Am Niederrhein. Der Trainer vom Fußball-Bezirksligisten FC Neukirchen-Vluyn, Abdelaziz Zenzoul, Urgestein vom GSV Moers, startet neuen Lebensabschnitt.

In finanziellen Dingen verhält er sich im Sport etwa so, wie es einst Uwe Seeler beim Hamburger SV getan hat. Abdelaziz Zenzoul hat sich nie mit Geld von einem Verein, bei dem es ihm gefällt und er sich pudelwohl fühlt, weglocken lassen. Das Millionenangebot, was „Uns Uwe“ 1961 von Inter Mailand abgelehnt hat, weil er lieber an der Waterkant für „seinen“ HSV weiterspielen wollte, hat Zenzoul zwar nie erhalten. Aber mit dem SC Schiefbahn, dem VfB Homberg oder eben dem Bundesliga-Gründungsmitglied MSV Duisburg erreichten ihn Anfragen, die durchaus sein Leben kräftig hätten beeinflussen können. Sportlich wie auch neben dem Fußballplatz. Doch damals spielte der junge „Aziz“ beim GSV Moers und wollte von dort schlichtweg nicht weggehen.

Mit seiner Frau und den vier Mädchen lebt er in Moers

„Ich habe mich da sehr wohlgefühlt“, so die einfache wie einleuchtende Begründung des mittlerweile 47-Jährigen, der in Marokko geboren ist und mit sechs Jahren nach Deutschland kam. Zuerst nach Rheinhausen, aber bereits ein Jahr später ging‘s nach Moers. Dort, in Meerbeck, lebt Abdelaziz Zenzoul mit seiner Frau und seinem Töchter-Quartett, mit den fünf, neun, 13 und 18 Jahre alten jungen Damen, immer noch. Auch in diesen Dingen ist er absolut bodenständig und zuverlässig.

Das waren 2017 die Neuzugänge beim TV Asberg mit: (hinten, von links) Benjamin Reetz (Trainer), Ado Massoeur (Mittelfeld), Abdelmalek Zenzoul (Co-Trainer, Mittelfeld), Danilo Serra (Abwehr), Christian Kanzok (Teammanager); (vorne von links) Sven van Dyck (Mittelfeld), Thomas Wilbers (Torwart) und Abdelaziz Zenzoul (Mittelfeld). Fehlend, aber mit einer Art Ersatz mit auf dem Bild waren damals (vorne von linke) Julian „Steini“ Steinitz und Andre „Fanta“ Hüsken.
Das waren 2017 die Neuzugänge beim TV Asberg mit: (hinten, von links) Benjamin Reetz (Trainer), Ado Massoeur (Mittelfeld), Abdelmalek Zenzoul (Co-Trainer, Mittelfeld), Danilo Serra (Abwehr), Christian Kanzok (Teammanager); (vorne von links) Sven van Dyck (Mittelfeld), Thomas Wilbers (Torwart) und Abdelaziz Zenzoul (Mittelfeld). Fehlend, aber mit einer Art Ersatz mit auf dem Bild waren damals (vorne von linke) Julian „Steini“ Steinitz und Andre „Fanta“ Hüsken.

Ab der kommenden Saison ist er nun der neue Trainer der ersten Fußballmannschaft vom FC Neukirchen-Vluyn in der Bezirksliga. Bei dem Verein war er zuvor bereits Coach der Reserve. Zusammen mit seinem sieben Jahre jüngeren Bruder Abdelmalek, der nun auch mit ihm die „Erste“ trainiert. „Mein Bruder ist sehr wichtig für mich, wir besprechen und treffen alle Entscheidungen gemeinsam“, so Abdelaziz Zenzoul. Sein Bruder hat ihn auch zum TV Asberg locken können. Zur Saison 2016/2017 war das. Davor lag allerdings gefühlt ein Leben beim GSV Moers. Und das kam so.

Rolf Nußbaum hat den neunjährigen Abdelaziz Zenzoul zum GSV Moers geholt

„Wir haben auf der Straße gekickt“, erinnert sich der neue FC-Coach. „Rolf Nußbaum hat uns gesehen, hat geschaut, wo ich wohne und dann meinen Vater gefragt, ob ich nicht im Verein beim GSV spielen dürfte.“ Vater Zenzoul wollte, dass sein Sohn beaufsichtigt wird und was Vernünftiges macht. So landete der neunjährige Dreikäsehoch zur Saison 1985/1986 auf der Grafschafter Kampfbahn, an der Dr.-Hermann-Boschheidgen-Straße 2, der ehemaligen Heimat des GSV Moers in der E-Jugend. „Rolf Nußbaum hat uns bis zur B-Jugend trainiert“, erinnert sich Abdelaziz Zenzoul. „Von ihm habe ich echt eine gute Ausbildung genossen“, schätzt er immer seinen ersten Coach hoch ein.

Eine eher seltene Szene: Abdelaziz Zenzoul (links) für den GSV Moers am 11. Dezember 2011 im erfolgreichen Kopfballduell gegen Bilal Kayaoglu vom FSV Duisburg.
Eine eher seltene Szene: Abdelaziz Zenzoul (links) für den GSV Moers am 11. Dezember 2011 im erfolgreichen Kopfballduell gegen Bilal Kayaoglu vom FSV Duisburg. © WAZ FotoPool | Stephan Eickershoff
Eine eher häufige Szene: Abdelaziz Zenzoul (links) für den GSV Moers häufig eher am Ball als seine Gegenspieler, wie hier vom SV Mönchengladbach am 9. November 2013.
Eine eher häufige Szene: Abdelaziz Zenzoul (links) für den GSV Moers häufig eher am Ball als seine Gegenspieler, wie hier vom SV Mönchengladbach am 9. November 2013. © WAZ FotoPool | Ute Gabriel

Was den eher 1,71 Meter kleinen Mittelfeldspieler Abdelaziz Zenzoul immer auszeichnete, war seine ungeheure Antrittsschnelligkeit, seine Endgeschwindigkeit, die Ausdauer und dass er nahezu von Karriere bedrohenden Verletzungen verschont geblieben ist. „Ich bin einmal elf Wochen mit einem Mittelfußbruch ausgefallen. Das muss die Saison 2002/2003 gewesen sein“, kramt er in seinen Erinnerungen. „Und 2004/2005 sechs Wochen mit einem Innenbandriss“, schiebt er nach. An die Rückenschmerzen, die ihn 2013 als 36-Jähriger während der Landesliga-Meisterschaft beim GSV außer Gefecht gesetzt hatten, denkt er eher nicht. Diese Probleme waren eben weniger ausschließlich auf den Fußball als auf seinen Job zurückzuführen.

15 Jahre als Filialleiter gearbeitet

Denn Abdelaziz Zenzoul hatte nach seinem Fachabitur zuerst in der Holzhandlung Dammers gearbeitet und sich später beim dänischen Bettenlager im Kauf- und Einzelhandel beworben. Die hatten ihn allerdings umgehend gefragt, ob er sich nicht eine Filialleitung vorstellen können. „Aziz“ konnte und arbeitete am Ende insgesamt 21 Jahre in Neukirchen-Vluyn, Moers und Rheinberg für das Unternehmen, das später in Jysk umbenannt wurde, über 15 Jahr davon als Filialleiter. Doch im April 2023 wurde er schwach bei einer Abwerbung. Nun arbeitet er bei der Move-Autovermietung, die schon ein Jahr früher versucht hatten ihn an sich zu binden. Und wieder fühlt er sich pudelwohl.

Der MSV Moers am 17. Juli 2016 im alten Rheinpreußen-Stadion mit den Spielern: (von links oben nach rechts unten) Jamal Kichou, Bekir Acuner, Kadir Dökmecioglu, Danilo Serra, Sven van Dyck, Dustin Ronnes, Marcel Hau, Sven Richter, Jasmin Karisek, Samet Altun, Holger Klust (Torwart-Trainer), Andre Schulte (Co-Trainer), Kevin Jellessen, Andre Hecker, Andre Hüsken, Carsten Röll, Raphael Weigel, Sebastian Balitzki, Julian Steinitz, Marc Al-Rishan, Mert Ödzil, Mohamed Scheffler und Abdelaziz Zenzoul.
Der MSV Moers am 17. Juli 2016 im alten Rheinpreußen-Stadion mit den Spielern: (von links oben nach rechts unten) Jamal Kichou, Bekir Acuner, Kadir Dökmecioglu, Danilo Serra, Sven van Dyck, Dustin Ronnes, Marcel Hau, Sven Richter, Jasmin Karisek, Samet Altun, Holger Klust (Torwart-Trainer), Andre Schulte (Co-Trainer), Kevin Jellessen, Andre Hecker, Andre Hüsken, Carsten Röll, Raphael Weigel, Sebastian Balitzki, Julian Steinitz, Marc Al-Rishan, Mert Ödzil, Mohamed Scheffler und Abdelaziz Zenzoul. © FUNKE Foto Services | DIANA ROOS

Dass er etwa mit 37 Jahren beim GSV aussortiert werden sollte, schmeckt ihm selbst heute noch nicht. Er hatte in der Stammelf von Trainer Siggi Sonntag gestanden, die zur Saison 2007/2008 in die Verbandsliga aufgestiegen war, was der heutigen Oberliga entspricht. Siggi Sonntag durfte mit dieser Mannschaft nicht weitermachen, musste den GSV verlassen. Danach und davor hat Abdelaziz Zenzoul zahlreiche Trainer kennen und etliche auch schätzen gelernt. Über Josef Cherfi, Horst Riege, Werner Wildhagen bis hin zu seinem alten Freund Tim Wilke. Mit dem hatte er immerhin sechs Jahre zusammengespielt und erlebte ihn bei seinem dreijährigen Intermezzo beim MSV Moers von 2014 bis 2017 als Trainer. Dorthin hatte es ihn mit 38 Jahren – leicht verschnupft – nach dem GSV verschlagen. Danach folgten weitere drei Jahre beim TV Asberg, wo er auch erstmalig als Trainer aktiv wurde. In der Saison 2018/2019 hatte er dort die B-Junioren unter seine Fittiche.

Aufstieg mit dem FC Neukirchen-Vluyn ist keine Pflicht

Und nun den Bezirksligisten FC Neukirchen-Vluyn, bei dem er nach der beeindruckenden Siegesserie in der Rückrunde der vergangenen Saison in die großen Fußstapfen seines Vorgängers Anel Pedlijc tritt. „Anel und ich verstehen uns super, sprechen viel miteinander“, so der Nachfolger. Immerhin ist Pedlijc dem FC als Sportlicher Leiter treu geblieben. „Wir haben eine gute Mischung in der Mannschaft, mit Routiniers und jungen Leuten, die sich alle super verstehen“, sagt Zenzoul. Zwingend aufsteigen müssen er nicht“, versichert er. Doch nach den zuletzt erfolgreichen Testspielen würde ihn beim FC auch niemand bremsen wollen. Und offensichtlich fühlt er sich an der Tersteegenstraße richtig wohl: „Mich zieht so schnell nix weg.“ Für den FC Neukirchen-Vluyn ein Glücksgriff mit Planungssicherheit.