Duisburg. Dietmar Hirschs Mannschaft kommt regelmäßig erst in der zweiten Halbzeit so richtig in Wallung und findet auf die Siegerstraße.
Früher ging das. Da konnten wenig Betuchte oder besonders sparsame Fans des MSV Duisburg zur zweiten Halbzeit umsonst ins Stadion. Das Angebot wäre heute gefährlich verlockend. Was sich in dieser Saison beim Fußball-Regionalligisten als Regel ausbilden lässt: Mit dem zweiten Durchgang sieht man bessere Zebras.
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Wäre der Halbzeitstand in den neun gespielten Partien der Saison bereits der Endstand gewesen, dann hätten die Meidericher nur zehn statt 20 Punkte auf dem Konto. Fünf Mal gewann der MSV bislang. Nur zweimal führte die Mannschaft bereits zur Pause. Nur einmal verlor die Elf von Trainer Dietmar Hirsch. Dreimal aber lag der Spitzenreiter nach den ersten 45 Minuten zurück. 13 der 18 Tore insgesamt fielen nach dem Wechsel. In den beiden Pokalspielen gegen Hamborn 07 (5:0) und Blau-Weiß Dingden (9:0) trafen die Meidericher zwölf Mal nach der Pause.
Rätselraten auch beim Kapitän des MSV Duisburg
Woher die Anlaufschwäche kommt, darüber herrscht Rätselraten. Kapitän Alexander Hahn sagte über den ersten Durchgang beim 2:1 über die U23 von Schalke 04: „Wir waren als Gesamtmannschaft ein Totalausfall.“ Gefragt nach den Gründen, bekannte der Abwehrmann: „Wenn wir das wüssten, würden wir das ja abstellen.“ Siegtorschütze Tobias Fleckstein nannte die erste Halbzeit „zum Vergessen“. Auf der Suche nach einer Erklärung musste auch er mit den Achseln zucken: „Schwer zu sagen. Wir haben nicht das gemacht, was wir uns vorgenommen haben.“
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Trainer Dietmar Hirsch haben die zwei Gesichter seiner Mannschaft inzwischen bescheidener gemacht. Mit Blick auf das Spitzenspiel am Samstag um 14 Uhr gegen den Tabellensechsten SV Rödinghausen sagte der Coach: „Ich will ja gar nicht vermessen sein. Ich hoffe dann mal auf 60 oder 70 Minuten guten Fußball.“ Was den Einsatzwillen angeht, erklärt er: „Zwei Halbzeiten wären schon gut.“
Vor drei Wochen hatte Hirsch noch erklärt: „Ich möchte, dass wir über 90 Minuten konstant Fußball spielen. Das ist wichtig.“ Vor dem Spiel bei Fortuna Köln hatte der Coach für sich und sein Trainerteam eingefordert: „Wir müssen in die Köpfe hereinbekommen, dass wir zwei Halbzeiten haben. Dass wir in der ersten Halbzeit nicht nur ein bisschen mitspielen dürfen.“ Von Beginn an präsent zu sein, das sei eine Sache der Mentalität. Da könne man nur reden. Die Kopfwäsche führte bislang nicht zu sauberen Ergebnissen.
„Wir müssen in die Köpfe hereinbekommen, dass wir zwei Halbzeiten haben. Dass wir in der ersten Halbzeit nicht nur ein bisschen mitspielen dürfen.“
Gegen Köln (0:0), gegen Wiedenbrück (1:1) und gegen Schalke (0:1) war der erste Durchgang unterdurchschnittlich. In allen drei Spielen musste sich Torwart Max Braune tüchtig strecken, um seine Vorderleute im Spiel zu halten. Dafür war es dann nach dem Wechsel vor seiner Bude deutlich ruhiger. Hirsch hatte zuvor analysiert, dass nur die erste Halbzeit gegen Oberhausen „recht erwachsen“ gewesen sei.
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Der Trainer hat darauf reagiert und lässt seither mit einer Dreierkette beginnen. Das sollte von Beginn an mehr Ballbesitzzeiten und Dominanz bringen. Vergebene Liebesmühe. Gegen Wiedenbrück und auf Schalke veränderte der Coach diese Grundordnung nach dem Wechsel auf ein 4-3-3. Prompt gab es Chancen und Tore.
Große Qualität im Kader des MSV Duisburg
Warum dann nicht gleich so? Das fragen sich die Fans. Eine Antwort liegt möglicherweise darin, dass ein Spiel eben mindestens 90 Minuten dauert und die Zebras diese komplette Zeit brauchen. Sie reiten den Gegner auf der Strecke müde. Der Trainer von Fortuna Köln, Matthias Mink, formulierte es nach dem 0:0 im Topspiel so: „Dass wir nach hinten raus nicht mehr diese klare Struktur hatten, ist selbsterklärend. Dafür ist die Qualität der Duisburger dann doch sehr, sehr groß.“
Thomas Stratos, der Coach des SC Wiedenbrück, erklärte die Niederlage seiner Mannschaft mit diesen Worten: „In der zweiten Halbzeit ist uns ein bisschen die Kraft ausgegangen. Didi (Hirsch, Anmerkung der Redaktion) konnte gut wechseln. Wir konnten nicht mehr so dagegenhalten.“ Tomasz Waldoch, Coach der U23, schwärmte von den Auswahlmöglichkeiten seines Kollegen Hirsch.
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Mit anderen Worten: Die Zebras können den Sieg einwechseln. In Schalke legte Nachrücker Jonas Michelbrink beide Tore auf. Gegen Wiedenbrück bereitete Joker Jan-Simon Symalla zwei Tore vor, Joker Jakob Bookjans schoss sie.
.Nicht zuletzt: Der Coach hat zusammen mit Athletiktrainer Thomas Klimmeck seine Truppe richtig fit gemacht. Die Meidericher können – wie es sich in Schalke einmal mehr zeigte – bis zur 99. Minute rennen. Weil man als Tabellenführer gut reden hat, gilt derzeit als Faustregel: Die erste Halbzeit dient dem Fertigmachen zum Jubeln. Und wenn das für die ganze Saison wahr wäre: Wie viel Vorfreude dürfen sich die Fans mit Blick auf die Rückrunde entwickeln?