Bochum. Der VfL Bochum verliert erneut in Halbzeit zwei den Faden beim BVB, Trainer Zeidler bleibt in der Kritik. Gegen Wolfsburg muss er die Wende schaffen. Ein Kommentar.
Es knirscht beim VfL Bochum. Elf Punkte hat der VfL in der zweiten Halbzeit verspielt. Nur ein Punkt steht daher nach fünf Partien auf dem Konto. Dazu das Pokal-Aus beim Zweitliga-Schlusslicht Regensburg. Ein heftiger Fehlstart. Der VfL ist nach St. Paulis 3:0 beim SC Freiburg auf einem direkten Abstiegsplatz angekommen.
Der Tiefpunkt war das 2:2 gegen Kiel nach einer erbärmlichen Leistung: Holstein hatte mehr Ballbesitz und lief trotzdem fünf Kilometer mehr, was gemeinhin eher den Übergegnern hinterher hechelnden Teams gelingt. Der Aufsteiger gewann die meisten Zweikämpfe, hatte deutlich mehr klare Chancen.
Es folgten erste Krisengespräche auf allen Ebenen. Mit Trainer Peter Zeidler und ohne ihn.
Zeidler steht bei den Vereinsgremien unter Beobachtung
Resultat: Einen willenlosen Untergang beim BVB ohne erkennbare Fortschritte hätte sich der 62-Jährige nicht leisten können. Es kam anders - trotz der Niederlage. Der Trainer nahm Korrekturen vor, und die Mannschaft lieferte durchaus Mut machende Signale ab, dass sie der Spielidee von Zeidler folgt, dass sie damit alsbald erfolgreich sein kann.
Bochum zeigte eine klare Leistungssteigerung beim turmhohen Favoriten, dessen Matchwinner Serhou Guirassy alleine schon fast so viel wert ist wie der gesamte Kader des VfL. Zwischen Minute zehn und Minute 40 spielte Bochum seine mit Abstand stärkste Phase in dieser Saison.
Zeidler nimmt Korrekturen vor personell und taktisch
Auch dank erfolgreicher Maßnahmen, die Zeidler vorgenommen hatte. Er stärkte im neuen 4-3-1-2 gegen den Ball die Defensive mit Kapitän Anthony Losilla zentral, mit den defensiv orientierten Matus Bero und Ibrahima Sissoko auf den Seiten. Offensiv blieb es bei der Raute, je nach Situation war es ein 4-1-3-2. Oft gelang es, die BVB-Angreifer zu doppeln. Der VfL war präsent, zweikampfstark, auch: spielfreudig. Bochum stand insgesamt tiefer, presste nicht permanent, hatte gute Ballbesitzphasen.
Die Königstransfers Ibrahima Sissoko im rechten Mittelfeld und Dani de Wit auf der Zehn zeigten ihre bisher stärksten Leistungen. De Wit fühlte sich weiter vorne sichtbar wohler als zuvor im halbrechten, zu defensiven Raum. Trainer Zeidler zeigte, dass er Änderungen offen gegenüber steht. Gepaart mit der ja von Anfang an auch von der Klubspitze geforderten Geduld angesichts eines runderneuerten Kaders, machen diese Fortschritte viel Mut. Und stärken den Coach.
BVB mit 1:7 im Nacken: Bochum nutzt Momentum nicht
Einerseits. Andererseits standen am Ende: vier Gegentore, kein Punkt. Dabei hatte der BVB, so übermächtig er individuell auch sein mag, nach Bochums 2:0 und dem 1:5 in Stuttgart ein 1:7 im Nacken. Es gab erste Pfiffe. Der VfL schaffte es aber erneut nicht, das Momentum auszunutzen. Konstanz in einem Spiel fehlt.
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Bochum kam schon am Ende der ersten Halbzeit nicht mehr so intensiv in die Zweikämpfe wie erforderlich, die Kompaktheit ging verloren, die Wechsel sorgten in der Schlussphase eher für Konfusion als Hilfe.
Qualitätsfrage: Guirassy trifft - Boadu und Broschinski nicht
Ein wenig Matchpech kam hinzu - oder, auch das zählt zur Wahrheit des auf dem Papier ungleichen Derbys, eben doch die fehlende individuelle Qualität eines Guirassy. Denn Boadu (zum möglichen 3:0) und Broschinski (zum 3:2) ließen beste Chancen aus. Guirassy nutzte seine.
Und: Dortmund hat eine Qualität, die der BVB dann nach weitgehend verschlafener erster Halbzeit auch abrief. Dagegen kann Bochum nur schwer ankämpfen, am Willen mangelt es diesem Team dabei nicht.
Bochum nicht fit genug? Zeidler zunehmend genervt
Aber der Einbruch ist eben ein Dauer-Wiederholungsfall. In allen fünf Liga-Partien verlor der VfL nach der Pause - zu Recht. Ist Bochum nicht fit genug? Trainer Zeidler verneint dies rigoros. Der Kommunikator, der als Typ viel Sympathie verdient, der auf alle offen zugeht und Mitarbeiter, Fans, Sponsoren mitnimmt im Gespräch, der ein guter Repräsentant des Vereins ist, wirkt bei der Konditionsfrage zusehends genervt und gereizt.
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Aus der Führungsebene hört man den Vorwurf der arg bescheidenen Fitness immer häufiger - und aus der Mannschaft unterschiedliche Töne. Kapitän Anthony Losilla etwa sprach davon, dass dem VfL in Dortmund letztlich auch die Kraft fehlte. Ein Widerspruch zum Trainer, der nichts Gutes ahnen lässt.
Bochum ist bei wichtigen Fitness-Werten nur Durchschnitt
Nimmt man statistische Werte wie Laufleistung, Sprints, intensive Läufe, so ist Bochum im Mannschaftsvergleich durchschnittlich unterwegs - was in der Bundesliga für einen Abstiegskandidaten zu wenig ist. Der VfL ist qualitativ den meisten Gegnern klar unterlegen. Er muss läuferisch, in der Intensität ganz vorne dabei sein, um mit seiner kraftraubenden Spielart eine Chance zu haben gegen Dortmund oder Freiburg über mehr als gute Phasen hinaus. Es ist offensichtlich, dass es Versäumnisse in der langen Vorbereitung gab.
Sicher: Einige Spieler wie Myron Boadu oder Aliou Balde kamen mit wenig Spielpraxis an, müssen weiterhin aufgebaut werden. Bochum hat auch keine Bank wie der BVB. Nur fehlende Kondition ist sicherlich nicht der Grund für den Leistungsabfall nach den Seitenwechseln - aber er ist einer, der nicht sein darf.
Weiter kein Erfolgserlebnis: Gegen Wolfsburg muss Zählbares her
Letztlich nimmt Bochum also Positives mit aus Dortmund - aber schleppt auch altbekannte Probleme weiter mit sich herum. Und vor allem: Er wartet auf ein Erfolgserlebnis auch nach sechs Pflichtspielen.
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Jetzt geht es gegen den VfL Wolfsburg. Die erste Halbzeit, sagte der starke Felix Passlack nach dem BVB-Spiel, sei nun „der Maßstab“. Und zwar, das darf man hinzufügen: über die gesamte Distanz. Geht das nächste Heimspiel vor der Länderspielpause so schief wie gegen Kiel, wird die Luft für Trainer Zeidler dünn.
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