Duisburg. Die Taktikanalyse zum Sieg in Wuppertal. Der MSV praktiziert eine moderne Form alter Spielweisen. Der Abnutzungskampf steht im Fokus.
Das ist Christoph Gebhard
Trainer Christoph Gebhard ist in der Amateur-Fußball-Szene als Taktikfuchs bekannt. In der letzten Saison trainierte er die A-Jugend von Viktoria Buchholz. Mittlerweile bildet er zusammen mit Göksan Arslan das Trainerduo der Buchholzer Bezirksliga-Fußballer. Gebhard ist zudem Fan des MSV Duisburg. Der 47-Jährige verfolgt die Spiele der Zebras nicht nur mit Herzblut, sondern auch als Fachmann mit dem Blick auf das taktische Geschehen auf dem Platz. Für die Sportredaktion analysiert Christoph Gebhard die Spiele der Meidericher.
Beim Vergleich zwischen dem Wuppertaler SV und dem MSV war viel Symmetrie im Spiel. Das 4-2-3-1 des WSV und das 4-1-4-1 der Zebras passten fast zu 100 Prozent zueinander. Es gab auf den Flügeln klare Zuordnungen. Das gleiche Bild gab es im Zentrum, wo die zwei Achter des MSV gegen die Doppel-Sechs des WSV und der Sechser gegen den Zehner spielten. Mathematisch gab es nur eine Zone, wo Überzahl bzw. Unterzahl herrschte: die zwei Innenverteidiger gegen den jeweiligen Solo-Stürmer. Beide Teams kompensierten diese Unterzahl gegen den Ball auf ähnliche Weise. Sie stellten den Stürmer zwischen die Innenverteidiger und pressten dann ballorientiert zu der Seite, auf die das erste Anspiel kam. Ansonsten wurde sehr viel mannorientiert verteidigt.
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Die Älteren unter uns werden jetzt sicher anmerken, dass es das auch schon im letzten Jahrtausend gab. Man sprach damals von Manndeckung. Der Unterschied: Heute gibt es bei den Mannorientierungen keine festen Zuordnungen, also der Gegenspieler wird nicht bis aufs Klo verfolgt. Es wird je nach Zone übergeben. Der Mannbezug wird also mit ball- und raumorientierten Deckungsstrategien vermischt. So lassen sich die Vorteile beider Ansätze nutzen. Vor allem geht es darum, den Gegner nicht ins Spiel kommen zu lassen und bestenfalls Balleroberungen für Umschaltmomente zu generieren.
Das gelang den Zebras in der ersten Halbzeit, vor allem nach der frühen Führung etwas besser. Praktisch alle Torchancen danach entstanden aus Fehlern des WSV beim Aufbau. Bei Ballbesitz MSV gab es zwar vor allem auf der linken Seite erneut ein paar angedeutete Positionsrochaden, um in den Übergabemomenten einen Spieler freigespielt zu bekommen. Die Zebras wollten aber lange nicht so konsequent den Ball in den eigenen Reihen halten wie im Heimspiel gegen Mönchengladbach. Auswärts fühlen sich die Meidericher in der Rolle des pressenden Teams wohler. Was dem MSV entgegen kam: Der WSV wollte Fußball spielen und nicht nur bolzen.
Nach der Pause wurde die Pressingstrategie gegen den Ball leicht angepasst und verschärft. Simon Symalla orientierte sich nicht mehr am Außenverteidiger, sondern positionierte sich höher und lief den zweiten Innenverteidiger des WSV leicht nach innen lenkend an. Damit kaufte man den Wuppertalern lange Zeit den Schneid ab. Die Gastgeber kamen nicht ins Spiel. Als das Pressing dann Mitte der zweiten Halbzeit an Intensität einbüßte, kam der WSV immer besser in die Ballzirkulation. Der Ausgleich fiel nicht unverdient.
Die erneute Führung erzwang der MSV dann mit einer Mischung aus individueller Qualität, physischer Wucht und Ausnutzen der gegnerischen Fehler. Beim 0:1 nutzte Patrick Sussek das unsaubere Kettenverhalten des WSV für seinen Traumpass auf Simon Symalla. Ganz ähnlich war es beim 2:1. Dieses Mal waren es die Flankenqualität von Can Coskun und die Handlungsschnelligkeit von Ali Hahn, die das Spielgerät im Netz zappeln ließ.
Auswärts lautet die Formel des MSV also weiterhin: den Abnutzungskampf gewinnen und die Spiele dann mit der Kaderqualität die auf seine Seite ziehen. Die Zebras sammelten so 17 von möglichen 24 Punkten ein.