Bochum. Seit dem Sommer lief eine Menge schief beim VfL Bochum, was zur Freistellung der sportlichen Führung führte. Die Chronologie.
Gut fünf Monate ist es her, da saßen die Verantwortlichen des VfL Bochum im kleinen Pressekonferenzraum des Ruhrstadions und stellten ihren neuen Trainer vor. Mit Peter Zeidler wollte der Verein in seinem vierten Jahr Bundesliga, nach dem Relegationswunder, den nächsten Schritt gehen. Zeidler sollte die Mannschaft weiterentwickeln, mit ihr die Gegner auch mal dominieren.
Pikant: Absoluter Wunschkandidat war jemand anders, Zeidler aber stand auf der Liste von Sportdirektor Marc Lettau und dem damaligen Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian, wurde entsprechend dem Aufsichtsrat und dem zu diesem Zeitpunkt, nach Fabians Rücktritt, bereits alleinigen Geschäftsführer Ilja Kaenzig vorgeschlagen. Diese stimmten zu. Kaenzig, der Zeidler und dessen Spielphilosophie auch kannte, unterschrieb den Vertrag.
Der VfL Bochum wollte die Aufstiege der vermeintlich kleinen Klubs wie Holstein Kiel und dem FC St. Pauli sowie den Klassenerhalt von Heidenheim nutzen, um selbst vielleicht sogar einmal frühzeitig den Klassenerhalt zu schaffen, idealerweise mit attraktivem Fußball.
Übrig geblieben ist davon derzeit wenig. Nur ein Punkt nach sieben Spielen, ein extrem schweres Programm vor der Brust. Am Sonntagabend wurde Zeidler entlassen, und mit ihm musste auch Sportdirektor Marc Lettau gehen. Das Ende beider begann schon früh. Eine Chronologie der Ereignisse.
Anfang August: Der VfL Bochum weilte in Südtirol im Trainingslager und hatte das erste Testspiel gegen La Spezia verloren. Wenig lief in der Partie zusammen, die Ideen Zeidlers waren nur in Ansätzen zu erkennen. Erste Kritik an der Spielweise regte sich. Aber Zeidler fing sie ab, kommunizierte viel und gut und auch die Mannschaft schien den neuen Stil in den darauffolgenden Einheiten besser zu verinnerlichen.
Im Testturnier zum Trainingslager-Abschluss gegen den FC Bologna und den FC Südtirol überzeugten beide Mannschaften, die Zeidler aufbot. Das aggressive Pressing funktionierte, die Gegner waren überrascht. Es kam leichte Euphorie auf. Auch, weil das abschließende Testspiel der Saisonvorbereitung in Le Havre (6:0) in überragender Art und Weise gewonnen wurde.
VfL Bochum: Erstrunden-Aus im DFB-Pokal schockt alle
18. August: Der VfL Bochum schied nach einer schwachen Leistung im DFB-Pokal beim Zweitligisten Jahn Regensburg aus (0:1), der seitdem in einem ähnlichen Abwärtsstrudel steckt wie der VfL Bochum selbst, der seitdem kein einziges Tor mehr erzielt hat in Liga zwei. Bei den Bochumern sah es in dieser Partie so aus, als hätte die Mannschaft Energiedefizite, die Spielweise mit dem hohen Pressing funktionierte nur gut 60 Minuten, im Abschluss agierten die Spieler genauso glücklos wie in der Vorsaison. „Wir machen die Dinger einfach nicht rein“, klagte der alte und neue Kapitän Anthony Losilla.
31. August: Nachdem Bochum in Leipzig noch eine anständige Leistung zeigte und dort nach einem individuellen Fehler von Matus Bero verlor, offenbarte die Partie gegen Borussia Mönchengladbach die großen Probleme der Systematik und der Spielweise von Peter Zeidler. Die Abstände beim Pressing wurden mit zunehmender Spieldauer immer größer. Fatal: Die Gladbacher Spieler sprachen im Nachgang bereits davon, dass sie wussten, dass sie die Räume nach einer gewissen Zeit bekommen würden. Sportdirektor Lettau sagte damals: „Es herrscht keine Ernüchterung, aber schon eine große Enttäuschung.“ Auch erste leise Kritik an der Spielweise übte er öffentlich. Intern diskutierten alle Beteiligten nach Informationen dieser Redaktion schon deutlicher über Anpassungen.
21. September: Der VfL Bochum lieferte gegen Holstein Kiel ein erschreckend schwaches Spiel ab, hätte allerdings sogar gewinnen können. Durch die Schlafmützigkeit von Maximilian Wittek und Moritz-Broni Kwarteng kam der Aufsteiger aber noch zum späten Ausgleich. Es war die Krönung des schlechten Saisonstarts, sie kam einem Knockout gleich. Schon nach der Pleite in Freiburg die Woche zuvor (1:2) und in der Länderspielpause regte sich intern immer lautere Kritik. Einige Spieler sollen nach Informationen dieser Redaktion zu diesem Zeitpunkt längst von Zeidler und dessen Spielidee abgerückt gewesen sein, standen nicht voll hinter ihr. Sie funktioniere so nicht, soll immer wieder in Gesprächen thematisiert worden sein.
VfL Bochum: Lettau übt früh interne Kritik an Zeidler
Auch intern erhöhte sich der Druck. Lettau legt die Finger in die Wunde und auch Geschäftsführer Kaenzig sprach Dinge klar an. Es wurde darüber diskutiert, ob man nicht frühzeitig die Notbremse beim Trainer ziehen müsse. Im Aufsichtsrat aber stand ein großer Teil hinter Zeidler. Wohl auch, weil eine Entlassung das ohnehin knappe Budget weiter belastet. Zumal der Trainer Anpassungen versprach. Im Co-Trainer-Team wurden diese schon länger gefordert, mit Spielern habe ein stetiger Austausch stattgefunden, was man abseits des Cheftrainers anpassen könne. Dieser setzte in Dortmund dann tatsächlich Änderungen um, Bochum lieferte eine starke erste Halbzeit beim BVB ab, verlor dann aber doch mit 2:4 nach 2:0-Führung.
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4. Oktober: Der VfL Bochum verliert auch das nächste Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg (1:3). Der Druck in der Öffentlichkeit auf die Vereinsverantwortlichen und Zeidler wird immer großer. Öffentlich stellte sich Sportdirektor Lettau hinter Zeidler. „Wir werden diese Thematik (Trainerdebatte, die Redaktion) nicht aufmachen. Wir werden das Spiel wieder gemeinschaftlich analysieren und dann die richtigen Schlüsse ziehen. Wir werden uns dann in der Länderspielwoche mit einem Testspiel, das wir vereinbaren wollen, auf alles vorbereiten, was kommt“, sagte er damals. Intern war er wohl deutlich kritischer. Was folgte, war eine Krisensitzung, in der Zeidler seine Anpassungsbereitschaft weiter signalisierte. In der Länderspielpause sollte der Turnaround geschafft werden. Doch einige Spieler waren davon wohl wenig überzeugt.
11. Oktober: Nebenkriegsschauplätze wurden aufgemacht, es ging um ein Bierverbot unter Peter Zeidler, um frühes Aufstehen, gemeinsame Spaziergänge. Der VfL Bochum hielt sich plötzlich mit Nebensächlichkeiten auf, die von den sportlichen Problemen ablenkten. Aber das Bild vom Verein, von der Mannschaft und vom Trainer nicht besser machte.
VfL Bochum: Plötzlich gerät Lettau in die Kritik
19. Oktober: Eine katastrophale erste Halbzeit im Bundesliga-Spiel bei der TSG Hoffenheim trotz des Abrückens von der Raute zu einem 4-3-3 verdeutlichte: Beim VfL Bochum liegt irgendwas massiv im Argen. Die Leistung grenzte an Arbeitsverweigerung. Zeidler änderte zur Halbzeit viel, sogar ein Punkt war dann noch drin. Am Ende verlor Bochum trotzdem. Sportdirektor Lettau vermied nun öffentliche Aussagen, wollte nicht über das Spiel und den Trainer sprechen. Es wurde deutlich: Die Position des Trainers war noch mehr geschwächt worden.
20. Oktober: In einer Marathon-Sitzung kamen die Aufsichtsräte und Geschäftsführer Ilja Kaenzig zusammen. Nach und nach wurden die sportlich Verantwortlichen befragt. Trainer Peter Zeidler musste sich erklären, dann auch Lettau, der nun plötzlich in den Fokus geriet. Nach Informationen dieser Redaktion wurde die Transferplanung des Sportdirektors, die von allen Verantwortlichen im Sommer so unterstützt wurde und aufgrund des extrem knappen Budgets gelobt wurde, von Teilen der Klubführung massiv kritisiert und infrage gestellt. Lettau soll in diesem Gespräch seine Unterstützung für Trainer Zeidler zudem vermieden haben. Es wurde ihm zum Verhängnis. Der Aufsichtsrat entschied einstimmig, dass neben Trainer Zeidler auch der Sportdirektor freigestellt wird. Dabei stand nach Informationen dieser Redaktion ein Aus Lettaus am Vormittag noch nicht zur Diskussion.