Kamp-Lintfort. Für Neuzugang Hannah Haase hat beim TuS Lintfort ein zeitlicher Spagat begonnen: Die Zweitliga-Handballerin arbeitet als Polizistin in Olpe.
In Köln wohnen, in Olpe als Polizistin im Wachdienst arbeiten, in Kamp-Lintfort auf Zweitliga-Niveau Handball spielen: Für Hannah Haase hat eine Zeit der großen sportlichen und privaten Herausforderung mit der ersten Vorbereitungsphase beim TuS Lintfort begonnen. Und damit eine beträchtliche Zeit hinter dem Steuer auf der Autobahn. Die A4 ins Bergische Land hinein und die linksrheinische A57 gen Niederrhein dürfte die 26-jährige neue Rückraumspielerin im TuS-Aufgebot bald in- und auswendig kennen. Vom Dienst in Olpe direkt zum Training in die Eyller Sporthalle macht lockere 1:45 Stunde Fahrt – ohne Stau.
Lob von TuS-Manager Ulrich Klein
„Ich wollte schon immer Profisport versuchen, mit 26 Jahren ist es dazu noch nicht zu spät. Der Reiz ist groß. Und der TuS Lintfort gibt mir nun die Chance, mich zu versuchen“, betont Hannah Haase.
Die Rückraumspielerin von Fortuna Köln hat sich in der neuen Mannschaft von Trainerin Bettina Grenz-Klein bisher recht gut geschlagen. „Hannah hat sich extrem schnell eingefügt. Es sieht beim Training so aus, als wäre sie schon Jahre mit dabei“, lobt TuS-Manager Ulrich Klein nach dem ersten Teil der Vorbereitung.
Nach einer knapp zweiwöchigen Pause geht es für die Lintforter Zweitliga-Frauen in dieser Woche mit dem Training und der dann ernsthafteren Saisonvorbereitung weiter – nun mit dem Wissen, dass trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie nun auch wieder Testspiele möglich sind.
Mit Corona hat Hannah Haase auch berufsbedingt täglich zu tun. Den anfangs strengeren Regeln für alle gewinnt die Polizistin aber auch Gutes ab. „Es gab weniger Unfälle, weniger Einbrüche, weniger Diebstähle. Das war auffällig“, sagt Haase. Die kann sich als Dienstplanerin – ein gewichtiger Vorteil – ihre Früh- oder Spätschichten weitgehend selber einteilen und auf die Einsätze für den TuS Lintfort abstimmen. Dazu auch freie Tage für aufwendige Auswärtsspiele ansetzen.
Jeder Polizei-Einsatz eine Herausforderung
Haases Beruf ist fordernd. Auch in einer Stadt wie Olpe. „Die Gegend ist zwar ländlicher als Köln, wo ich meine Ausbildung in der City gemacht habe. Die Bürger bringen uns auch mehr Respekt entgegen“, betont Hannah Haase, „trotzdem kann jeder Einsatz herausfordernd oder gar gefährlich sein. Man weiß nie genau, was passiert. Ein Stück Risiko ist immer mit unterwegs. Deswegen sind wir in der Regel auch zu zweit im Einsatz – damit das Risiko minimiert wird.“
Haases Plan ist es, vielleicht im neuen Jahr wieder näher ihrer Kölner Heimat im Einsatz zu sein. Das würde natürlich auch beim Handball helfen. Weniger Autobahn-Kilometer heißen: mehr Kraft und Konzentration für die Mannschaft.
Von Bundesliga-Spielerin Prudence Kinlend lernen
Beides dürfte von Nöten sein. Hannah Haase ist für die Rückraummitte im Konzept von TuS-Trainerin Bettina Grenz-Klein eingeplant. Bei Fortuna Köln war die Rechtshänderin meist im linken Rückraum unterwegs. Und dort als Werferin eher für die Tore zuständig. „Die ersten Spiele werden für mich sicher ein Sprung ins kalte Wasser werden. Ich bin gespannt darauf zu sehen, wo meine Grenzen liegen“, betont der Neuzugang.
Was die Spielmacherposition anbetrifft, so trifft Haase in der ehemaligen Bundesliga-Torjägerin Prudence Kinlend auf eine übermächtige Konkurrentin, oder? „Ich sehe das positiv. Ich kann von Prudence sicher eine Menge lernen und abschauen. Sie hat ja einen enormen Erfahrungsschatz“, hebt Hannah Haase hervor, „außerdem ist Handball ein Teamsport. Ohne Miteinander und Köpfchen einschalten geht nicht viel. Das ist auch ein gemeinschaftlicher Reiz. Mir persönlich wäre Einzelsport zu langweilig.“
Schwimmen war in ihrer sportlichen Kindheit auch ein Thema. Dazu Fußball. Doch mit zehn Jahren blieb Haase beim schnellen, körperbetonten Handball. Bis heute.
Mit 36 Jahren als Kommissarin unterwegs
Die neue Nummer 6 im blau-schwarzen Lintforter Dress mag mit dem persönlichen Zweitliga-Einstieg allerdings nicht zu früh über die eigenen Schwachstellen urteilen. Dazu sei der Sprung von der viertklassigen Regionalliga Nordrhein in die 2. Bundesliga einfach zu groß. „Es dürften auf mich sicher andere Kaliber warten, gerade was die Abwehrarbeit anbetrifft. Im Training in Lintfort ist der Unterschied ja körperlich schon zu spüren. Ich denke aber, ich muss erst einmal ein paar Spiele auf Zweitliga-Niveau gemacht haben, um meine Grenzen zu erkennen und an Schwächen arbeiten zu können“, betont die neue Rückraumspielerin des TuS.
Wo Haase sich in zehn Jahren sieht? „Dann wäre ich 36 und hoffentlich als Kommissarin unterwegs. Darauf arbeite ich definitiv hin“, betont die Handballerin. Der Sport ist ein großer Reiz, gerade in jungen Jahren. Doch der Beruf geht vor. Auch bei Hannah Haase.
Übrigens:
Seit 2015 hat Hannah Haase für den SC Fortuna Köln in der Nordrheinliga gespielt. Davor war die Neu-Lintforterin für den SSV Overath, den TV Wallefeld und für CVJM Oberwiehl auf dem Parkett unterwegs.
Bei Fortuna Köln war die stets dynamisch aufspielende Haase mehrmals Regionalliga-Torschützenkönigin, zog sich dort aber im April 2019 einen Wadenbeinbruch zu, der sie zu einer mehrmonatigen Auszeit zwang.