Oberhausen. In der Brust des Fußball-Lehrers bei RWO schlagen zwei Herzen. Er ist für gute Ausbildung, aber wo bleiben die kleinen Vereine?

Auf den hochklassigen Jugendfußball kommen große Änderungen zu. Mit dem Ende der laufenden Saison hören die Bundesligen für A- und B-Junioren, bislang in drei regionale Staffeln aufgeteilt, auf zu existieren – und werden durch die „DFB-Nachwuchsliga“ ersetzt. Der wichtigste Unterschied für die Proficlubs: Ihr Nachwuchs kann nun nicht mehr aus der Topliga absteigen. Die 57 deutschen Vereine, die aktuell ein Nachwuchsleistungszentrum betreiben, sind „unabsteigbar“ – oder anders ausgedrückt: Sie sind fortwährend qualifiziert

Doch wie ist es mit denen, die irgendwo dazwischen arbeiten, wie es in Oberhausen RWO oder Arminia Klosterhardt tun. Die mal ganz oben dabei sind, die um den Aufstieg kämpfen oder in der höchsten Spielklasse um den Klassenerhalt spielen. Dies gilt in dieser Saison etwa für die U17 von RWO, die versucht, in der Bundesliga zu bleiben. Dies gilt für U17-Herbstmeister von Arminia Klosterhardt, die in der U17-Niederrheinliga vorne liegen.

Wie geht es bei den Kleinen weiter, die mitten drin sind, aber nie ganz oben?

Lohnt es sich für diese Vereine noch, Großes anzustreben, wenn ausschließlich von Profi-Clubs finanzierte Nachwuchsleistungszentren unter sich sein wollen und ausbilden, wie es die kleineren niemals könnten.

Wir sprachen mit Mike Terranova, Leiter des Jugendleistungszentrums bei RWO. Der Verein hatte im Zuge der Zweitligazugehörigkeit von 2011 bis 2022 ein DFB-zertifiziertes und (teuer) lizenziertes Nachwuchsleistungszentrum betrieben, um hochklassig auszubilden. Dann gab RWO aus Kostengründen die Lizenz ab und versucht seitdem, so gut wie möglich über die Runden zu kommen.

Arbeiten am Klassenerhalt der U17: Ken Asaeda (r.), Mike Terranova und Co-Trainer Ismail Jaroui (l.).
Arbeiten am Klassenerhalt der U17: Ken Asaeda (r.), Mike Terranova und Co-Trainer Ismail Jaroui (l.). © Oberhausen | Kerstin Bögeholz

Terranova: „Zunächst mal ist der Ansatz richtig, in Ausbildung zu investieren und nicht immer auf Ergebnisse spielen zu lassen. Das ist auf lange Sicht sicher vernünftig“. Immerhin werde das in England schon lange so gemacht, die Erfolge im Nachwuchsbereich unterstreichen diesen Ansatz. Angriffsfußball solle gespielt werden, so wie er in der Youth League zu sehen sei.

Mike Terranova: „Ausbildung ist wichtiger als Ergebnisse - aber wenn man die braucht?“

„Hoch und weit bringt Sicherheit, mit diesem Ansatz kommen wir im Fußball nicht weiter. Wir brauchen ein gutes Ausbildungssystem“, weiß Terranova.

Bei Rot-Weiß sieht er dann aber auch die Kehrseite der Medaille: „Wer auf Ergebnis spielen muss, um drin zu bleiben, der hat jetzt richtig Druck. Das gelte etwa für die U17 von RWO, die in der Bundesliga um den Klassenerhalt kämpft, genau wie andere Kleine wie Waltrop, die jetzt gegen RWO den ersten Sieg gelandet haben. Nicht reich und beständig genug, um immer sicher in Eliteklassen mitspielen zu können, aber manchmal eben gut genug, um halbwegs mithalten zu können.

Seit Rafael Garcia (r.) die U19 mit übernommen hat, geht es aufwärts, links Co-Trainer Mike Sergio Terranova.
Seit Rafael Garcia (r.) die U19 mit übernommen hat, geht es aufwärts, links Co-Trainer Mike Sergio Terranova. © Oberhausen | Frank Oppitz

Terranova sieht in den Details der Ligenplanung aber auch noch den DFB gefordert, die Pläne besser auszuarbeiten und über die Verbände zu transportieren: „Sie sollen beweisen, dass es ihnen wirklich auf Entwicklung ankommt, auf Fußball spielen, nicht arbeiten.“ Warum etwa die U15 von diesen Neuerungen ausgschlossen ist und nur die U19 und U17 reformiert werden, versteht er nicht. „Es gibt schon länger den Revier-Cup, der hat in der Altersklasse gute Ergebnisse gezeitigt.

Ausbildung wird immer teurer und kann nicht von vielen bezahlt werden

Ihm als Fußball-Lehrer muss es um die Entwicklung von Talenten gehen, um letztlich im Seniorenbereich in der Spitze mitspielen zu können. Aber er sieht auch, dass sich die Kluft vergrößern wird: „Alles kostet immer mehr Geld und das werden sich viele bald nicht mehr leisten können. Es wird immer mehr und mehr“ sieht er die von Profi-Vereinen gesteuerten Nachwuchsleistungszentren den Kleinen immer weiter davon laufen. Denn letztlich sind es die Vereine, die Fernsehgelder kassieren, die sich teure Ausbildungszentren praktisch nebenbei leisten können.

Justin Heekeren, hier im Einsatz für Schalke II, bei deren Auftritt im Stadion Niederrhein.
Justin Heekeren, hier im Einsatz für Schalke II, bei deren Auftritt im Stadion Niederrhein. © FUNKE Foto Services | Micha Korb

Das konnte RWO nie, hat aber trotzdem mit Max Meyer, Felix Paßlack, Gideon Jung, Chris Führich oder Justin Heekeren recht viele Akteure für den Profi-Bereich ausgebildet oder diente denen als wichtige Zwischenstation. Doch statt ordentlicher Ausbildungsvergütungen gab es in den meisten Fällen mal eine Fritz-Walter-Medaille für erfolgreiche Jugendarbeit.

Lediglich bei Justin Heekerens Wechsel zu Schalke 04 war RWO so geschickt, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und kassierte bei dessen erstem Profi-Einsatz. „Das war es aber auch, jetzt gäbe es nur noch etwas bei einem Wechsel ins Ausland“, weiß Terranova, dass der Schalke-Geldsegen erst einmal beendet ist.

Ordentliche Ausbildungsvergütungen sind die Ausnahme

Der Deutsche Fußball-Bund den Modus für die neue Liga veröffentlicht. Ganz einfach ist er nicht. Die automatische Qualifikation dieser 57 Vereine bedeutet übrigens nicht, dass der Nachwuchs der Amateurvereine nicht an der neuen Topliga teilnehmen kann. Zur Startsaison 2024/25 sind alle 57 NLZ-Vereine qualifiziert sowie alle Nicht-NLZ-Vereine, die entweder in den Bundesligen den Klassenerhalt schaffen oder in die Bundesligen aufsteigen. Maßgeblich ist nun, dass die Saison grundsätzlich zweigeteilt ist. Je nach Zahl der teilnehmenden Vereine – und diese Zahl kann künftig variieren – werden die Mannschaften nach regionalen Gesichtspunkten, die nicht unbedingt Verbandsgrenzen widerspiegeln müssen, in Gruppen zu maximal acht Mannschaften aufgeteilt. Durch Hin- und Rückspiel ergeben sich damit 14 Spiele.

Danach erreichen die Ersten und Zweiten dieser Gruppen sowie die besten Dritten zur Rückrunde die „Liga A“, die aus vier Gruppen zu sechs Teams bestehen wird. So kommen zehn weitere Spiele hinzu. Die Ersten bis Vierten der Liga A erreichen das Achtelfinale um die Deutsche Meisterschaft, die im K.-o.-Verfahren ausgetragen wird.

In der „Liga B“ werden erneut Gruppen mit maximal acht Teams gebildet. Hier kommen bereits zur Rückrunde elf Mannschaften aus den zweithöchsten Spielklassen, hierzulande ist das die Niederrheinliga, hinzu. Praktisch wird dies der Hinrundensieger der Niederrheinliga sein. Nicht-NLZ-Vereine, die in ihrer Liga-B-Gruppe mindestens Vierter werden, bleiben zur neuen Saison in der DFB-Nachwuchsliga; das gilt freilich auch für die Nicht-NLZ-Vereine, die sogar die Liga A erreicht haben. Jede Saison beginnt künftig mit den genannten Vorrunden-Gruppen, die Aufteilung in Liga A und Liga B erfolgt stets erst zur Rückrunde.

mit Friedhelm Thelen