machen uns da jetzt nicht so große Sorgen. Arne: Die gewachsene Craft-Beer-Szene hat aber auf jeden Fall einen positiven Effekt, weil dadurch der Biermarkt viel bunter geworden ist.
15. Glaubt Ihr denn, dass Eure Absatzzahlen dann sinken?
Arne: Hoffen wir mal nicht! Ich glaube aber, dass wir ganz gut aufgestellt sind. Christian: Wir fahren ja auch die regionale Schiene. Arne: Wir pflegen das persönliche Verhältnis zu den Kunden und Gastronomen. . .
16. Alt oder Kölsch?
Alt. Definitiv. Beide antworten zeitgleich.
17. Veltins oder Brinkhoffs?
Arne: Brinkhoffs. Auf keinen Fall Veltins. Christian: Auch eher Brinkhoffs.
18. Flasche oder Dose?
Flasche. Wieder antworten beide unisono.
19. Flasche oder Glas?
Arne: Glas. Christian: Flasche. Ah, da sind sie sich doch mal uneinig.
20. Aus welchem Glas trinkt Ihr Bier am liebsten?
Arne zeigt auf ein Glas, das auf dem Tisch steht. Arne: Einfach ein schöner, griffiger Ale-Becher. Verändert das Glas etwas, frage ich nach. Es beeinflusst den Geruch. Ist aber schon etwas Humbug, für jedes Bier ein anderes Glas zu benötigen, oder? Ja. Ist Humbug. Jeder Glashersteller haut ja grad ein anderes Glas raus. Ich persönlich sage: Das ist Bullshit. Aber das darfste ‘nem Diplom-Bier-Sommelier natürlich nicht erzählen.
21. Trinkt Ihr überhaupt noch gerne Bier ?
Arne: Bier ist unsere Liebe, nach wie vor.
22. Eure Stimmung nach einem Bier?
Christian: Unverändert. Arne: Cool. Beide lachen.
23. Und nach zweien?
Arne: Noch cooler? Christian: Auf jeden Fall sind wir dann gut drauf.
24. Und nach fünfen?
Arne: Sehr gut drauf.
25. Hilft ein Konterbier gegen Kater?
Christian: Es hilft. Ist aber nicht empfehlenswert.
26. Was hilft denn sonst noch gegen Kater?
Christian: Nicht trinken. Arne: Viel Wasser, Vitamine. ‘Ne gute Rindfleischsuppe . . .
27. Das beste Bier ist. . .?
Unser IPA. Beide antworten unisono. India Pale Ale ist ein helles, stärker eingebrautes Pale Ale. Arne: Das IPA ist auch unser Topseller.
28. Und das schlechteste?
Arne: Ich finde diese Definition „schlechtes Bier“ passt nicht. Wenn es schlecht wäre, würde es das ja auf dem Markt nicht geben. Das beste Beispiel ist Hansa. Oder auch Paderborner. Alle haben darüber geschimpft, aber beide Biere haben es geschafft, wirklich deutschlandweit erhältlich zu sein. Also können das ja keine schlechten Biere sein. Wo er recht hat. . . Dann noch mal anders gefragt: Ein Bier, das euch nicht schmeckt? Christian: Jedes, das Ingwer enthält. Arne: Bier mit Comet. Das ist eine Hopfensorte. Die mag ich nicht.
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29. Die schönste Farbe, die ein Bier haben kann?
Christian: Gold-gelb. So wie bei unserem IPA. Arne: Ein so richtig schönes sattes goldenes Bier.
30. Der schönste Geruch, den ein Bier haben kann?
Arne: Der Geruch beim Maischen. Diese Malzsüße, die dann in der Luft liegt. Maischen ist das Lösen von Malzinhaltsstoffen in Wasser.
31. Der beste Geschmack, den ein Bier haben kann?
Arne: Schön hopfig und im Abgang einen schönen runden vollmundigen Malzkörper.
32. Kein Bier vor vier – ja oder nein?
Nein. Beide antworten unisono.
33. Arne, wann hast Du dein erstes Bier gebraut?
Arne: Mit 18, während der Ausbildung. Vorher bin ich damit nie in Berührung gekommen – auch wenn ich mich immer schon für Bier interessiert habe.
34. Was für eines war das?
Arne: Ein Weizenbier. Hat natürlich super geschmeckt.
35. Wie viele Biersorten habt Ihr beim Brauprojekt schon gebraut?
Christian: So 30 würde ich schätzen.
36. Welche Sorte Bier wollt Ihr unbedingt noch brauen?
Arne: Frucht-Biere. Da interessiere ich mich momentan total für, weil das einfach so facettenreich ist. Christian: Bier, das in Eichenfässern gereift wird. In näherer Zukunft wird das passieren.
37. Und welche Sorte wollt Ihr nicht nochmal brauen?
Arne: Birnenbier werden wir nie wieder machen. Und wieso nicht mehr?, frage ich nach. Christian: Beim Brauen geht die Süße ja weg – und da bleibt dann einfach nicht mehr so viel von der Birne übrig. Arne: Die Birnen zu schälen und zu schneiden, war einfach zu viel Aufwand für zu wenig Geschmack.
38. Was macht für Euch den Reiz am Bierbrauen aus?
Christian: Das Experimentelle, das Neue. Arne: Das Zusammenspiel aus den natürlichen Rohstoffen und dem technischen Aspekt.
39. Warum wird Bier meistens in braunen oder grünen Flaschen verkauft?
Arne: Um es vor UV-Licht zu schützen.
40. Warum ist Bier meistens gelb, der Schaum aber weiß?
Arne: Weil das Eiweiße sind, die in Verbindung mit Hopfen harzen. Die CO2-Bläschen, die aus dem Bier entgasen, reißen diese Eiweiß-Partikel, diese Hopfenharzen mit sich und bilden so den Schaum.
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41. Was für Essen gehört zu Bier?
Arne: Das kommt natürlich auf den Bierstil an. Ein frischer leichter Salat zu einem Single Hop ist zum Beispiel im Sommer ‘ne super Sache. Aber im Winter ein schöner leckerer Braten mit nem dunklen, starken Bier passt auch sehr gut. Da geht wirklich vieles.
42. Mit wem würdet Ihr gern mal ein Bier trinken?
Beide überlegen lange. Schließlich antwortet Christian: Mit denen, mit denen ich gerne Mal ein Bier trinken würde, hab ich schon ein Bier getrunken. Hab ich mir jetzt leicht gemacht die Antwort, oder? Wir lachen.
43. An welchem Ort der Welt würdet Ihr gern mal ein Bier trinken?
Arne: Am Rhein. Im Sommer, am Wasser: Bier und Wasser – das passt gut zusammen.
44. Was macht Euer Bier besonders?
Christian: Wir verwenden viel Liebe beim Brauen, wir verwenden besondere Rohstoffe. Und viel Experimentierfreude. Arne: Wir geben jeder Zutat die gleiche Wichtigkeit. Jede Zutat hat einen Einfluss auf den Charakter des Bieres.
45. Eure nächsten Pläne?
Arne: Bier brauen und eine neue Methode zur Abfüllung aufzubauen.
46. Etwas, das Ihr gerne noch gefragt worden wäret?
Arne: Ich bin wunschlos glücklich.