Gelsenkirchen. 96-Videoanalyst Marvin Begemann erlebte auf Schalke ein absolutes Novum - und hörte von einem S04-Coach den Satz: „Interessiert mich nicht.“

Der FC Schalke 04 war im Wochenverlauf bereits Gesprächsthema in der Kabine von Hannover 96. Dabei ging es nicht nur um die sportliche Situation bei den kriselnden Königsgrauen, sondern auch um alte Verbundenheit. Gleich vier Hannoveraner Profis trugen früher das S04-Trikot. Dazu haben zwei Mitarbeiter aus dem Trainer- und Analysten-Stab für Schalke 04 gearbeitet.

Cedric Teuchert (26): Der 96-Knipser hat sich zum „Mister Strafstoß“ entwickelt und im bisherigen Saisonverlauf sechs Bälle vom Punkt verwandelt. Hinzu kommen zwei „normale“ Treffer und eine Torvorlage. Teuchert führt die Zweitliga-Torjägerliste an.

2018 gemeinsam auf Schalke, am Samstag Gegner: Der jetzige Hannoveraner Cedric Teuchert und S04-Torwart Ralf Fährmann.
2018 gemeinsam auf Schalke, am Samstag Gegner: Der jetzige Hannoveraner Cedric Teuchert und S04-Torwart Ralf Fährmann. © firo Sportphoto | firo Sportphoto/Jan Fromme

Auf Schalke lief es für den Blondschopf weniger gut, obwohl der damalige Trainer Domenico Tedesco nach der Verpflichtung des Angreifers „ein eingebautes GPS-System für Tore” erkannt haben wollte. Teuchert kam im Januar 2018 aus Nürnberg, konnte sich aber bei den Königsblauen nicht durchsetzen. Ernüchternde Bilanz: Neun Spiele, null Tore, ein erlittener Wohnungs-Einbruch. Nach eineinhalb Jahren brach Teuchert seine Zelte auf Schalke ab. Nun zittert S04 vor der Rückkehr des Stürmers, der in dieser Saison schon acht Treffer erzielt hat. Er wäre nicht der erste Ex-Schalker, der in dieser Saison gegen seinen alten Klub treffen würde. Fabian Reese erzielte in der Arena das 2:0 für Hertha BSC, Felix Platte traf beim 3:1-Sieg des SC Paderborn gegen Schalke.

Brooklyn Ezeh (22): Der Außenverteidiger spielte in der U19 unter Kult-Coach Norbert Elgert und in der U23 unter Torsten Fröhling für Schalke 04, wechselte im Januar 2022 zum damaligen Drittligisten Viktoria Berlin. Nach einem überragenden Jahr beim SV Wehen Wiesbaden landete Ezeh im Sommer bei Hannover 96 und unterschrieb bei den Niedersachsen einen Drei-Jahres-Kontrakt. Bisher kommt der Deutsch-Nigerianer auf 130 Einsatzminuten.

Vor drei Jahren noch in der Schalker U23: Brooklyn Ezeh (r.). Foto: Thorsten Tillmann / FUNKE Foto Services
Vor drei Jahren noch in der Schalker U23: Brooklyn Ezeh (r.). Foto: Thorsten Tillmann / FUNKE Foto Services © Thorsten Tillmann

Phil Neumann (26): Der Abwehrspieler wechselte 2005 von der Spvgg. Herten zu den Königsblauen und arbeitete sich von der Knappenschmiede bis in den Seniorenbereich hoch. 2017 wechselte der Junioren-Nationalspieler zum FC Ingolstadt. Seit dem 1. Juli 2022 verteidigt der vielseitige 1,92-Meter-Mann für Hannover.

Fabian Kunze (26): Der Mittelfeldmann machte in der Jugend beim VfL Theesen auf sich aufmerksam – Schalkes Scouts wurden hellhörig und holten das Talent in die königsblaue U17. Nach 23 Spielen unter dem damaligen S04-U17-Trainer Uwe Grauer wechselte Kunze in die U19 des SV Rödinghausen. Über die Zwischenstation Arminia Bielefeld landete Kunze bei Hannover 96.

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Michael Ratajczak (41): Seit der Saison 2020/21 arbeitet der gebürtige Herner bei Hannover 96 als Torwart-Trainer. In seiner Jugend spielte der Ex-Profi von 1994 bis 1996 für Schalke 04 und kann sich noch gut an Trainingseinheiten auf schwarzer Schlacke erinnern. „Nach den Einheiten bin ich in kompletter Montur und mit Torwarthandschuhen unter die Dusche gegangen, um die Schlacke abzuspülen“, erinnert sich Ratajczak. Seine Mutter hatte zu „Ratas“ Jugendzeit auf Schalke eine Extra-Waschmaschine für die Sportklamotten. Beim Uefa-Cup-Finalhinspiel gegen Inter Mailand erlebte Ratajczak die Stars als Balljunge im Gelsenkirchener Parkstadion hautnah. Ein Erlebnis, das er bis heute fest im Gedächtnis verankert hat.

Ein Ruhrpott-Kind in Niedersachsen: 96-Torwart-Trainer Michael Ratajczak.
Ein Ruhrpott-Kind in Niedersachsen: 96-Torwart-Trainer Michael Ratajczak. © imago images/Joachim Sielski | Joachim Sielski via www.imago-images.de

Marvin Begemann (28): Seit sechs Monaten ist der ehemalige Frankfurter bei Hannover 96 als Scout und Videoanalyst tätig. Von Juli 2020 bis Sommer 2022 arbeitete Begemann als Videoanalyst bei Schalke 04 und erlebte in dieser Zeit mit Christian Gross, Manuel Baum, Mike Büskens, Huub Stevens, David Wagner, Dimitrios Grammozis und dem kurzzeitig eingesprungenen Matthias Kreutzer sieben verschiedene Trainer.

Im „Comeback Motivation“-Podcast gab Begemann kürzlich Einblicke in seine Arbeit und seine S04-Zeit. Dabei erzählte er eine Anekdote über Schalkes Jahrhunderttrainer Huub Stevens, der für wenige Wochen als Interimstrainer einsprang: „Wir kannten uns vom Sehen und hatten uns mal kurz unterhalten, aber er wusste jetzt auch nicht wirklich, was die Datenanalyse eigentlich alles kann, weil er einfach aus einer anderen Zeit kommt. Dann war ich bei ihm im Büro und habe ihm das alles vorgestellt. Dann hat er mit seinem niederländischen Akzent gesagt: Das interessiert mich alles nicht. Dann war für mich klar: Ich mache meine Grundarbeit, ich helfe ihm, so weit ich kann.“

Schleuderstuhl bei Schalke 04, Konstanz bei Hannover 96

Die Zeit im Ruhrpott hat den jungen Videoanalysten geprägt und auch angesichts der hohen Fluktuation auf dem Trainerstuhl ins Grübeln gebracht. „Es ist sehr, sehr schwierig, sich keine Gedanken zu machen. Wenn der Trainer entlassen wird, wenn du verlierst, hast du irgendwo mit eine Teilschuld. Und das lässt einen dann irgendwann auch nicht mehr los.“ Bei Hannover 96 hat Begemann bisher nur einen Cheftrainer erlebt: Stefan Leitl.