Duisburg. Der Trainer des MSV Duisburg setzt nach den Enttäuschungen in der alten Saison auf einen erfolgreichen Neustart. Er äußert sich auch zur 2. Liga.

Während des Gesprächs der Sportredaktion mit Pavel Dotchev im Trainingszentrum des MSV Duisburg kommt das Kamerateam von RTL hinzu, um ein paar Eindrücke für die neue Dokumentation über den Fußball-Drittligisten festzuhalten. Der Coach lacht: „Das kommt doch erst Ende des Jahres. Hoffentlich bin ich dann noch da.“ Der 55-Jährige kennt das Geschäft, zudem reicht ein Blick auf die jüngste Geschichte der Zebras. Der Deutsch-Bulgare ist der dritte MSV-Trainer innerhalb einer Saison.

Herr Dotchev, haben Sie Erfahrung mit so einem Fernsehformat?

Pavel Dotchev: Nein, das ist neu für mich. Als RTL uns gesagt hat, was sie mit uns vorhaben, habe ich sofort an die Serie mit dem FC Sunderland gedacht. Die habe ich gesehen, sie hat mich total beeindruckt. Obwohl ich weiß, wie das Geschäft im Hintergrund läuft, habe ich sehr gierig geguckt. Dass Duisburg etwas nach außen darstellen darf, ist ein Privileg für uns. Ich bin aber froh, dass wir den Klassenerhalt geschafft haben. Ich wäre andernfalls als Abstiegstrainer in der Dokumentation und in der Geschichte des MSV vorgekommen. Das wäre nicht schön gewesen.

Wie haben Sie die letzten Tage und Wochen der Saison wahrgenommen?

Es war eine schwere Zeit. Ich hatte viele schlaflose Nächte. Gegen Ingolstadt haben wir eine gute Halbzeit gespielt, dann aber in acht Minuten drei Tore kassiert. Das kann passieren. Aber der Tiefpunkt war das Spiel gegen Wuppertal. Das ist eine Niederlage, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Das Spiel in Meppen möchte ich relativieren, da hat die Mannschaft noch versucht, den Ausgleich zu erzielen.

„Ein Schlag ins Gesicht“

Fühlten Sie sich in Wuppertal von der Mannschaft im Stich gelassen?

Ich hatte gedacht, dass die Mannschaft wusste, worum es für den Verein geht: DFB-Pokal, Prestige und auch Geld. Das sind erwachsene Männer. Die Mannschaft hat mich schon ein bisschen im Stich gelassen. Ich habe den Jungs vertraut und dann kam so eine Leistung. Ich habe während des Spiels eine Reaktion auf dem Platz vermisst. Du kannst im Pokal ausscheiden, nach einem dramatischen Spiel mit Elfmeterschießen. Aber so mit Pauken und Trompeten zu verlieren, das war ein Schlag ins Gesicht.

Sie haben über viele Wochen eine starke Unterstützung von den Fans erfahren. Am Ende schlug das ins Gegenteil um.

Wir sind es selbst schuld, wir haben in diesen beiden Spielen versagt. Dass wir dann aber mit Eiern beworfen wurden, war für mich persönlich ein tiefer Moment. Dabei denke ich, wir haben schon etwas erreicht. Wir haben es geschafft, die Klasse zu halten. Das war nicht einfach.

Der Verein hat nun die ersten Abgänge bekannt gegeben. Von wem ging die Initiative aus: vom Klub oder von den Spielern?

Das kam von beiden Seiten. Einige Spieler wären gerne bei uns geblieben, andere wollten wir halten. Beide Seiten haben nun die Chance auf einen Neuanfang. Ich denke, das ist auch notwendig.

Trainer Pavel Dotchev mit Ahmet Engin, der den MSV Duisburg verlässt.
Trainer Pavel Dotchev mit Ahmet Engin, der den MSV Duisburg verlässt. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Mit Ahmet Engin geht ein langjähriger Spieler, der beim MSV zum Inventar gehörte. Im letzten Jahr hing auf Ihrer Vereinsanlage noch ein großes Plakat mit ihm als Spieler aus der Jugend.

Ich glaube, dass Ahmet etwas Neues ausprobieren und die Tapeten wechseln will. Ich glaube nicht, dass der Spieler unbedingt bei uns bleiben wollte. Ich denke, für ihn ist es so das Beste für seine Entwicklung. Die Initiative kam mehr vom Spieler. Wir haben ihn nicht vom Hof gejagt. Natürlich ist bei der Sache nun sehr viel Wehmut im Spiel. Das gehört dazu.

Mit einigen Spielern, zum Beispiel mit Leo Weinkauf und Vincent Vermeij, wollen Sie weitermachen. Wie sieht es da aus?

Die Sachen sind noch offen. Es geht hier auch um finanzielle Dinge. Das muss am Ende passen. Es gibt bislang weder Zusagen noch Absagen. Wir sind aktiv, wir arbeiten dran.

Worauf kommt es bei der Zusammenstellung des neuen Kaders an?

Wir müssen aus den Fehlern lernen. Wir haben unser Anforderungsprofil für die künftige Mannschaft klar festgelegt. Wir brauchen jetzt auch Geduld. Es macht keinen Sinn, den Kader nur aufzufüllen, um früh fertig zu sein. Die 2. Bundesliga wird später starten. Ich denke, dass da noch einige Spieler auf den Markt kommen, die in der Vorbereitung feststellen, dass sie bei ihren Klubs nur geringe Chancen haben. Wir müssen zu 100 Prozent von den Zugängen überzeugt sein.

Wie schätzen Sie die 3. Liga in der nächsten Saison ein?

Das wird verdammt schwer. Die 3. Liga ist für mich die Mini-2. Liga. Die Traditionsvereine rutschen ab, die 3. Liga wird immer stärker. Bayern München II ist gerade als Meister abgestiegen. Das sagt schon viel. Die Liga wird noch unangenehmer und schwerer sein. Wir müssen eine stärkere Mannschaft haben, um das zu verhindern, was wir dieses Jahr erlebt haben.

„Traditionsvereine träumen zu viel“

Einer Ihrer Vorgänger, Milan Sasic, hat in der letzten Woche im Interview gesagt, das Problem der Traditionsvereine sei, dass der Rückspiegel größer als die Frontscheibe ist. Wo sehen Sie die Schwierigkeiten dieser Klubs?

Viele Traditionsvereine träumen zu viel. Die Realität ist aber anders. Wenn du nur mit Geld versuchst, etwas zu erreichen, dann geht das nicht. Natürlich spielt Geld eine große Rolle, aber vor allem ist gute Arbeit wichtig.

Sie sind der erfahrenste Trainer der 3. Liga. Darf es noch einmal eine Etage höher für Sie gehen?

Ich würde gerne noch einmal in die 2. Liga gehen. Es ist für mich das Ziel, immer weiter zu kommen. Das ist ja menschlich. Diesen Weg mit Duisburg zu gehen – das wäre mein Traum. Nach einem verkorksten Jahr aber zu sagen, wir greifen an, wäre unseriös. Wir müssen aber als MSV schon den Anspruch haben, oben dabei zu sein. Mit guter Arbeit kann man etwas erreichen.