Bochum. Bochum hofft auf den Befreiungsschlag gegen Wolfsburg. Nach guten Phasen in Dortmund müssen Fortschritte her - die wichtigsten Fragen und Antworten vor dem Schlüsselspiel.
Bochum hofft auf den Befreiungsschlag gegen Wolfsburg. Nach guten Phasen in Dortmund müssen Fortschritte her - die wichtigsten Fragen und Antworten vor dem Schlüsselspiel.
Nach erst einem Punkt aus fünf Partien will der VfL Bochum am Samstag (15.30 Uhr/Sky) im Ruhrstadion gegen den VfL Wolfsburg ein Erfolgserlebnis feiern. Mit einem Sieg würde man mit den ungleich höher gehandelten Gästen nach Punkten sogar gleichziehen - bei einer Niederlage droht der Absturz ans Tabellenende vor der zweiwöchigen Länderspielpause.
„Wir brauchen eine richtig gute Leistung. Wir haben gut trainiert, wir sind bereit dafür“, sagte Trainer Peter Zeidler bei der Pressekonferenz am Freitag. Die vier wichtigsten Probleme, die Bochum lösen muss, um die Wende zu schaffen.
Problem 1 - Taktik und Balance
Bochum und Wolfsburg hatten ligaweit bisher den wenigsten Ballbesitz. Die Gäste spielten allerdings bereits gegen die Topteams Frankfurt, Bayern, Leverkusen, Stuttgart. Der VfL hatte mit Leipzig und Dortmund zwei Champions-League-Gegner.
Beim achtbaren 2:4 in Dortmund nahm Zeidler eine kleine Kurskorrektur vor: Er agierte defensiv mit einer Dreierreihe im Mittelfeld mit Anthony Losilla zentral sowie Matus Bero und Ibrahima Sissoko außen. Dani de Wit übernahm die Zehnerrolle hinter der Doppelspitze Myron Boadu und Philipp Hofmann.
Phasenweise hoch pressen, phasenweise tiefer stehen
Vor allem versuchte der VfL, den Gegner phasenweise hoch zu pressen, phasenweise aber - anders als zuvor - auch tiefer aufzunehmen. Das gelang in der ersten Halbzeit, inklusive eines starken, eigenen Umschaltspiels, inklusive einer 2:0-Führung. Letztlich aber hieß es 2:4.
Gegen Wolfsburg hat Bochum ein Heimspiel, steht unter Zugzwang, muss die Fans mitreißen. Dabei darf er in keiner Sekunde die defensive Stabilität verlieren gegen die schnellen, spielstarken Wölfe. Auch eine Frage des kühlen Kopfes.
„Wir müssen gemeinschaftlich unser Tor verteidigen“, sagt Offensivfreund Zeidler, der ja gerne „Chaos“ anrichten will in des Gegners Hälfte.
Bochum muss die richtige Balance finden, Geduld zeigen, die Gäste auch mal kommen lassen. Wolfsburg wird die Konteranfälligkeit des VfL nicht entgangen sein, könnten daher aus einer stabilen Defensive heraus auf seine Chance lauern.
Problem 2 - Anfälligkeit beim Umschaltspiel
Die fehlende Disziplin in den hinteren Reihen sind ein Grund für die katastrophale Bilanz des VfL in der zweiten Halbzeit - von einem Fitness-Problem will Zeidler nichts wissen, was er auch mit guten Zahlen aus den Bereichen Sprint, intensive Läufe, Laufleistung untermauert. Wären alle Bundesliga-Spiele zur Pause beendet gewesen, wäre Bochum Dritter mit elf Punkten - nach dem Wechsel gelang noch kein Punkt, kein Tor. Dafür gab es neun Gegentreffer.
Auch, weil zu oft die Struktur verloren ging. Auch, weil etwa Innenverteidiger Jakov Medic trotz Führung oder - wie beim 2:2 in Dortmund - einem Remis seine Position zu oft verließ, zu weit vorrückte, Räume öffnete. Auch, weil den Außenverteidigern Maxi Wittek und Felix Passlack im Verlauf der Partie die Unterstützung fehlte. Auch, weil sie sich selbst zu angriffslustig zeigten trotz schwindender Kräfte. „Sie sind Symbolfiguren des VfL in dieser Saison“, meinte Zeidler über Wittek und Passlack. Und sieht auch bei ihnen kein Kraftproblem, aber Steigerungspotenzial.
Ivan Ordets kehrt wohl gleich in die Startelf zurück
Das gelte für das gesamte Team. Die Entwicklung stimme ihn positiv, „aber wir müssen uns weiter verbessern“, beantwortete Zeidler sinngemäß die Fragen zu Kernfeldern wie Abwehrverhalten oder Abschlussqualität.
Für mehr Sicherheit soll ein Hoffnungsträger sorgen, der bisher fehlte. Innenverteidiger Ivan Ordets, seit seiner Schulterverletzung beim letzten Testspiel in Le Havre noch nicht dabei, ist nach zwei Wochen Mannschaftstraining wieder fit. „Er fühlt sich gut. Die Chance ist gut, dass er sogar von Beginn an spielt“, sagte Zeidler. Ordets übernimmt dann wohl den Posten von Tim Oermann.
Masovic nicht im Kader - Startelf dürfte stehen
Ansonsten ist in der Startelf mit keiner Änderung zu rechnen. Verteidiger Erhan Masovic, der wegen der Geburt seiner Tochter neun Trainingstage verpasst hatte und beim letzten Heimspiel gegen Kiel früh ausgewechselt worden war, bleibt noch außen vor, erklärte Zeidler.
Problem 3 - Individuelle Aussetzer
Natürlich: Fußball ist ein Fehlerspiel. Fast allen Gegentoren des VfL aber gingen eklatante individuelle Fehler voraus, die sich ein Abstiegskandidat nicht leisten darf, die den zuvor betriebenen Aufwand mit teils ja guten Ansätzen zunichte machten. So patzte Matus Bero, der nicht nur wegen seiner zwei Treffer ansonsten eine starke Saison spielt bisher, vor dem 0:1 in Leipzig.
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Auch Torwart Patrick Drewes reiht sich da ein. Der aus der 2. Liga vom Karlsruher SC zurückgeholte Keeper, der seine erste Bundesliga-Saison spielt, parierte in Freiburg stark, ansonsten maximal solide, ein Punktegarant war er noch nicht. Im Gegenteil. Beim 2:2 gegen Kiel und 3:2 von Dortmund hätte er mit ein, zwei Schritten nach vorne, mit dem Verkürzen des Winkels und massiver Präsenz, die Treffer vielleicht verhindern können. Beim 0:1 gegen Kiel wiederum kam er nach seinem Herauslaufen zu spät, beim 2:4 in Dortmund rutschte ihm der Ball durch den Körper.
Die Nummer zwei Timo Horn muss sich aber weiter gedulden. „Patrick Drewes wird spielen“, betonte Zeidler auf Nachfrage, nachdem er ihm schon direkt nach dem BVB-Spiel den Rücken gestärkt hatte. Bochum benötigt gegen Wolfsburg aber einen Patrick Drewes, der in Schlüsselszenen fehlerlos bleibt - und auch mal Topchancen zunichte macht.
Problem 4 - Impulse von der Bank
Zeidler wechselte bisher, wie die meisten Trainer, vorrangig offensiv, vom außergewöhnlichen Wechsel Masovic/Losilla gegen Kiel nach 15 Minuten abgesehen. Das liegt nicht nur daran, dass Boadu zwar mit einem Tor und mehreren Torbeteiligungen, mit Tiefenläufen seine Klasse mehrmals zeigte und seine Formkurve nach oben geht, er aber weiterhin nicht die Kraft für die volle Distanz hat. Der VfL hat zahlreiche Offensivkräfte, die den Unterschied machen können. Wie etwa Lukas Daschner.
Daschner zählt wieder zum VfL-Kader
Der zuletzt aus dem Kader verbannte Mittelfeldmann, gegen Kiel in der Startelf und Torschütze, kehrt ins Aufgebot zurück, verriet Zeidler. „Er hat vor allem am Mittwoch gut trainiert“, sah der Trainer eine gute Reaktion des technisch Hochbegabten. Dribbler Aliou Balde und Techniker Koji Miyoshi sind neben dem bisher stets engagierten, aber glücklosen Moritz Broschinski weitere Alternativen. Samuel Bamba, der ohnehin noch keine größere Rolle spielt, ist nach zwei Tagen Trainingspause wegen einer starken Erkältung dagegen diesmal nicht im Kader.
Kurios: Gegen Kiel wollte Zeidler mit der Einwechslung von Mats Pannewig eher das 2:1 verteidigen als aufs 3:1 zu gehen. Nach dem 2:2 hatte ausgerechnet Pannewig die bisher größte Chance auf ein Jokertor, als er per Kopf den Pfosten traf.
Trainer im Fokus: Noch genießt Zeidler das Vertrauen
Bisher brachten die Einwechslungen im Ergebnis nichts, und lediglich in Freiburg war frischer Wind nach den Wechseln zu erkennen. Je nach Spielstand muss es Zeidler gegen Wolfsburg gelingen, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, ohne dass sein Team wie zuletzt in Dortmund die Ordnung verliert und kopflos agiert.
Klar ist: Auf die Unterstützung der Fans kann sich Bochum zunächst verlassen, das Zusammenspiel mit den Anhängerinnen und Anhängern betonte auch Zeidler. Er genießt noch das Vertrauen der Verantwortlichen, die den dritten Trainerwechsel in diesem Jahr vermeiden wollen. Auch bei einer knappen Niederlage nach starker Leistung könnte Zeidler im Amt bleiben. Sollte Wolfsburg aber Bochum herspielen, sind keine Fortschritte erkennbar, dürfte die Stimmung kippen - intern wie extern.
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