Schermbeck. Der erfahrene Neuzugang für die SVS-Offensive spricht im Interview über die Corona-Pause, seine Zeit in der Türkei und einen Führungsanspruch.

Seine Verpflichtung war ein Paukenschlag und gleichzeitig eine Kampfansage an die Konkurrenz. Mit Neuzugang Timur Karagülmez hat sich Fußball-Oberligist SV Schermbeck ungemein viel Erfahrung und die Aussicht auf zahlreiche Treffer gesichert. In der Oberliga Niederrhein hat der 31-jährige Offensivakteur, der zuletzt beim 1. FC Bocholt kickte, in 60 Partien gleich 35-mal geknipst. Die NRZ hat mit dem Schermbecker Hoffnungsträger gesprochen.

Herr Karagülmez, mit Ihrer Verpflichtung hat der SV Schermbeck ein deutliches Zeichen setzen können. Wie kam es zu diesem Vereinswechsel.

Cem Kara, der Sportliche Leiter des SVS, hatte sich spontan bei mir gemeldet, als er mitbekommen hatte, dass die Verhandlungen mit meinem alten Verein, dem 1. FC Bocholt, stockten. Kara hatte mich im vergangenen Jahr bereits angefragt, aber da hatte ich noch einen laufenden Vertrag dort. Diesmal aber hat er nicht locker gelassen. Zudem ist mein Weg nun deutlich kürzer. Ich lebe in Gelsenkirchen, und bis Bocholt hatte ich immer eine Fahrzeit von rund einer Stunde. Das ist nun deutlich weniger geworden. Ausschlaggebend aber war, dass der Verein in den nächsten zwei, drei Jahren große Ambitionen hat.

Cem Kara hatte sich festgebissen

Das hängt natürlich auch mit Ihrer Verpflichtung zusammen.

Wahrscheinlich. Jedenfalls hatte sich Kara richtig festgebissen. Und da dachte ich mir, wenn ein Verein so sehr von deinen Qualitäten überzeugt ist, dann muss das einfach die richtige Entscheidung sein.

Haben Sie schon erste Eindrücke gewinnen können?

Bislang habe ich erst einmal die Anlage kennengelernt. Da ist mit dem Bau des Abrahamhauses und einigen anderen Dingen richtig viel passiert. Persönlich bin ich lediglich Cem Kara und dem Vorsitzenden Michael Steinrötter begegnet. Mit meinem neuen Trainer Sleiman Salha hatte ich bislang lediglich telefonisch Kontakt. Aber ich kenne tatsächlich viele Spieler aus früheren Zeiten. Mit einigen von ihnen habe ich schon gemeinsam bei anderen Vereinen gespielt. Rund die Hälfte der Mannschaft ist mir bereits bekannt.

Nun hat die Corona-Krise den Amateursport lange Zeit lahmgelegt. Wie sind Sie selbst durch die Krise gekommen?

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Eigentlich sehr gut. Ich bin körperlich fit, habe sehr viel gearbeitet und fühle trotz meiner 31 Jahre noch immer den Kämpfer in mir. Ich habe den Fußball wirklich vermisst. Dieses Gefühl, auf dem Platz zu stehen, ist einfach nicht zu ersetzen.

Karagülmez will das Maximum herausholen

Sie haben von den Ambitionen des SVS gesprochen. Wohin soll die Reise gehen?

Wir wollen das Maximum aus der Mannschaft herausholen. Ob es am Ende für eine Platzierung ganz oben reicht, wird man dann sehen. Die Pause war lang, die Ambitionen sind groß und was die Qualitäten des Teams angeht, hat Salha einen spielerisch sehr starke Mannschaft beisammen. Das ist sicher.

Im Kader sind ja einige Spieler, die Regionalliga-Erfahrung haben Und es sind viele junge, hungrige Spieler dabei, die auch schon auf hohem Level gekickt haben. Da werden Sie möglicherweise eine Führungsrolle innehaben.

Da ich ohnehin nicht der allerruhigste Spieler bin, übernehme ich gern auch die Verantwortung. Schon in meiner Jugendzeit hatte ich zumeist die Kapitänsrolle inne. Wichtiger aber ist noch, dass ich mir den Respekt der Mannschaft über gute Leistungen im Training wie im Spiel verdiene. Ich bin mir der Größe der Aufgabe bewusst. Also ist der Aufstieg in die Regionalliga ein realistisches Ziel. Wenn alles funktioniert, ist sicher vieles möglich. Aber das kann man doch nicht vorhersagen. Sollten wir einen Lauf haben, dann kommt auch das Selbstvertrauen, und dann bekommt man auch ein gutes Gefühl für den Erfolg. Dann können wir sicher oben mitspielen.

Zeit in der Türkei „das Beste, was mir passiert ist“

Sie haben ein recht bewegtes Fußballerleben hinter sich. Als Profi haben Sie mehrere Jahre in der Türkei gekickt.

Das war das Beste, was mir passiert ist. Ich hatte schon in Deutschland darauf hingearbeitet, allerdings hat das nicht so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt hatte. Keine Ahnung, warum. Ich hatte damals in Essen-Kray in der Oberliga eine richtig gute Saison hingelegt, und wir sind damals in die Regionalliga aufgestiegen. Es gab damals Angebote, aber es war nichts Adäquates dabei. Also habe ich mich für den Weg in die Türkei entschieden. Auch das war zunächst nicht einfach, aber nach einer gewissen Zeit lief es dann richtig gut. Das war eine tolle Zeit, auch wenn klar war, dass ich damit am Ende meiner Karriere sicher nicht ausgesorgt haben würde. Ich kann sagen, dass ich schon sehr stolz auf das bin, was ich erreicht habe.

Timur Karagülmez vom SV Schermbeck schaffte in der Türkei mit Manisaspor den Aufstieg in die 2. Liga. 
Timur Karagülmez vom SV Schermbeck schaffte in der Türkei mit Manisaspor den Aufstieg in die 2. Liga.  © privat | Foto:

Vor zwei Jahren nun sind Sie zurückgekehrt.

Ich war damals auf Familienbesuch in Deutschland, als ein ehemaliger Mitspieler mich anfragte, ob ich Interesse hätte, in Bocholt zu kicken. Ich habe mir das angehört, fand vieles richtig gut und habe dann dort unterschrieben. Auch, weil ich zeitgleich eine berufliche Perspektive bekommen habe. Das war aber ein großer Zufall, dass diese beiden Dinge zusammen kamen.

Berufliche Perspektive aufgezeigt

Beim SV Schermbeck werden Sie das Geld sicher auch nicht in Schubkarren nach Hause fahren.

Sicher nicht. Man geht nicht zum SVS, um dort sein Geld zu machen. Aber mein Engagement in Schermbeck ist auch wieder mit einer beruflichen Perspektive verbunden, die mir Cem Kara aufgezeigt hat. Kara hat tatsächlich alles getan, um mich zu überzeugen. Wir haben viel gesprochen, er hat sich meine Meinung angehört, er hat sehr viel Geduld bewiesen und ist mir in vielen Dingen entgegengekommen. Das alles hat mir großen Bock auf dieses Projekt gemacht. Es gibt für einen Fußballer nichts besseres, als dass der Verein und der Trainer voll hinter dir stehen. Diese Wertschätzung ist aber auch zugleich eine Verpflichtung. Ich muss jetzt liefern.

Ihr Engagement ist zunächst einmal auf eine Spielzeit begrenzt.

Ja, obwohl ich nicht der Typ bin, der jedes Jahr wechseln möchte. Wenn es aber erfolgreich läuft, können sicher auch noch weitere Jahre dazu kommen.