Emmerich. Roland Kock geht bei Fußball-Landesligist RSV Praest in sein 17. Trainerjahr. Im Interview spricht er über Profiträume, Klopp und den FC Augsburg.
Wenn am Mittwochabend ab 19.30 Uhr im kleinen Volksbankstadion der erste Vorbereitungstest auf dem Programm steht, spätestens dann startet für Roland Kock die wohl größte sportliche Herausforderung seines Wirkens in 17 Trainer-Jahren beim RSV Praest. Der 53-Jährige will seine Gelb-Schwarzen in der Landesliga halten. „Das wird schwer. Sehr schwer. Sauschwer sogar. Aber wir haben im Fußball ja Vorbilder für solche Herausforderungen. Warum sollte uns der Klassenerhalt eigentlich nicht gelingen?!“, fragt Roland Kock durchaus selbstbewusst im Gespräch mit der NRZ.
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Herr Kock, vermeintliche Landesliga-Konkurrenten wie die SV Hönnepel-Niedermörmter, Fichte Lintfort, TSV Wachtendonk oder der SV Scherpenberg verpflichten in der Oberliga erfahrene Spieler für die neue Saison. Macht Sie das nicht schon ein wenig nervös?
Roland Kock: Überhaupt nicht. Das motiviert uns nur. Die Landesliga ist für einen kleinen Verein wie Praest eine Riesenherausforderung – so oder so. Andere haben finanziell bessere Möglichkeiten, das ist uns natürlich bewusst. Sportlichen Erfolg garantiert dies aber nicht immer. Wir gehen jedenfalls mit Freude in die Landesliga. Unser zweiter Platz in der Bezirksliga und der Aufstieg sind ja nicht vom Himmel gefallen. Uns soll doch erstmal einer an die Wand spielen.
In jeder Fußball-Liga gibt es ja Außenseiter, die überraschen...
Ich denke da nur an Freiburg, Mainz oder Augsburg in der Bundesliga. Die sind immer unter den Abstiegskandidaten und bleiben meist drin. Der FC Augsburg geht jetzt schon ins zehnte Bundesliga-Jahr. Wenn Praest der FC Augsburg der Landesliga würde, wäre das toll. Der Vergleich ist jedenfalls schön.
Freundschaft mit Bedburgs Trainer Sebastian Kaul
Würden Sie Ihr Team denn auch gern mit der SGE Bedburg-Hau vergleichen? Da ist ja mit Sebastian Kaul einer Ihrer Ex-Spieler als Trainer recht erfolgreich.
Wir kennen uns sehr gut und sind freundschaftlich miteinander verbunden. Niemand hatte vor einem Jahr damit gerechnet, dass die SGE so gut in der Landesliga ankommt. Das ist auch Sebastians Verdienst und Zeichen dafür, dass viel machbar ist. Die SV Hönnepel als Gegenbeispiel hatte sicher viele sehr gute Spieler, war aber keine Mannschaft und stand auch deshalb unten drin.
Sie haben mit Blick auf die Neuzugänge nicht allzu viel verändert. Wie wichtig ist Ihnen, dass das Mannschaftsgefüge intakt ist?
Ohne Teamgeist und Zusammenhalt wird es keinen sportlichen Erfolg geben. Ich denke, ich habe als Trainer ein gutes Gespür für die Spieler, versuche authentisch und überzeugend zu sein.
„Auch mal was durchgehen lassen“
So ähnlich wie das Jürgen Klopp in Dortmund und in Liverpool erfolgreich praktiziert?
Der Vergleich hinkt sicher ein wenig. (lacht) Aber: Klopp bindet die Menschen in seiner offenen Art stark an seine Mannschaft. Das macht ihn als Trainer und Experte natürlich auch aus. Im Unterschied zu bezahlten Profis auf höchster Ebene ist es allerdings auch wichtig, für Spieler Verständnis aufzubringen. Junge Leute haben viel mehr Angebote heutzutage also noch vor 30 Jahren. Fußball ist eines unter vielen. Das nimmt Einfluss, auch auf Ehrgeiz und Motivation. Als Trainer muss man auch mal was durchgehen lassen können, sonst vergrault man seine Leute.
Beim RSV Praest sind Sie in 17 Jahren nie vergrault worden. Was ist das Geheimnis, so lange im Fußball für einen Klub zu arbeiten?
(lacht) Viele können sich das nicht so recht vorstellen und brauchen im Fußball auch mal eine Abwechslung. Das weiß ich natürlich. Ich hatte immer einen starken, hervorragenden Draht zu unserem Vorstand, gerade auch zu unserem 1. Vorsitzenden Michael Kühn. Dazu bin ich seit 37 Jahren mit meiner Arbeit als Motoren-Ankerwickler in einem Emmericher Betrieb fest verwurzelt. Und der sportliche Erfolg mit Ausnahme des Landesliga-Abstiegs 2013 konnte sich ja auch durchaus sehen lassen für einen Dorfverein wie den RSV Praest.
„Nur Fußballtrainer zu sein, das wäre schon ein Reiz“
Gab es nicht auch schon Situationen, wo eine Trennung vom RSV möglich schien?
Sicher. Es gab große Umbrüche im Team, gute Spieler gingen in Rente. Dazu hatten wir mal keine Jugendarbeit. Da kommt schon das Gefühl, eine Pause zu machen oder nach einer Veränderung zu streben. Und es gab auch Anfragen, die einen zum nachdenken anregen.
Ihr Trainerkollege Thomas Geist, der zuletzt den Bezirksligisten FC Meerfeld betreut hat, hat sich mal als Profitrainer in der ersten Liga Bosniens versucht. Wäre das nicht auch was für Sie gewesen?
Na ja, vielleicht nicht gleich Bosnien. Ich würde die Sache lieber andersherum angehen und in Praest als Profi arbeiten wollen. Also: Die Spieler jeden Tag länger sehen, mit ihnen auch oft im Block arbeiten können, Ideen entwickeln. Nur Fußballtrainer zu sein, das wäre schon ein Reiz. Das heißt natürlich nicht, dass ich derzeit unzufrieden bin mit meiner Situation. Im Gegenteil. Aber von der Grundidee her, es gern mal als Profitrainer zu versuchen, fühle ich schon deutlich mit Kollege Thomas Geist.
Das sind die Trainer-Dauerbrenner im Profifußball:
Lange Laufzeiten bei Vereinen haben die meisten Fußballtrainer eher selten. Doch es gibt sie, die Dauerbrenner. Hier die bekanntesten in den Profiligen:
Bundesliga: Volker Finke (SC Freiburg, 1991 bis 2007) führt die Liste mit 15 Jahren, elf Monaten und 30 Tagen am Stück inklusive 2. Liga vor Otto Rehhagel (SV Werder Bremen, 1981 bis 1995) mit 14 Jahren, zwei Monaten und 29 Tagen an.
Premier League: Sir Alex Ferguson betreute Manchester United von November 1986 bis Juni 2013 über 26 Jahre lang. Auch der Elsässer Arsène Wenger war beim FC Arsenal ein Marathonmann: Von 1996 bis 2018 kamen 22 Spielzeiten in der englischen Topliga zusammen.
Ligue 1: Ungeschlagen in Europa ist allerdings der legendäre Franzose Guy Roux von AJ Auxerre. Von 1961 bis 2000 betreute er die Blauen ohne Pause – 38 Jahre, elf Monate und 30 Tage. Nach einer Auszeit in der Saison 2000/01 kehrte der heute 81-Jährige bis 2005 noch mal auf die Trainerbank in Auxerre zurück.