Kamp-Lintfort. Volker Hohmann, der neue Trainer des Fußball-Landesligisten Fichte Lintfort, hat sich einiges aus der Bundesliga abgeschaut - ein Interview.

Einen Satz notiert man sich unweigerlich, wenn man mit Volker Hohmann spricht. Der 48-jährige gebürtige Oberhausener bildet sich als Fußballtrainer weiter, indem er oft auch das Training von Bundesligisten aus der näheren Umgebung beobachtet. Der neue Chefcoach von Landesligist Fichte Lintfort nennt das ganz charmant „mit den Augen klauen“, wenn er sich bei den Großen der Zunft etwas abschaut. Und dies dann auch in seine Trainingsarbeit einbaut – so gut es eben im Amateurfußball funktionieren kann.

Herr Hohmann, wo haben Sie denn schon überall mit den Augen geklaut?

Volker Hohmann: Ich bilde mich sicher schon seit 15 Jahren als Fußballtrainer immer weiter. Was gibt es da Besseres, als beim Training der Bundesliga-Kollegen vorbeizuschauen und aufzupassen? Ich habe schon bei Jupp Heynckes zugeschaut, als er noch Trainer in Leverkusen war. Ich war in Mönchengladbach, beim MSV Duisburg, bei Schalke 04. Oder etwa bei Jürgen Klopp und Thomas Tuchel bei Borussia Dortmund. Dessen Arbeit beim BVB war schon sensationell, das muss ich als Sympathisant von Schalke 04 wirklich zugeben.

Nun werden Sie bei Fichte sicher nicht die überaus anspruchsvollen Übungen mit Laufwegen und Direktpässen der erwähnten Toptrainer umsetzen können.

Ich habe natürlich auch bei meinen bisherigen Chefs genau aufgepasst. Bei Georg Mewes etwa, bei Siegfried Sonntag oder auch bei Markus Kowalczyk zuletzt beim FSV. (schmunzelt)

Worauf kommt es an in Ihrem neuen Trainer-Job bei Fichte?

Fußball ist immer ein Ist-Zustand. Die taktische Grundordnung richtet sich stets auch daran aus, was die Qualität der einzelnen Spieler so hergibt. Und wie ein Spieler seine Position auf dem Platz versteht und ausfüllt. Dazu glaube ich fest daran, dass der Charakter die Qualität im Fußball letztlich schlägt. Ein Einzelner holt vielleicht mal sechs oder neun Punkte im Alleingang, eine Mannschaft erkämpft sich aber 50 Punkte. Selbst ein Pep Guardiola wird nicht weit kommen, wenn die Chemie in der Kabine nicht stimmt. Das gilt für Manchester City ebenso wie für Teams in der Landesliga oder darunter. Auch Pep braucht die Kabine, um Erfolg zu haben.

Stimmt es bei Fichte in der Kabine denn?

Die Kameradschaft ist jedenfalls da und ausgeprägt, soweit ich das nach wenigen Tagen beurteilen kann. Das wird eine maßgebliche Voraussetzung für den Klassenerhalt sein. Dazu kommen Spaß am Training, der vorhanden ist, sowie Respekt untereinander und auch Disziplin. Wer aus Überzeugung trainiert und an sich arbeitet, wird ein besserer Spieler.

Der Kader ist bekanntlich nicht allzu groß. In der Hinrunde gab es immer wieder Engpässe. Planen Sie noch mit Verstärkungen?

Ich halte die Augen und Ohren offen. Da ich viele Spieler in der Branche auch persönlich kenne, wäre ein schneller Transfer, wenn er sich denn ergeben würde, auch nicht das Problem. Ich bin allerdings erst einmal mit dem Kader-Stand zufrieden, auch damit, dass in Alexander Lenders ein erfahrener Innenverteidiger und Führungsspieler wieder da ist. Im Winter steckt in der Veränderung immer auch ein gewisses Risiko darin, zu schnell gerade freie Spieler zu holen, die vielleicht nicht in die Kabine passen. Das könnte dann ein tiefes Problem werden. Eine Verstärkung muss immer auch eine solche sein.

Sehen Sie bei Fichte Potenzial über die Rolle des Abstiegskandidaten in der Landesliga hinaus?

Sicher ist es auf Dauer nicht befriedigend, irgendwie immer nur zwei Punkte über dem Strich zu stehen. Oder gar darunter zu landen. Aber beim Hausbau beginnt man besser mit dem Keller, nicht mit dem Dach. Wir müssen erst einmal ein personelles Fundament für eine höhere Zielsetzung schaffen. Das muss dann auch bezahlbar sein. Heißt: Man braucht Cleverness, Fingerspitzengefühl und auch ein bisschen Glück bei der Personalsuche.

Beobachtet wach und kritisch: Trainer Volker Hohmann.
Beobachtet wach und kritisch: Trainer Volker Hohmann. © FUNKE Foto Services | Oleksandr Voskresenskyi

Also ist eine Saison Oberliga aktuell unrealistisch.

Aktuell ja. Meine Saison mit dem FSV in der Oberliga war unglaublich bescheiden. Es gab fast nur Niederlagen. Und doch hatte die Spielzeit irgendwie eine gute Seite. Wir haben aus den Ich-AG im Team über die Saison hinaus eine Mannschaft geformt. Das war ein Prozess, der auch dafür sorgt, dass der FSV nicht durchgereicht wird, sondern in der Landesliga nun schon wieder auf Platz zwei steht. Mit Ambitionen auf die Oberliga-Rückkehr. Die Ambition bei Fichte über diese Saison hinaus ist eine andere.

Welche genau?

Wir nehmen uns vor, in der neuen Spielzeit in eine Konstellation zu kommen, wo der Verein eine Siegprämie an die Spieler bezahlen würde. Wenn wir in einer Landesliga-Saison 15 Siege oder mehr schaffen, wäre das schon stark.

Acht Siege hat Fichte ja immerhin schon geholt. Worauf wird es ankommen, um drinzubleiben?

Ich muss kein Fußball-Doktor sein, um festzustellen: Defensiv scheint es bei 43 Gegentoren in 19 Spielen nicht immer gestimmt zu haben. An der defensiven Taktik müssen wir also arbeiten und Fragen beantworten. Wo beginnt die Verteidigung? Wer geht wo drauf? Wer rückt wann auf?

Hört sich nach viel gruppendynamischer Arbeit an.

Deshalb war es sicher kein Fehler, dass wir uns in der ersten Trainingswoche jeden Abend gesehen haben.