Dinslaken. . Es muss nicht immer eine Tablette sein, bei Erkrankungen oder Beschwerden helfen auch Hausmittelchen. Ein Gespräch mit Apotheker Werner Heuking.
Die Nase läuft, die Glieder schmerzen, der Kopf brummt – es ist die Zeit der Erkältungen und grippalen Infekte. Sind die Symptome einmal da, wird in der Regel schnell zu Medikamenten gegriffen – Hauptsache das Leiden nimmt ein schnelles Ende. Doch bevor die große Chemiekeule geschwungen wird, sollte man fragen: Brauche ich die überhaupt?
Einer, der weiß, woher die Beschwerden kommen und was Abhilfe schaffen könnte, ist Werner Heuking. Seit über 40 Jahren betreibt Heuking in Lohberg die Kreuz-Apotheke. In dieser Zeit konnte er einer Vielzahl an Menschen helfen, doch den ein oder anderen Kunden hätte er – so sagt es der 70-jährige Apotheker – ohne Medikamente nach Hause geschickt: „Das Ziel einer Apotheke muss es sein, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Über allem schwebt deren Wohl.“ Und um deren Wohl zu erreichen, ist es nicht immer notwendig, die Regale in der Apotheke gleich leerzuräumen.
Vor Virusinfektionen kann man sich im Vorhinein nicht schützen
Gerade jetzt, wo es noch kalt ist und der Frühling auf sich warten lässt, gebe es eine regelrechte Erkältungswelle. Erkältung und „echte“ Grippe seien Virusinfektionen. „Da kann man sich im Vorhinein nicht vor schützen. Es sei denn: Sie fassen nichts an“, was auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein könne, sagt Heuking. Es gebe etwa die Möglichkeit, sich mit einer Dreifachimpfung gegen die Grippe zu schützen, aber diese wirke nicht zuverlässig bei sogenannten B-Viren. Außerdem setze die Wirkung der Impfung erst nach etwa zwei Wochen ein. In jedem Fall – und das kostet nicht viel – ist es aber derzeit ratsam, sich regelmäßig die Hände zu waschen, um die Viren nicht zu verbreiten.
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Für Apotheker Heuking ist allerdings ein anderer, grundlegender Faktor entscheidend, der einen Besuch in seiner Apotheke gar nicht erst nötig macht: „Unsere moderne Ernährung provoziert teilweise Erkrankungen, über die man in dem Zusammenhang gar nicht nachgedacht hätte.“ Enthielten die Lebensmittel zu viele Emulgatoren, Stabilisatoren und andere Inhaltsstoffe, die in industriell verarbeiteten Produkten vorkommen, bedeute dies für den Körper Stress. „Stress durch Ernährung kann dazu führen, dass Menschen reaktiver auf Viren reagieren“, erläutert der Apotheker. Sie werden also schneller krank. Deshalb empfiehlt Heuking, möglichst unbelastete, wenig verarbeitete, vollwertige Produkte zu konsumieren.
Bewusstsein für natürlich Mittel wird wieder geweckt
Wenn die Viren sich aber dennoch durchsetzen, bleibt einem der Weg zum Arzt oder Apotheker dennoch nicht erspart. Werner Heuking setzt in seiner Apotheke viel auf Phytopharmaka – Arzneimittel, deren Ursprung pflanzlich ist. „So langsam wird ein Bewusstsein dafür geweckt, dass man sich mit natürlichen Mitteln genauso weiterhelfen kann“, bilanziert der Apotheker.
Wichtig sei dabei, dass die Menschen wieder einen Bezug zu den Pflanzen herstellten. Während früher noch im Garten eigene Arzneipflanzen angebaut wurden, sei das Wissen darum heute im Privaten meist nicht mehr vorhanden: „Wer sammelt denn heute noch Kamille?!“
Pflanzen wirken langsamer als hochdosierte Medikamente
So kann Efeu beispielsweise gegen Bronchialerkrankungen helfen, genauso wie Enzian und Schlüsselblume. Aus Linden-, Holunder- und Kamillenblüten lässt sich ein Erkältungstee aufbrühen. Und in Mädesüß ist Salicylsäure enthalten, die wie beim häufig angewandten Aspirin Schmerzen lindert. „Wir als Menschen haben uns immer mit diesen Dingen beschäftigt, bis jemand schließlich das Penizillin erfunden hat“, spitzt es Heuking zu.
Nur darf man sich von den Pflanzen nicht zu viel versprechen – „die schnelle Wirkung ist nicht verfügbar“. Denn in Phytopharmaka, die in der Apotheke verkauft werden, kommen die Pflanzenwirkstoffe hochdosiert vor und werden durch weitere Komponenten angereichert, um wirksamer zu sein. Manchmal sind aber nicht einmal Phytopharmaka vonnöten. Ein heißes Bad, ausreichend Wasser trinken und vor allem Ruhe sind eventuell schon eine Lösung. Dann hat Heuking auch kein Problem damit, wenn ein Kunde seine Apotheke mal wieder ganz ohne Medikamente verlässt: „Es gibt hier Menschen, die müssen nicht mit einer Pille, sondern mit einem guten Rat nach Hause gehen.“