Oberhausen. Seit Dienstag sind die städtischen Sportstätten, Fitness-Studios und Kampfsportschulen in Oberhausen geschlossen. Ortsbesuch zeigt die Folgen.

Auf den ersten Blick scheint in Peter’s American Gym alles seinen gewohnten Gang zu gehen. In der ältesten Muckibude in Nordrhein-Westfalen werden die Hanteln in die Höhe gestemmt, die Beinpressen gedrückt und am Crosstrainer ordentlich geschwitzt. „Heute will es jeder nochmal wissen“, scherzt Peter Hülsender, Gründer des Fitness-Studios an der Rolandstraße. Denn seit dem gestrigen Dienstag sind neben den städtischen Sportanlagen auch Fitness-Studios und andere Sportbetriebe bis zum 19. April geschlossen. Eine Zwangspause, die nicht nur den sportlichen Alltag ordentlich ins Wanken bringt.

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„Natürlich macht man sich seine Gedanken, wie und ob es weitergeht“, sagt Markus Rosin, seit 2009 Besitzer des American Gym. „Die Gesundheit ist das A und O, keine Frage. Doch früher oder später wird die Corona-Krise auch zu einem Wirtschaftsfaktor, dessen Folgen noch keiner vorhersagen kann.“ Dem schließt sich auch Peter Hülsender an: „Besonders die kleinen Betriebe werden um ihre Existenz kämpfen müssen.“

„Normalerweise gibt sich hier jeder die Hand zur Begrüßung“

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Doch nicht allein die wirtschaftlichen Sorgen sind allgegenwärtig. Schließlich wird den Mitgliedern, die teils seit über 40 Jahren kommen, auch eine soziale Komponente genommen. „Normalerweise gibt sich hier jeder die Hand zur Begrüßung“, merkt Hülsender an und ergänzt. „Die meisten kommen drei- oder viermal die Woche. Auch zum Plausch bei einem Kaffee.“

Dabei ist die Solidarität im American Gym weiterhin groß. „Dann machen wir eben mehr Liegestütze zu Hause und kommen genauso fit zurück“, so haben sich einige schon ein alternatives Trainingsprogramm im Kopf zusammengestellt. „Das erinnert mich an die Zeit, als ich vor 50 Jahren anfing. Jetzt ist dieser Erfindergeist wieder gefragt“, macht sich Hülsender selbst Mut, bevor um 21 Uhr auch der letzte Besucher sein Studio verlässt. „Peter, wir sehen uns schon bald wieder.“

„Es war schon eine etwas bedrückte Stimmung zu spüren“

Hat sich mit seiner eigenen Kampfsportschule einen Lebenstraum erfüllt: Mike Kaul in der Fight Residenz.
Hat sich mit seiner eigenen Kampfsportschule einen Lebenstraum erfüllt: Mike Kaul in der Fight Residenz. © Funke Foto Services GmbH | Kerstin Bögeholz

Auch für Mike Kaul, Inhaber der Fight Residenz an der Weierstraße, ging am Montagabend die vorerst letzte Trainingseinheit zu Ende. „Es war schon eine etwas bedrückte Stimmung zu spüren“, so der 34-Jährige, der es 2002 und 2003 bis zum Deutschen Taekwondo-Meister schaffte. Vor sechs Jahren erfüllte sich Kaul mit seiner eigenen Kampfsportschule einen Lebenstraum, machte seine Leidenschaft zum Beruf: „Klar, dass da in den nächsten Wochen was fehlen wird.“

Schon in den vergangenen Tagen wurde in der Fight Residenz der Faktor Hygiene groß geschrieben. An den Türen wurden Desinfektionsmittel aufgestellt, vor und nach jeder Einheit die Kampfsportfläche gereinigt. „Viele Eltern haben mich angeschrieben und immer wieder gefragt: Hast du noch auf, ist bei dir noch alles sicher?“ Doch jetzt ist erstmal Schluss mit Taekwondo, Kick- und Thaiboxen oder den Selbstverteidigungskursen.

„Wir sitzen alle im selben Boot und können da nur gemeinsam wieder rausfinden“

Dabei hofft Mike Kaul, dass der Stillstand nicht allzu lange anhält. „Die laufenden Kosten wie Miete oder Strom sind ja weiter zu bezahlen. Eine gewisse Zeit kann man das überbrücken. Nur die Frage ist, wie lange dauert dieser Zustand?“Für seine Kunden selbst will sich Kaul in den nächsten Tagen Trainingsideen für zu Hause einfallen lassen und über die Sozialen Medien weiter in Kontakt bleiben.

„Wochenlang ohne Sport? Das kann ich mir nicht vorstellen“, so Kaul, der bei all dem Trubel der vergangenen Tage seinen Optimismus nicht verloren hat. „Panik hilft keinem. Wir sitzen alle im selben Boot und können da nur gemeinsam wieder rausfinden.“

Panik ist auch bei Sydnee Ingendorn nicht zu spüren. „Momentan bleibt vieles noch beim Alten. Nur dass ich jetzt im Garten sitze und eben nicht in der Halle bin.“ In der Heinrich-Böll-Halle in Schmachtendorf, wo die Kunstturner der 3. Liga und der Nachwuchs normalerweise am Reck oder am Barren trainieren, herrscht derzeit gähnende Leere. „In unserem kleinen Rahmen war das Training sicherlich durchaus überschaubar, doch die Entscheidung ist richtig“, sagt der KTTO-Trainer.

Individuelle Trainingspläne

KTTO-Trainer Sydnee Ingendorn hat seinen Schützlingen individuelle Trainingspläne für die Zwangspause mitgegeben.
KTTO-Trainer Sydnee Ingendorn hat seinen Schützlingen individuelle Trainingspläne für die Zwangspause mitgegeben. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Wichtig, so Sydnee Ingendorn weiter, sei aber, dass trotz des derzeit fehlenden Trainingsorts kein körperlicher Stillstand herrscht. Deshalb soll die Zeit bis zu den Osterferien mit individuellen Trainingsplänen sinnvoll überbrückt werden. „Unabhängig von dem Virus ist es immer eine gute Alternative, sich mit einfachen Standardübungen, die mit dem eigenen Körpergewicht zu praktizieren sind, in Form zu bleiben“, so der Sportwissenschaftler, der auch als Personaltrainer arbeitet.

Zudem könnten viele die dazugewonnene Freizeit mit dem Partner oder den Kindern nutzen, um in der Gemeinschaft aktiv zu sein. „Viele haben sicherlich die Sorge, dass ihnen schon bald die Decke auf den Kopf fällt. Umso wichtiger ist es, die Langeweile gemeinsam zu bekämpfen“, macht Ingendorn deutlich.

„Wir als Turner überstehen das“

Was seinen Stammverein, den TC Sterkrade 69, angeht, macht sich der KTTO-Trainer momentan keine Sorgen. Schließlich seien auch die Mitglieder an der Zukunft ihres Vereins interessiert. „Deshalb hoffe ich, dass keiner während der Ausfallzeit seine Mitgliedsbeiträge anteilig zurückverlangt.“

Dies gelte auch für Fitness-Studios und andere Sportbetriebe. Dabei weiß Ingendorn auch, dass die Situation bei anderen Vereinen deutlich angespannter ist. „Wir als Turner überstehen das, weil wir keine Millionenbeträge verpulvern. Aber für viele Klubs, besonders im Fußball wie RWO, ist der Verlust der Zuschauereinnahmen ein gewaltiges Problem.“

Doch egal, wie es letztlich weitergeht, schließt Sydnee Ingedorn mit den Worten ab. „Es ist eine Bewährungsprobe für uns alle. Und die hat gerade erst begonnen.“