Duisburg. Leon Höltker dachte sich als Spieler der Coesfeld Bulls: Das schaffe ich auch! Und mit viel Training hat er es wirklich geschafft.

Haben Sie auch schon einmal gedacht: Was der kann, kann ich auch? Leon Höltker dachte das nicht nur, er hat es gemacht. Und so kam er von der 6. Football-Liga Deutschlands in die European League of Football. Eine unfassbare Geschichte.

Und die beginnt sogar in der 10. Liga. Denn die Kreisliga B ist im Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen nochmal eine Ebene tiefer angesiedelt als am Niederrhein. Dort spielte Leon Höltker für die zweite Mannschaft der TSG Dülmen. „Und ich war da nicht einmal der Beste“, sagt er mit einem Lachen. Fußballspielen war ja ganz schön. Aber die wahre sportliche Erfüllung war das Ganze für Leon Höltker nicht. Und wie bei den meisten Geschichten dieser Art fragt irgendwann ein Kumpel, ob er nicht mal zum Football-Training mitkommen möchte.

„Ich bin dann praktisch sofort zu meiner Fußball-Mannschaft gegangen und habe gesagt, dass ich mit Fußball aufhöre.“

Leon Höltker
Wide Receiver von Rhein Fire

Doch Leon Höltker wollte nicht. Zunächst. „Irgendwann bin ich dann doch mitgekommen. Das war dann aber nur ein Indoor-Training.“ Das war aber kein Problem. Überhaupt nicht, denn: „Ich wusste sofort, dass ich das machen will. Ich bin dann praktisch sofort zu meiner Fußball-Mannschaft gegangen und habe gesagt, dass ich mit Fußball aufhöre.“ Das war 2018. Ein Jahr später, 2019, hat er dann erstmals für die Coesfeld Bulls gespielt. Das war sogar nur die 7. Football-Liga, denn der Club spielte damals noch in der Aufbauliga, stieg aber in die Landesliga auf. Ein Jahr später wurden die Coesfelder dann Landesliga-Meister und verdienten sich den Aufstieg in die Verbandsliga. Dabei war Höltker einer der dominierenden Spieler. In acht Spielen gelangen ihm satte 27 Touchdowns – elf durch gefangene Pässe, neun durch Laufspielzüge und sieben durch Returns, wie er kurz nachzählt. „Damals habe ich den Jungs gesagt, was sie machen müssen“, erinnert er sich. Das änderte sich dann.

Volle Ränge in Duisburg: Leon Höltker hat es auf die ganz große Football-Bühne geschafft.
Volle Ränge in Duisburg: Leon Höltker hat es auf die ganz große Football-Bühne geschafft. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Denn am 26. September 2021 saß er in der Düsseldorfer Arena, wo damals – die Neugründung von Rhein Fire wurde an diesem Tag bekanntgegeben – das erste Endspiel der noch blutjungen European League of Football zwischen Frankfurt Galaxy und den Hamburg Sea Devils stattfand. „Wir hatten gute Plätze, direkt hinter den Mannschaften“, erinnert sich Höltker.

Und das war der Moment, als er dachte: „Das kann ich auch. Die machen doch nichts anderes als wir.“ Etwas schneller, etwas präziser. Der große Vorteil des Coesfelders: Er war schon damals sehr athletisch. Und da fasste er den Entschluss: Das versuche ich jetzt.

Mehr zu Rhein Fire

Also nahm er bei nächstbester Gelegenheit an einem Tryout-Training in Stuttgart teil. „Athletisch war das schon ziemlich gut“, erinnert sich Höltker. Aber zu einer Verpflichtung kam es nicht. Ein Jahr später machte er dann ernst und meldete sich in vier Camps an: Hamburg, Stuttgart, Köln – und bei Rhein Fire. „Hamburg und Stuttgart waren sogar am gleichen Wochenende.“ Er fuhr überall mit dem Zug hin. „Die Camps in NRW waren aber deutlich anspruchsvoller“, sagt er. Und dann die Nachricht: Rhein Fire nimmt ihn, ist bereit, mit ihm zu arbeiten. „Als ich zu Hause war, wollte ich noch an einem Training meiner Heimatmannschaft teilnehmen“, lacht er heute über die Situation. Denn bei diesem Abschiedstraining brach er sich den Arm. „Ich habe bei Rhein Fire angerufen und hatte schon gedacht: Das war’s jetzt.“ Doch dann kam die erlösende Antwort: Rhein Fire wollte ihn weiterhin.

Den Kindern sagen: Ich war dabei

Und was macht der Bankangestellte seither? Er hat seine Arbeitszeit beim Arbeitgeber reduzieren lassen. „Meine Kollegen finden das ganz cool“, lacht er. „Und wenn ich das machen will, dann ist jetzt die Zeit dafür. Ich will nicht irgendwann sagen müssen: Hätte ich das mal getan. Diese Liga wird irgendwann ganz groß. Und wenn ich eine Familie gründen sollte, dann will ich meinen Kindern sagen können: Ich habe da mitgemacht.“

Weitere Artikel:

Seine Tage sind genau getaktet. Arbeit, Training, Spielzüge lernen, regenerieren. Und wieder von vorn. „Als ich in der vergangenen Saison beim Heimspiel in Duisburg gegen München spielen durfte, habe ich erst gemerkt, wieviel Spaß es macht, vor so vielen Zuschauern zu spielen.“ Und letzte Woche in Berlin durfte er dann ran, fing vier Pässe, schaffte insgesamt als Receiver 53 Yards Raumgewinn. „Als Backup musst du dich auf alles Mögliche vorbereiten.“ Und alles Unmögliche. „Ich musste ihn für einen Kickoff aufs Feld schicken. Das hat Leon nie trainiert. Als ich ihm sagte, er solle es machen, antwortete er nur: Okay!“, zeigt sich Cheftrainer Jim Tomsula begeistert.

„Ich habe früher auch noch ein wenig als Jugendcoach bei meinem Heimatverein gearbeitet. Da habe ich gemerkt, wie gut das ankam. Es macht Spaß, junge Menschen zu inspirieren“, sagt der 26-Jährige, der es mit viel Ehrgeiz und Willen geschafft hat. „Du kriegst nichts geschenkt. Du muss selbst erst viel Arbeit und Zeit investieren, um am Ende deine Chance zu verbessern, dass es du es vielleicht schaffst. So funktioniert die Welt.“ Recht hat er.