Gelsenkirchen. Ben Manga ist Schalkes Wunschkandidat für die Nachfolge des ausgeschiedenen Technischen Direktors André Hechelmann. In Frankfurt war er besonders erfolgreich.

Es ist nicht möglich, die Geschichte des Fußball-Scouts Ben Manga zu erzählen, ohne mit Eintracht Frankfurt zu beginnen. Als er im Juli 2016 seinen Job bei den Hessen antrat, hatte die Eintracht in der Relegation gerade den Abstieg in die Zweite Liga vermieden, war finanziell angeschlagen, diskutierte zwangsweise über Geld von externen Investoren. Im Abstiegsfall hätte die Eintracht ein großes Transferplus erzielen müssen. Als Manga im Dezember 2022 ging, hatte die Eintracht zwei Titel geholt (DFB-Pokal 2018, Europa League 2022), erstmals an der Champions League teilgenommen (2022/2023), den Umsatz verdreifacht (109 auf 310 Mio Euro) und ist in der Liste der umsatzstärksten Klubs weltweit auf Platz 16. Die Personalkosten für die Profis betragen (geschätzt) nicht mehr 37 Mio Euro wie noch 2016, sondern rund 100 Mio Euro. Das alles ist natürlich nicht Ben Mangas Verdienst allein, viele Personen haben zu diesem Frankfurter Aufstieg beigetragen. Aber Mangas Beitrag an den Erfolgen wird stets unterschätzt.

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Schalke: Eltern von Kandidat Manga wohnen in Neuss

Nun soll Manga beim FC Schalke 04 sein Wunder wiederholen - und mit Sportdirektor Marc Wilmots eng kooperieren. Sky berichtete zuerst, diese Zeitung kann diese Information bestätigen. Unterschrieben ist noch nichts, aber für Schalke sieht es sehr gut aus.

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Manga, geboren in Äquatorial-Guinea, war in Neuss aufgewachsen und hatte eine aktive Karriere in der zweiten Reihe hingelegt - meist spielte er für Klubs in NRW (Neuss, Düsseldorf, Wuppertal, Uerdingen, Aachen, Düren), kam aber nur zu drei Erstliga-Einsätzen und einem Zweitligaspiel. Seine sportliche Heimat war die Schwelle zwischen Amateur- und Profifußball - seine private Heimat blieb Neuss. Dort wohnen seine Eltern immer noch.

Ante Rebic, Luka Jovic und Sebastien Haller (v.l.n.r.) bildeten bei Eintracht Frankfurt einen Traumsturm.
Ante Rebic, Luka Jovic und Sebastien Haller (v.l.n.r.) bildeten bei Eintracht Frankfurt einen Traumsturm. © dpa | Arne Dedert

Als er 2003 zu Alemannia Aachen zurückkehrte, begann er mit der Karriere nach der Karriere - und probierte viel aus. Er war beispielsweise Scout (2003 bis 2011) und U17-Trainer (2008 bis 2010), ließ seine Laufbahn als Fußball-Senior in der U23 (bis 2007) ausklingen. Im Scouting bewies er aber schon früh Talent, zeigte es später in Hoffenheim (April 2011 bis Juni 2012) und beim VfB Stuttgart (Juli 2012 bis Juni 2016). Bei den Schwaben lernte er Fredi Bobic kennen, der ihn dann nach Frankfurt mitnahm und mit ihm ein kongeniales Duo bildete - Bobic als mächtiger, öffentlichkeitswirksamer Sportvorstand, Manga als der Mann im Hintergrund.

Kaderwert von Eintracht Frankfurt enorm gesteigert

Was auf Schalke das große Ziel ist, brachte Manga in Frankfurt zusammen mit Bobic und dessen Nachfolger Markus Krösche zur Perfektion - die Kaderwertsteigerung. Für wenig Geld holte die Eintracht den inzwischen legendären Dreier-Sturm Ante Rebic (ausgeliehen vom AC Florenz, später für 4,5 Mio Euro gekauft), Sebastién Haller (für 7 Mio Euro vom FC Utrecht) und Luka Jovic (ausgeliehen für 200.000 Euro von Benfica Lissabon, später für 22,3 Millionen Euro gekauft) - 34 Mio Euro gab Bobic aus, die Eintracht verkaufte das Trio später für insgesamt 119,7 Mio Euro. Haller war Mangas Tipp, auch an Rebic und Jovic war er beteiligt, sie kamen aber auf Wunsch von Trainer Kovac. Noch besser lief es bei Stürmer Randal Kolo Muani, ebenfalls eine Manga-Entdeckung, der ablösefrei aus Nantes kam und dann für 95 Mio Euro zu Paris St. Germain wechselte. Anderthalb Jahre bevor Kolo Muanis Vertrag endete, sprach er schon mit dessen Berater. Manga baute sich ein riesengroßes Netzwerk auf und schaute sich selbst viele Spiele an.

Etwas, was ihn mit Marc Wilmots verbindet. Genauso wie Schalkes starker Mann sind Daten für ihn nicht allein ausschlaggebend für eine Verpflichtung. „Ich habe nichts gegen Daten, absolut nichts, aber meine Arbeitsweise ist es eben zu reisen, im Stadion zu sitzen und Sachen mitzubekommen. Das ist etwas, was ich aus meiner Sicht durch die Daten nicht habe. Ich habe eben eine andere Arbeitsweise“, sagte er einmal dem Kicker. Nur fünf, sechs Tage im Monat sei er zu Hause. Dirk Rittmüller, der mit Manga in Hoffenheim zusammengearbeitet hatte, sagte über ihn einmal im Kicker: „Ben ist extrem fleißig, nur unterwegs. Er geht auch zu Spielen in Ligen, die wahrscheinlich nicht jeder Scout besuchen würde, bei einem Spieler würde man sagen: Der geht dahin, wo es wehtut.“

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So entdeckte er eispielsweise auch den Ex-Schalker Rodrigo Zalazar bei der U20-Südamerikameisterschaft im Team Uruguays und verpflichte ihn für die Eintracht, als niemand Zalazar kannte. Die Eintracht kassierte 2023 1,5 Mio Euro von Schalke, Zalazars Marktwert beträgt inzwischen sechs Millionen Euro. Auch da bewies Manga sein Diamantenauge. In der zweiten Reihe Europas kennt er sich aus, achtet auf Leihen mit Kaufoption - genau wie sich Schalke das wünscht. Es waren viele Talente dabei, die kurz vor dem Durchbruch standen, dann aber ein Tief durchmachten. Manga fand sie - in Frankfurt starteten sie durch.

Ben Manga wäre für Schalke 04 ein Coup

Zum Beispiel Omar Mascarell, der 2016 von der Ersatzbank Real Madrids kam und zwei Jahre später mit Gewinn wieder verkauft wurde. „Ich bin seit 15 Jahren im Geschäft und behaupte, dass ich mehr sehe als andere. Wenn einer drei Tore schießt, war er gut, das sieht jeder. Meine Aufgabe ist es, kleinste Sachen zu erkennen“, sagte Manga einmal der FAZ. Mit Bobic ergänzte er sich deshalb perfekt, weil der ein gutes Händchen bei Trainern bewies (Niko Kovac, Adi Hütter) und vereinzelt selbst Spieler verpflichtete, die er kannte (zum Beispiel Kevin-Prince Boateng 2017).

Das alles klingt nach einem super Deal für die Königsblauen - und in der Tat: Bekämen sie Manga als Ersatz für André Hechelmann, von dem sich S04 am Mittwoch getrennt hatte, wäre das ein Coup, der bundesweit beachtet würde. Spricht auch etwas dagegen?

Nicht alle Transfers brachten Erfolg

Auch in Frankfurt saßen nicht alle Transfers, Manga - der bisher eine Vorliebe für den spanischsprachigen oder französischen Raum hatte - empfahl auch Spieler wie Allan, Chico Geraldes, Andersson Ordonez und Marijan Cavar, sie sind inzwischen längst vergessen. Und bei seiner bisher letzten Station, dem englischen Zweitligisten FC Watford, hatte Manga kein Transfer-Glück. Im Dezember 2022 wechselte er auf die Insel zum gerade aus der Premier League abgestiegenen Klub, weil er nach vielen Jahren in der zweiten Reihe endlich einmal erster Mann sein wollte - und er mit Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche nicht mehr in allen Fragen einer Meinung war. Krösche arbeitet beispielsweise sehr datenbasiert, verzichtet so gut es geht auf Stadionbesuche, Manga ging diesen Weg nicht mit, sieht das anders. In Watford fand er gute finanzielle Voraussetzungen vor, machte daraus aber wenig. Er brachte Watford aber nicht auf Wiederaufstiegskurs. Nach einem miserablen Saisonstart 2023/2024 rutschte das Team sogar auf Platz 20 ab, geriet in Abstiegsgefahr, fürchtete die Dritte Liga. Manga musste gehen, Trainer Valerien Ismael bekam mehr Macht.

Michael Reschke war auf Schalke glücklos.
Michael Reschke war auf Schalke glücklos. © FUNKE Foto Services | RHR-FOTO/Tim Rehbein

Die Schalker selbst holten einmal einen langjähriges „Perlentaucher“ nach Gelsenkirchen - Michael Reschke, der bei Bayer Leverkusen und Bayern München zwei Jahrzehnte viele Talente entdeckt hatte, hatte ebenfalls in der ersten Reihe beim VfB Stuttgart (August 2017 bis Februar 2019) keinen Erfolg und wechselte dann nach Schalke. Zwischen Juni 2019 und November 2020 hatte Reschke als zweiter Mann hinter Sportvorstand Jochen Schneider kein Glück und galt als mitverantwortlich für den ersten Schalker Abstieg in die Zweite Liga, auf sein Konto geht beispielsweise der Kauf von Ozan Kabak (VfB Stuttgart), der 15 Millionen Euro kostete und sein Talent nur andeutete. Eine weitere Reschke-Verpflichtung mit Verspätung funktioniert hätte. Er erkannte das Talent von Jean-Clair Todibo (FC Barcelona), der drei Jahre nach seiner S04-Zeit französischer Nationalspieler wurde.

Michael Reschke blieb auf Schalke glücklos

Schneider sagte bei Reschkes Verpflichtung: „Er ist durch seine jahrzehntelange Arbeit im Profibereich auf nahezu allen Ebenen hervorragend vernetzt. Dazu besitzt er großes Fachwissen und Erfahrung – gerade im Bereich der Personalplanung im Profibereich.“ So ähnlich dürfte das klingen, wenn Schalkes Vorstandschef Matthias Tillmann die Manga-Verpflichtung verkündet.

Wenn sie denn klappt.