Moers. Der Moerser Eishockeyprofi Christian Ehrhoff stand im NHL-Finale, im Olympiafinale und wurde Deutscher Meister mit Krefeld.
Für die meisten Profisportler ist Silber nicht die Farbe einer euphorischen Erinnerung. Das graue Metall steht in der olympischen Nomenklatur der Besten stets nur für den zweiten Platz, für den Vizemeister, den zumeist knapp Geschlagenen. Gold glänzt dazu auch optisch mehr. Silber ist blasser, grauer. Christian Ehrhoff hätte in seiner überaus erfolgreichen Karriere als Eishockeyprofi sicher gern mehr als nur einmal das glänzende Gold-Gefühl gespürt. 2003 im April, eine Ewigkeit her, holte der gebürtige Moerser mit den Krefeld Pinguinen die Meisterschaft in der Deutschen Eishockey-Liga. Damals eine handfeste Sensation.
Doch das imaginäre DEL-Gold, das die Schwarz-Gelben aus der riesenhaften KölnArena bei favorisierten Haien entführten – Ehrhoff war damals 20 Jahre jung und, dem jugendlichen Überschwang geschuldet, mit blondierten Haaren unterwegs –, verblasst durchaus.
Der Verteidiger führt schließlich noch deutlich gewichtigere Karriere-Höhepunkte in seiner Vita auf als den nationalen Titel. Natürlich zählt die olympische Silbermedaille von Pyeongchang im Februar 2018 unbedingt dazu. Finalniederlage gegen die Russen mit 3:4 in der Verlängerung hin oder her. „Dieses Silber bleibt für immer in meinem Kopf“, versicherte Ehrhoff einst nach seiner Rückkehr aus Südkorea im Interview mit der Redaktion.
NHL: Niederlage im siebten Finalspiel gegen Boston
Der Moerser ist allerdings auch deshalb der beste Eishockey-Crack vom Niederrhein, weil er sieben Jahre zuvor um den Stanley Cup gespielt hatte. Das Ungetüm aus Silber – 90 Zentimeter hoch, 16 Kilogramm schwer – gilt als wertvollste Eishockey-Trophäe der Welt. Genau darum wird in der besten Eishockey-Liga des Planeten gekämpft.
Ehrhoff war im Mai 2011 ganz nah dran, stand mit den Vancouver Canucks in der finalen Serie gegen die Boston Bruins. Dreimal gewannen die Westkanadier ihre Heimspiele mit einem Treffer Differenz: 1:0, 3:2 nach Verlängerung und noch einmal 1:0. Doch Boston glich an der Ostküste mit klaren Siegen stets aus – und zog dann im siebten und letzten Spiel in der Rogers Arena in Vancouver bei den Canucks mit einem 4:0 abrupt den Stecker.
Der Abend damals war schmerzhaft. Und dennoch: Viele deutsche Eishockeyprofis haben es in der NHL nicht bis in die Finalserie geschafft. Im Rückblick ist Silber auch hier eine Menge wert. Christian Ehrhoff darf sich also durchaus als der beste Eishockeyspieler vom Niederrhein fühlen. Auch wenn ihm dieser Titel vermutlich nicht allzu viel bedeuten mag.
118 Länderspiele für Deutschland
Die internationale Eishockey-Karriere von Christian Ehrhoff begann 1999 mit einem Fast-Abstieg. Bei der U18-Weltmeisterschaft in Kaufbeuren und Füssen kassierte das deutsche Team fünf Niederlagen am Stück, ehe im letzten Match gegen Norwegen mit einem 4:2 noch die Rettung glückte.
Für die U20 trat der Verteidiger 2001 und 2002 jeweils bei der B-WM an, avancierte beide Male zum besten Verteidiger des Turniers und feierte im zweiten Anlauf in Zeltweg und Kapfenberg in Österreich den Aufstieg in die A-Gruppe.
Auf 22 Junioren-Länderspiele sollten noch 118 Partien für die DEB-Auswahl folgen. Es wären sicher mehr geworden, hätte Ehrhoff nicht auch wegen seines Engagements in der National Hockey League (NHL) so manche Turnierteilnahme sausen lassen müssen.
77.803 Zuschauer auf Schalke
Bei vier Olympischen Spielen mischte der gebürtige Moerser allerdings mit: 2002 zunächst in Salt Lake City mit Platz acht, 2006 in Turin auf Rang zehn sowie vier Jahre später im kanadischen Vancouver als Elfter. Nach der verpassten Teilnahme 2014 im russischen Sotschi holte sich die DEB-Auswahl mit Bundestrainer Marco Sturm dann 2018 bekanntlich die Silbermedaille.
Christian Ehrhoff war auch an einer der besten deutschen Platzierungen bei der Weltmeisterschaft in der jüngeren Geschichte beteiligt. 2010 holte Deutschland bei der Heim-WM den vierten Platz.
„Der Auftaktsieg in der Schalke-Arena gegen die USA war ein Höhepunkt meiner Karriere“, sagt Ehrhoff. Im Mai vor zehn Jahren waren 77.803 Zuschauer beim 2:1 nach Verlängerung der Schützlinge von Bundestrainer Uwe Krupp dabei.
Deutschland setzte sich im Viertelfinale gegen die Schweiz mit 1:0 durch, musste sich dann aber Russland beugen. In der KölnArena siegte die Sbornaja durch einen Treffer von NHL-Profi Pavel Dazjuk in der vorletzten Spielminute mit 2:1.
Ausstieg mit 35 Jahren nach Olympia
Gut acht Jahre später sollte Ehrhoff einen wirklich wichtigen Sieg in seiner Karriere erringen. Einen, den niemand unterschätzen darf. Christian Ehrhoff erkannte den richtigen Zeitpunkt seines Abschieds vom Eis. Nach Olympia-Silber ging es nur noch für wenige Spiele weiter. Mit dem Aus der Kölner Haie im DEL-Viertelfinale war für Ehrhoff Ende März 2018 Schluss mit der harten Puckjagd.
„Der Kopf hat dann einfach Nein gesagt“, betonte der zu diesem Zeitpunkt 35-jährige Nationalspieler. Der Kopf hörte auf einen angeschlagenen Körper, der über fast zwei Jahrzehnte Eishockey-Arbeit mehr aus nur einmal über die Grenze des Machbaren hinaus gegangen war. Für ein letztlich achtstelliges Honorar durch 16 NHL-Jahre.
Und was sollte nach NHL-Finale und Olympia-Silber sportlich auch noch folgen? Kurzzeitig schien ein Engagement im Bereich der Nationalmannschaft möglich. Bundestrainer Marco Sturm, vor seinem Wechsel zu den Los Angeles Kings in die NHL in Personalunion Sportdirektor beim Deutschen Eishockey-Bund, machte im November 2018 unerwartet seinen Posten frei.
Der DEB sprach mit Ehrhoff am Rande des Deutschland Cups in Krefeld, wo der Ex-Profi schon zur aktiven Zeit ein Haus gebaut hat. „Der Zeitpunkt für einen Einstieg hat einfach nicht gepasst. Dazu tut mir der Abstand zu Eishockey gut“, erklärte Vorzeigeprofi Ehrhoff damals seinen Verzicht.
Die Zukunft, sein Großprojekt mit dem Moerser Fitness-Studio unter dem Label „CE10“ – Ehrhoff spielte meist mit der Rückennummer 10 – war da freilich schon längst angelaufen.