Rees. Im Interview spricht Rolf Sent vom Fußball-Bezirksliga-Aufsteiger Fortuna Millingen über junge Leute, Weltklasseprofis und Flaschenpfand.

Feiern geht auch in Zeiten der Corona-Pandemie. Die Bezirksliga-Fußballer von Fortuna Millingen haben am vergangenen Freitag ihre Aufstiegsfete auf der eigenen Platzanlage nachgeholt. „Mit großer Vorsicht, gebührendem Abstand und gehöriger Verspätung“, wie Trainer Rolf Sent betont, „trotzdem wollten wir alle das Gefühl bekommen, dass wir als Mannschaft etwas erreicht haben sportlich. Auch wenn die Saison mit dem Abbruch ja schon fast fünf Monate vorbei ist.“ Der 55-jährige gelernte Maurer geht bei den Rot-Weißen nun in seine vierte Saison. Es dürfte die schwerste werden nach Platz sechs, fünf und zuletzt Rang eins in der Kreisliga A.

Herr Sent, mit Dario Gerling und Jan Schöttler verlieren Sie Ihre beiden besten Torschützen der vergangenen Saison an Ligakonkurrent SV Vrasselt und den Landesligisten VfL Rhede. Macht Ihnen das nicht nun eine Fußballetage höher derzeit Sorgen?

Rolf Sent: Ich bin da zuversichtlich. Wir haben in Niko Becker und Mario Stempel zwei ambitionierte Angreifer aus der Kreisliga im Kader, die sich höher beweisen wollen.

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Was zeichnet die beiden aus?

Stempel ist ein technisch guter Linksfuß, selbstbewusst, mit einem starken Schuss. Becker ist wendig, schnell und trickreich und will sich in der Bezirksliga beweisen. Das sind alles günstige Voraussetzungen dafür, dass sich die Jungs bei uns gut entfalten. Dazu habe ich ja noch zwei weitere neue Spieler im Kader.

Zwei Langzeitverletzte kehren zurück

Frisch verpflichtet?

Nicht ganz. Aber ich betrachte unsere Defensivspieler Tom Drews und Nils Helling nach ihren langen Verletzungspausen ebenfalls als Neuzugänge. Und natürlich auch als Verstärkungen, die uns helfen.

Denken Sie über weitere Zugänge dann noch nach?

Marius-Paul Sent (am Ball), der Sohn von Trainer Rolf Sent, spielt auch in der ersten Mannschaft von Fortuna Millingen mit.
Marius-Paul Sent (am Ball), der Sohn von Trainer Rolf Sent, spielt auch in der ersten Mannschaft von Fortuna Millingen mit. © Funke Foto Services | Thorsten Lindekamp

Nur wenn es wirklich passt. Fortuna hat sich zuletzt ein wenig den Ruf erarbeitet, dass sich bei uns junge Spieler entwickeln können. Das hilft bei der Kaderplanung, hat aber auch durchaus Nachteile.

Tatsächlich?

Bei mir zählt im Gespräch ein Wort immer. Das ist heutzutage bei einigen jüngeren Spielern offenbar anders. Die nehmen Zusagen manchmal nicht für bare Münze, wollen aber ernst genommen und mit Respekt behandelt werden.

https://www.nrz.de/sport/lokalsport/emmerich-rees-isselburg/rsv-praest-das-17-jahr-wird-fuer-trainer-kock-das-schwerste-id229601682.html

Klingt so, als hätten Sie da schon unerfreuliche Erfahrungen gesammelt.

Das ist ein durchaus ausgeprägtes Problem gerade unter jüngeren Spielern, was mir die Arbeit als Trainer nicht unbedingt leichter macht.

Dabei wird Ihnen doch nachgesagt, dass Sie ein Händchen für junge Spieler haben.

Das sehe ich eigentlich auch so. Junge Menschen entwickeln allerdings auf und neben dem Platz ihre Persönlichkeit, da hat es ein Fußballtrainer manchmal schwer.

Anstrengende Zeit bei der A-Jugend von DJK SF Lowick

Sie haben ja vor einigen Jahren als A-Jugendcoach bei der DJK Lowick Erfahrungen gesammelt.

Das stimmt. Wenn man eine C- oder D-Jugend hat wie ich bei Blau-Weiß Bienen, da hören einem die Jungs noch zu. Das ist schon toll. Aber Regeln setzen und einhalten, Diskussionen über viele Dinge, das alles ist bei A-Jugendlichen zuweilen schwierig und sehr anstrengend.

Trainer Rolf Sent ist mit Fortuna Millingen in der neuen Saison in der Fußball-Bezirksliga unterwegs.
Trainer Rolf Sent ist mit Fortuna Millingen in der neuen Saison in der Fußball-Bezirksliga unterwegs. © FUNKE Foto Services | Christian Creon

Ist es auch anstrengend, trotz eines Aufstieg in die Bezirksliga oftmals zu hören, Fortuna spiele bisweilen unattraktiven Fußball?

Ich sage es mal so: Vielleicht ist unsere defensivere Linie für einige Betrachter unattraktiv. Und wir waren sicher auch nicht als Aufsteiger auf den Zetteln der anderen notiert vor der vergangenen Saison. Ich habe aber mein Spielsystem auf unser Potenzial im Team abgestimmt. Platz eins kam dabei heraus. Da darf man schon von erfolgsorientiertem Fußball sprechen.

Sie kehren sechs Jahre nach dem Abstieg mit Blau-Weiß Bienen als Trainer in die Bezirksliga zurück. Baut sich da auch eine gewisse Spannung auf mit Blick auf die neue Saison?

Auf jeden Fall. Die Liga wird eine Herausforderung für uns. Ich erwarte starke Gegner wie Lowick, Biemenhorst, TuB Bocholt oder Friedrichsfeld. Wir haben die Ambition, am Ende einfach drinzubleiben. Dazu braucht es Teamgeist und eine gute Einstellung aller – ohne dass die Verbissenheit zu groß wird.

Von den besten Profis etwas abschauen

Die Bezirksliga ist ja auch kein Profigeschäft.

Trotzdem kann man sich das eine oder andere Grundsätzliche von den besten Profis abschauen.

Zum Beispiel?

Ich bin zwar Bayern-Anhänger, mag aber Jürgen Klopp wegen seiner Emotionalität. Dazu auch Pep Guardiola für seine fachliche Klasse und seine Akribie.

Sie schauen aber sicher nicht nächtelang Aufnahmen Ihrer Gegner im Netz an, weil Sie wie Guardiola panische Angst vor einer Niederlage haben, oder?

(lacht) Das nicht, aber ich versuche so gut es geht, auch meine Gegner zu sehen, einzuschätzen und Erkenntnisse an meine Spieler weiterzugeben. Fußball ist zwar ein einfaches Geschäft, aber auch eines mit Raffinessen. Das muss man wissen, sonst ist es schwer, erfolgreich zu sein. Auch ein Cristiano Ronaldo spielt nicht Weltklasse, nur weil er gut aussieht. Er macht auch ungezählte Extraschichten. Ich versuche in meinem bescheidenen Bereich zu machen, was ich machen kann. Und ich sehe schon nach wenigen Trainingseinheiten, dass meine Jungs für die Bezirksliga mitziehen.

Kein Training wegen Flaschenpfand

Sie sind schon seit 1970 im Fußball dabei. Was war die kurioseste Entschuldigung eines Spielers für einen Trainingsausfall, die Sie als Trainer gehört haben?

Ich nenne keinen Namen. Aber einer hat sich bei mir mal ernsthaft abgemeldet mit dem Grund, er müsse grad das Flaschenpfand wegbringen, weil er eine große Party bei sich zu Hause gefeiert hatte.

Ernsthaft?

Da war auch ich wirklich verblüfft. Nach Rücksprache mit meinem Mannschaftsrat musste er nach dem nächsten Training den Jungs natürlich eine Runde spendieren.