Duisburg. Die Spielanalyse zum 2:1-Erfolg der Zebras in letzter Minute am Samstag bei der U23 von Schalke 04 zeigt: Hirsch weiß zu variieren.
Das ist Christoph Gebhard
Trainer Christoph Gebhard ist in der Amateur-Fußball-Szene als Taktikfuchs bekannt. In der letzten Saison trainierte er die A-Jugend von Viktoria Buchholz. Mittlerweile bildet er zusammen mit Göksan Arslan das Trainerduo der Buchholzer Bezirksliga-Fußballer. Gebhard ist zudem Fan des MSV Duisburg. Der 47-Jährige verfolgt die Spiele der Zebras nicht nur mit Herzblut, sondern auch als Fachmann mit dem Blick auf das taktische Geschehen auf dem Platz. Für die Sportredaktion analysiert Christoph Gebhard die Spiele der Meidericher.
Beim Auswärtsspiel beim FC Schalke 04 II startete MSV-Trainer Dietmar Hirsch erneut mit einer Fünferkette. Personell wurde auf die Abstimmungsprobleme, die im Spiel gegen Wiedenbrück (3:1) zwischen Can Coskun und Tobias Fleckstein auftraten, reagiert. Fleckstein tauschte mit Leon Müller die Positionen. „Flecki“ spielte in seinem „Wohlfühlraum“ als rechter Halbverteidiger. Müller baute aus dem linken Halbraum auf. Als gelernter Sechser ist Müller es eher gewohnt, nach vorne zu verteidigen, und konnte so die Räume, die durch den Offensivdrang von Coskun entstanden, besser kontrollieren.
In der ersten Halbzeit bestätigten die Zebras tendenziell den Trend der letzten Spiele und versuchten, spielbestimmender und aktiver zu agieren. Das Anlaufen war aber zu halbherzig. Das kostete Kompaktheit und verschlechterte den Zugriff in den Zweikämpfen. Im Ballbesitz nutzte der MSV zwar die Überzahl der Dreierkette, um den Ball in erster Aufbaulinie geduldig zirkulieren zu lassen, tat sich aber schwer damit, spielerisch das Mittelfeld zu überbrücken. Im Zentrum fehlte es an klaren gruppentaktischen Abläufen und Mut, in den Druck zu spielen. Auf Außen waren die Schienenspieler oft isoliert.
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Zur Halbzeit wechselte Hirsch dreifach und änderte auch die Grundordnung passend zu den Spielertypen. Die Zebras ordneten sich in einer leicht asymmetrischen Mischung aus 4-3-3 und 4-2-3-1 an. Die drei zentralen Mittelfeldspieler standen meist diagonal versetzt zueinander auf unterschiedlichen Höhen: sozusagen als Sechser, Achter und Zehner. Can Coskun als linker Außenverteidiger agierte deutlich höher als sein Gegenüber Moritz Montag.
Das hatte mehrere Effekte: Die Zebras konnten situativ mit Montag wieder einen Dreieraufbau herstellen und durch dessen flachere Positionierung den offensiven Außenspieler von Schalke etwas heraus locken. Somit bekam man den dribbelstarken Simon Symalla oft in vielversprechende 1-zu-1-Situationen.
Auf dem linken Flügel rückte der nominelle Außen Patrick Sussek immer wieder in den Halbraum und öffnete damit die Wege auf der Außenbahn für die Tempodribblings von Coskun. Erst in der Nachspielzeit stand Coskun wieder tiefer. Alexander Hahn wurde als weiterer kopfballstarker Spieler in den Sturm beordert und Coskun ersetzte ihn in der Absicherung. Zudem konnte der Abwehrmann seine Qualitäten im Spiel von Flugbällen einbringen, um das Spielgerät schnell von der ersten Aufbaulinie in den Strafraum zu befördern. Auch wenn ein Last-Minute-Sieg immer etwas mit Glück zu tun hat, so muss man doch anerkennen: Der MSV hatte sich den Lucky Punch auch auf taktischer Ebene verdient.
Vermutlich stellen sich viele Fans nur die Frage, wieso Hirsch Woche für Woche so früh im Spiel so elementare Änderungen bei Personal und Taktik vornimmt. Meine Vermutung ist: Dietmar Hirsch und sein Team beziehen schon vor dem Anpfiff die Option, fünfmal zu wechseln, ganz bewusst bei der Entwicklung der Matchpläne ein. Ziel ist es, für jede Spielphase die bestmögliche Elf und Taktik aufs Spielfeld zu schicken.