Kamp-Lintfort/Kleve. Nach nur einer Saison bei Fußball-Oberligist 1. FC Kleve kehrt Leslie Rume zu Fichte Lintfort zurück. Darüber spricht der Ex-Kapitän im Interview
Die Corona-Krise hat auch Leslie Rume ausgebremst. Dem 25-jährigen Abwehrspieler, der im Sommer zum Landesligisten Fichte Lintfort zurückkehren wird, kommt die Zwangspause zwar ein wenig gelegen. Wegen einer Knöchelverletzung ist wohl noch zwei Wochen nur Krafttraining möglich, kein Joggen allerdings. Dennoch fürchtet der gebürtige Moerser mit nigerianischen Wurzeln – sein Vater stammt aus dem westafrikanischen Land –, dass sein Ausflug zum Oberligisten 1. FC Kleve mit der Virus-Pause beendet sein könnte.
Ist der Kleve-Express, der nun ein Dreivierteljahr gefahren ist, ein Opfer der Corona-Krise?
Es sieht ganz so aus. Wir sind ja von Düsseldorf über Moers und Alpen immer mit einem Neunsitzer zum Training und zum Spiel nach Kleve – meist mit Kapitän Fabio Foster am Steuer. Zehn Spieler, eine Fahrgemeinschaft.
Musste einer dann laufen?
(lacht) In der Regel hat immer jemand gefehlt, so dass es mit den Kleinbus schon gepasst hat.
Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem sportlichen Auftritt in der Oberliga? Immerhin hatten Sie ja 20 Einsätze in 23 Punktspielen, der Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz beträgt 13 Punkte.
Der Rahmen – über die Mannschaft, das Trainerteam, die Bedingungen vor Ort und den Verein allgemein – hat voll gestimmt. Das Training ist intensiver, ein Spiel anspruchsvoller. Dazu ist der Anspruch an sich selbst bei allen Beteiligten höher. Das sind klare Unterschiede zu den Ligen unterhalb der Oberliga. Mit meiner Saison in Kleve bin ich sehr zufrieden. Ob ich auch wirklich tauglich für die Oberliga bin, müssen andere beurteilen.
Bei Fichte Lintfort mit Zwillingsbruder Shawn vereinigt
Ab Sommer sind Sie wieder eine Etage tiefer unterwegs, bei Fichte Lintfort an alter Wirkungsstätte.
Das hat private Gründe. Ich trete etwas kürzer. Bei Fichte habe ich mich in den drei Saisons zuvor sehr wohl gefühlt, war dort Kapitän. Zudem hat sich dort die sportliche Situation verändert.
Zum besseren hin?
Das denke ich schon. Ich bin immer eher zuversichtlich denn pessimistisch. Wir haben mit Volker Hohmann einen sehr guten Trainer. Dazu kommen auch neue Spieler. Ich gehe davon aus, dass wir eine gute Rolle in der Landesliga spielen werden.
Ihr eine Minute älterer Zwillingsbruder Shawn steht bei Fichte weiter im Kader. War er auch ein Faktor bei der Rückkehr?
Natürlich, wir haben schließlich ein Leben lang zusammen Fußball gespielt. Als Kinder auf dem Bolzplatz, in der Jugend beim SV Budberg oder beim VfB Homberg. Danach auch im Seniorenbereich. Nur bei Kleve und ein Jahr in Scherpenberg waren wir getrennt.
Ihre Mutter Fee wird die Vereinigung freuen. Sie muss am Wochenende nicht mehr auswählen, zu welchem Ihrer Söhne sie fährt.
Das stimmt. (lacht) Sie wohnt in Rheinberg, da ist Kamp-Lintfort natürlich näher als Kleve. Meist hat sie die Heimspiele von Shawn oder mir besucht – oder sich ein Spitzenspiel ausgesucht.
In Kleve hatten Sie ja einige Spitzenteams vor der Brust. Wer war Ihr härtester Gegenspieler?
Zur Verzweiflung hat mich niemand getrieben. (lacht) Beeindruckt hat mich allerdings Moses Lamidi von Ratingen 04/19, ein wirklich guter Fußballer.
Waren Sie immer schon darauf spezialisiert, Angreifer in Schach zu halten?
Nein, bis zur C-Jugend war ich beim SV Budberg offensiver Mittelfeldspieler auf der Außenposition. Vor dem Kreispokalfinale gegen den GSV Moers musste ich dann nach hinten, da herrschte personelle Not. Wir haben zwar 1:2 verloren in Sonsbeck, doch so ganz schlecht war ich wohl nicht. Von da an habe ich Innenverteidiger gespielt.
„Vom Typ her mag ich Virgil van Dijk vom FC Liverpool“
Haben Sie ein Vorbild?
Ich identifiziere mich ungern mit Menschen, die ich nicht kenne. Vom Typ her mag ich Virgil van Dijk vom FC Liverpool sehr, weil er als Abwehrspieler fußballerisch alles mitbringt und auch vorn gefährlich werden kann.
Van Dijk hatte ja auch seinen Preis. 84 Millionen Euro sollen 2018 an Southampton geflossen sein...
Ich kann nicht beurteilen, ob er diese Wahnsinnssumme wirklich wert ist. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass viel zu viel Geld fließt im Profifußball. Das ist an vielen Stellen nicht angemessen.
Denken Sie, die Corona-Krise wird die Entwicklung bremsen?
Ja und nein. Natürlich bricht Geld weg, wenn Spiele ausgesetzt werden oder ganz ausfallen. Ich fürchte nur, dass es weiter die großen Transfers geben wird mit Ablösesummen von 30 Millionen Euro aufwärts. Einer zahlt immer mehr als ein anderer.
Wird es diese Saison noch Fußballspiele geben?
Ich habe da keine Tendenz. Vielleicht spielt die Bundesliga ohne Zuschauer. Grundsätzlich finde ich, dass der Kampf gegen Corona und die Gesundheit für alle Menschen zuerst kommen muss. Der Fußball steht hinten an.
Welchen Stellenwert nimmt für Sie persönlich der Fußball im Leben ein?
Fußball ist sehr wichtig. Sonntag ist Spieltag, das ist gesetzt. Es geht beim Fußball aber nicht nur ums Spiel, sondern auch um das Drumherum. Um Gespräche, um Diskussionen, um Spaß. Einfach darum, Menschen kennenzulernen und Freundschaften aufzubauen.
Selbst dem Amateurfußball wird ja seit langem nachgesagt, dass der gemütliche Teil nach Training oder Spiel gar nicht mehr ausgelebt wird. Natürlich auch, weil das technisierte Freizeitverhalten die Menschen stark beeinflusst.
Das stimmt. Und solche Truppen gibt es auch. Bei Fichte Lintfort und auch bei vielen anderen Klubs gehört die Gemeinschaft nach Spiel und Training allerdings weiter dazu. Im schönen Fichte-Klubhaus beispielsweise ist immer etwas los.
Und Fußball läuft dort sonntags auch noch auf der Leinwand, man verpasst also nichts. Für wen halten Sie in der Bundesliga?
Hertha BSC, schon als kleiner Junge. Wie ich darauf gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Mein Bruder Shawn und meine Mutter Fee sympathisieren mit Schalke. Da kommen wir uns, was die Rivalität anbetrifft, eher selten in die Quere.
Wenn Sie als Fußballer einen Wunsch freihätten: In welchem Stadion würden Sie gern mal einlaufen?
Wembley in London. Allein wegen der Stimmung und der Historie – auch wenn das Stadion ja nicht mehr so aussieht wie beim WM-Finale von 1966.
Übrigens:
Leslie Rume arbeitet in der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen bei der Caritas in Duisburg-Rheinhausen. Der gebürtige Moerser betreut hier eine Gruppe von Autisten bei ihrer Arbeit.
„Das ist eine anspruchsvolle und schöne Aufgabe“, betont Rume, „der Fußball ist zu meinem Beruf ein guter Ausgleich. Da kann ich vom Alltag abschalten.“