Essen. Rot-Weiss Essen startet Samstag in die neue Saison. Das neue Vorstandsduo um Marc-Nicolai Pfeifer und Alexander Rang über Ziele und Finanzen.

Die 3. Liga sitzt in den Startlöchern, am kommenden Samstag startet Rot-Weiss Essen mit einem Heimspiel (14 Uhr) gegen Aufsteiger Alemannia Aachen in die Saison. Schon jetzt ist klar, dass die Partie restlos ausverkauft sein wird. Über die sportlichen Erwartungen, aber auch über die finanzielle und strukturelle Entwicklung im Verein sprachen wir mit dem neuen RWE-Vorstandsvorsitzenden Marc-Nicolai Pfeifer sowie mit Alexander Rang, Vertriebs-Vorsitzender, im zweiteiligen Interview.

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Die neue Saison steht vor der Tür, jetzt gab es am Sonntag ein Signal auf dem Transfermarkt, das sehr viel Begeisterung ausgelöst hat bei den Fans: Ahmet Arslan kommt. Ein anderer Transfer ist jetzt zeitnah zu erwarten, die Euphorie ist spürbar. Mit welchen Erwartungen geht man als Verein in die Saison? Man hat sich ja bisher sehr bedeckt gehalten, was die Erwartungshaltung angeht.

Pfeifer: Wir sind davon überzeugt, dass wir mit dieser Herangehensweise besser beraten und auf dem richtigen Weg sind, uns hinsichtlich lauter Worte zurückzuhalten, was die Formulierung von sportlichen Erwartungen und Zielen betrifft. Zur Einordnung: Wir sind vor zwei Spielzeiten kurz vor Ende noch von der Klippe gesprungen und haben dann in der letzten Spielzeit deutlich über den Erwartungen abgeschlossen. Bis kurz vor Ende standen wir auf Tuchfühlung mit Platz drei, das ist den meisten Fans und Partnern vermutlich noch präsent. Und vor dem Hintergrund des Endabschneidens auf Platz sieben, und vor allem auch verstärkt durch den großen Umbruch in der Führung und auch in der Mannschaft, ist es jetzt viel wichtiger und besitzt größte Priorität, schnell Stabilität sicherzustellen. Wir möchten weiter an der Basis arbeiten und die Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft legen. Klar, die handelnden Akteure, ob Christian Flüthmann, Marcus Steegmann, Christoph Dabrowski oder auch allen anderen Mitarbeiter, sind ehrgeizig und wollen aus jedem Spiel das Beste herausholen. Der Fokus liegt strategisch darauf, den Verein zu stabilisieren und kurzfristig von Spiel zu Spiel zu denken.

Wenn man sich die Kaderplanung von letzter Saison anschaut und jetzt die ersten Transfers sieht, dann kann man schon festhalten: okay, die Kaderplaner verstehen was von ihrem Fach. Mit deren Arbeit ist man recht zufrieden, oder?

Mit der geleisteten Arbeit im Sportteam von Rot-Weiss Essen sehr zufrieden: Marc-Nicolai Pfeifer.
Mit der geleisteten Arbeit im Sportteam von Rot-Weiss Essen sehr zufrieden: Marc-Nicolai Pfeifer. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Pfeifer: Ja, definitiv, man kann bereits ein erstes Fazit ziehen. Aus den Transfers leitet man auch immer Wahrscheinlichkeiten ab, dass die Spieler ihr Leistungspotenzial abrufen, was sie bisher gezeigt haben. Das ist das eine. Aber ich empfinde auch die Art und Weise, den Fleiß, das gute Miteinander, die Kommunikation als sehr gute Basis. Wenn man strukturell und auch kulturell gut zusammenarbeitet, dann erhöht man auch die Wahrscheinlichkeit auf gute Entscheidungen und somit auf Erfolg. Das Kollektiv arbeitet gut, hart und fleißig. Dementsprechend haben wir Transfers realisiert, die uns vielleicht nicht mehr jeder so zugetraut hat.

Das klingt noch alles sehr theoretisch im Augenblick für den Fan da draußen, der braucht immer Ziele. Oder halten Sie sich bewusst da so bedeckt?

Pfeifer: Nein, wir werden heute keinen Tabellenplatz als Ziel ausgeben. Das Ziel lautet: Stabilisierung in allen Bereichen. Nichtsdestotrotz haben wir im Vorstand einen konkreten Plan, wohin wir die Organisation entwickeln wollen. In die eine Richtung möchten wir messbar die Erträge steigern. In die andere Richtung: Die Organisation so effizient zu gestalten, dass sukzessive immer mehr Mittel im Budget beziehungsweise im Kader ankommen. Diese Zahlen sind in der Mitgliederversammlung transparent und öffentlich. Da können wir festhalten, dass wir für die aktuelle Spielzeit das Budget nochmals leicht erhöhen konnten. Wenn man rein die Spielergehälter vergleicht, ist da eine Weiterentwicklung zu sehen. Gleichzeitig sehen wir, dass die Quote von Umsatz zu Sportetat für uns noch einmal eine weitere Motivation darstellt, die wir verbessern wollen, ohne die Qualität in der Organisation zu mindern. Das wäre zu einfach zu sagen: Wir streichen jetzt alle anderen Budgets zusammen und am Ende kommt mehr Geld im Sport an. Das ist nicht unser Weg. 

Thema Umsatzniveau, da sind wir auch beim Marketing, wie sieht es da aus? Kann man Optimismus verbreiten? Ein Freund gab mir die Frage mit: Hat der Alexander Rang noch Pfeile im Köcher?

Zeigten die Ziele des Vereins im großen Interview auf: Marc-Nicolai Pfeifer (links, RWE-Vorstandsvorsitzender) und Alexander Rang (Vertriebsvorstand) in einer Loge im Stadion an der Hafenstraße.
Zeigten die Ziele des Vereins im großen Interview auf: Marc-Nicolai Pfeifer (links, RWE-Vorstandsvorsitzender) und Alexander Rang (Vertriebsvorstand) in einer Loge im Stadion an der Hafenstraße. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Rang: Grundsätzlich sind wir mit dem bisherigen Verlauf der Vermarktungsphase sehr zufrieden. Teilweise sind neue Partnerschaften bereits kommuniziert, andere folgen zeitnah. In diesem Zusammenhang haben wir kurzfristig noch gute Nachrichten, was das Thema Trikotärmel angeht. Wir sind überzeugt, auch hier auf dem richtigen Weg zu sein. Natürlich gibt es auch limitierende Faktoren: die Werberechte, die wir zur Verfügung haben, sind endlich. Wir konnten beispielsweise den Ärmel nur an ein Unternehmen verkaufen und haben jetzt kurzfristig den Vorteil, dass wir seit letzter Woche auch den zweiten Ärmel vermarkten dürfen. Das ist sehr positiv für uns. Wir befinden uns dort in guten Gesprächen. Allerdings muss man auch realistisch einschätzen, dass es in solchen Strukturen eine gewisse Anbahnungszeit gibt. Und umso größer das Unternehmen ist - das habe ich immer gesagt und stehe auch heute noch dazu - umso größer ist die Anbahnungszeit. Wir sind mit vielen Unternehmen, so auch seinerzeit auf der Mitgliederversammlung versprochen, im Austausch. Wir werden in der aktuellen Spielzeit eine gute Vermarktung haben, mit der wir auch das Thema Zentralvermarktung des DFB kompensieren werden. Und wir werden wirtschaftlich in den nächsten Jahren weiter wachsen. Wichtig ist uns auch: Wir fokussieren uns natürlich immer wieder auf das Thema Sponsoring, wachsen wollen wir auch im Merchandise-, im Mitglieder-, im Hospitality-Bereich. Auch dort haben wir Maßnahmen ergriffen, die bereits wirken. Klar, wir wollen die Einnahmen maximieren, auf der anderen Seite ist auch das Thema Kosten wichtig. Wir sind der Überzeugung, dass wir durch bessere Prozesse und Strukturen in vielen Bereichen noch Chancen haben, an der Effizienz zu arbeiten. Ich glaube, und da sind wir uns sehr ähnlich, und deswegen passt es auch in der Zusammenarbeit sehr gut: Wir sind beide bedacht handelnde Kaufleute. Wir haben einen klaren Auftrag der Mitgliederversammlung, der ist nämlich, diesen Verein kaufmännisch seriös zu führen - und dabei das Maximale rauszuholen.

Rot-Weiss Essen in der Etat-Tabelle der 3. Liga im Mittelfeld


Pfeifer: Klar, das Sponsoring ist für uns als Drittligist übergeordnet wichtig. Folglich ist auf diesem Weg jeder neue Partner wichtig und willkommen. Natürlich sprechen wir mit den ortsansässigen Konzernen. Zeitgleich in der Breite zu wachsen, die ganze Region und alle Menschen rund um den Klub mitzunehmen, ist ebenfalls ein substanzieller und nachhaltiger Fokus unseres Handelns. Wir brauchen wirklich jeden einzelnen Partner, der bereit ist, sich bei uns zu engagieren und zum Gesamtgelingen beizutragen. Wir wollen auch an die Aufwandsposten ran, das heißt nicht immer, dass man an der Qualität oder am Personal spart, sondern auch in neuen Prozessen sicherstellt, dass mehr Mittel im Sport ankommen. Das korrespondiert auch zum Thema Erwartungshaltung Saisonziel: Es gibt aktuell bestimmt noch sechs bis sieben Mannschaften, die deutlich mehr investieren können. Natürlich gibt es eine Abhängigkeit zwischen den finanziellen Möglichkeiten und der Qualität der Spieler, die am Markt realisiert werden können. Unabhängig davon haben wir sportlich den Anspruch, die maximale Effizienz aus den Sportmitteln rauszubekommen. Man muss es dennoch realistisch und fair einordnen: Wenn ich in der Etattabelle im Mittelfeld bin, dann kann ich nicht zwingend mit dem Aufstieg planen. Folglich sehen wir uns in der Verantwortung, das Niveau des Sportetats sukzessive weiterzuentwickeln, um unser gemeinsames großes Ziel auch realistisch verwirklichen zu können.

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Pfeifer: Ja, das stimmt, obgleich die Vereine auch sehr ordentliche Etats zur Verfügung hatten. Vor allem hatten die Mannschaften eine gute Substanz und Kontinuität. Sie kamen aus einer Liga, die sehr ambitioniert ist, wo es stark um Körperlichkeit und ähnliche Tugenden geht. Ich glaube aus einem Aufstieg kann auch ein spezieller Teamgeist und besondere Gemeinschaft erwachsen. Wenn ich zu erfolgreichen Klubs schaue, die das Optimum aus ihren Möglichkeiten rausholen, da sind oft klare Strukutren, Prozesse und Zuständigkeiten gegeben und ein hohes Maß an Kontinuität. Die schaffen es meist regelmäßig, in der Sporttabelle mehr Punkte zu erzielen, als sie Mittel in der Etattabelle einsetzen. Aber in aller Regel, wenn man die ein, zwei Ausnahmen pro Saison ausklammert, dann ist das schon so eine gewisse Faustregel. Wir wollen den Sport nicht aus der Verantwortung nehmen, aber wir wollen insgesamt auch unseren Teil dazu beitragen, dass die Finanzmittel anwachsen

Doppelinterview an der Hafenstraße: Die RWE-Vorstände Marc-Nicolai Pfeifer (hinten links) und Alexander Rang (hinten rechts) sprechen mit den RWE-Reportern Ralf Wilhelm und Martin Herms.
Doppelinterview an der Hafenstraße: Die RWE-Vorstände Marc-Nicolai Pfeifer (hinten links) und Alexander Rang (hinten rechts) sprechen mit den RWE-Reportern Ralf Wilhelm und Martin Herms. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Rot-Weiss Essen will Wahrscheinlichkeit auf sportlichen Erfolg erhöhen

Rang: Marc hat bei seiner Einführungsrede einen Satz geprägt, der beschreibt es eigentlich optimal. Seitdem zitiere ich ihn sehr gerne: Nicht jede teure Mannschaft ist erfolgreich, aber jede erfolgreiche Mannschaft ist teuer. Das gilt zumindest auf Sicht. Folglich ist unsere Aufgabe, dass wir die Wahrscheinlichkeit auf mehr sportlichen Erfolg von Jahr zu Jahr erhöhen. Und diese erhöht man mit einem größeren Etat. 

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