Duisburg. Der Regionalligist geht sein zweites Jahr nach dem Aufstieg an. Für den neuen Trainer Sunay Acar ist es die schwerste Aufgabe seiner Karriere.
Andreas Kossenjans wirft die Stirn leicht in Falten. „In der letzten Saison waren wir das gallische Dorf“, sagt der dritte Torwart des VfB Homberg, „in der kommenden Saison sind wir wieder das gallische Dorf. Aber diesmal ohne Zaubertrank.“
Das 47-jährige VfB-Urgestein hat schon viele Höhen und Tiefen in Homberg miterlebt. Die zweite Saison in der Fußball-Regionalliga, die der Klub als Schlusslicht der letzten Spielzeit letztlich nur dem coronabedingten Abbruch zu „verdanken“ hat, ist – diesmal eben ohne Aufstiegseuphorie als Zaubertrank – nicht nur für „Kosse“ eine der größten Herausforderungen. „Es ist die schwierigste Aufgabe in meiner gesamten sportlichen Karriere“, sagt Sunay Acar mit Blick auf die 40 Spiele zählende Mammutsaison, die für ihn nach dem Rücktritt von Stefan Janßen zugleich die Jungfernfahrt als Cheftrainer der ersten Mannschaft darstellt. „Aber ich sehe nicht grau. Ich bin immer Optimist gewesen. Wir müssen einfach nur ins Rollen kommen.“
Zwölf Spieler haben Homberg verlassen
Inklusive Andreas Kossenjans könnte Acar mit den verbliebenen Kickern aus der letzten Saison gerade einmal eine Elf aufstellen. Zwölf Spieler haben den VfB verlassen, darunter Leistungsträger wie Kapitän Dennis Wibbe, Spielmacher Patrick Dertwinkel, die regionalligaerfahrenen Verteidiger Robin Urban und Koray Kacinoglu sowie der mit sechs Treffern erfolgreichste Torschütze der Vorsaison, Cagatay Kader. Mit Innenverteidiger Mohamed Redjeb, Außenverteidiger Ricardo Antonaci, Flügelspieler Nurettin Kayaoglu, Offensivmann Pascale Talarski und dem Sechser Necirwan Khalil Mohammad konnte sich der VfB wieder einiges an Regionalliga-Erfahrung an den Rheindeich holen.
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Ob die aus der Landes- und Oberliga gekommenen Angreifer Alexandros Armen und Said Harouz neben Danny Rankl im Sturm besser zünden als der zum SV Straelen abgewanderte Cagatay Kader, wird sich zeigen müssen. Das bezieht Sunay Acar ohnehin auf die gesamte neue Konstellation: „Vom Papier her sind viele unserer Neuzugänge auf Augenhöhe. Ob wir die Abgänge tatsächlich gleichwertig ersetzt haben, wird sich erst in der Saison herausstellen können.“
Der Trainer hofft auf neue Führungskräfte
Doch der Coach vertraut auf sein neues Team, das der Verein um das verbliebene Gerüst gebaut hat. Säulen wie Torwart Philipp Gutkowski, Innenverteidiger Mike Koenders, die Flügelspieler Justin Walker und Marvin Lorch, die zentralen Mittelfeldspieler Thorsten Kogel, Pierre Nowitzki und Metin Kücükarslan sowie Stürmer Danny Rankl sind dem VfB erhalten geblieben. Ahmad Jafari nicht zu vergessen, der nach langer Verletzungspause für Acar „wie ein Neuzugang“ anzusehen ist. Einer mit Führungspotenzial, das der Mittelfeldstratege schon vor seiner Verletzung eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte.
Diese Eigenschaft traut der Coach auch den neuen Kickern Khalil Mohammad, Kayaoglu und Antonaci mit ihrer Erfahrung zu. „Wichtig ist, dass sie richtig fit sind und in diese Rolle rein wachsen können“, hebt Acar ausbleibendes Verletzungspech als wichtigen Faktor für die Mammutsaison hervor. So sieht er auch in Metin Kücükarslan, der seit vielen Monaten an Knieproblemen laboriert, einen „sehr wichtigen Spieler – wenn er denn richtig fit ist“.
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Ausfälle wird der Klub nur schwer verkraften können. „Wie in der letzten Saison fehlt uns in der Breite ein gewisses Qualitätsniveau. Die Leistungsträger und die Spieler mit Erfahrung in dieser Liga dürfen uns nicht wegbrechen“, sagt Acar.
Auf die Erfahrungswerte wird es ankommen. Der Coach hofft, dass die verbliebenen Kicker aus ihnen gelernt haben: „Das Tempo, vor allem aber die Kleinigkeiten haben uns in der Regionalliga die größten Schwierigkeiten bereitet. Wir müssen auch mal dreckig sein, taktische Fouls ziehen, abgezockt sein. So war ich schon als Spieler, das lebe ich den Jungs jetzt vor. Und an unserer Geschwindigkeit können wir arbeiten.“
Nur als Einheit kann es klappen
Wenngleich er vor der schwierigsten Aufgabe in seiner Karriere steht, geht Sunay Acar diese mit Mut an. Mut, den er an seine Kicker weitergeben möchte. „Viele Spiele werden für uns wie Pokalduelle werden. Vom Papier her haben wir keine Chance. Aber wenn wir eine Einheit sind, grundlegende Dinge wie Ordnung, Disziplin und Fitness abrufen, haben wir gegen jeden Gegner eine Chance. Und nur über die Einheit werden wir den Abstieg verhindern können.“
Der Coach ballt die Faust: „Wir haben den größten Umbruch vollzogen, den ich beim VfB erlebt habe. Aber ich sehe deshalb längst nicht so schwarz wie manch anderer. Wir gehen mit viel Demut und Respekt in die Saison. Aber wir müssen uns auch nicht kleiner machen, als wir sind.“
Gallisches Dorf hin, gallisches Dorf her – Sunay Acar hat seine ganz eigene Zutat für einen neuen Zaubertrank: „Nicht die Qualität, sondern der Wille ist entscheidend. Unser Wille muss größer sein als der der Gegner. Mit dem richtigen Willen können wir vieles wettmachen und auch alles schaffen.“