Essen. Leonardo Vonic hat eine gute erste Saison für Rot-Weiss Essen gespielt. Wie gut kann der junge Stürmer werden? Eine Analyse liefert Antworten.
Schon im Sommer 2023 hat Rot-Weiss Essen bei der Personalie Leonardo Vonic Nägel mit Köpfen gemacht. Eine Ablösesumme in Höhe von rund 100.000 Euro hatte der Fußball-Drittligist an den 1. FC Nürnberg bezahlt, um sich die Dienste des 20-jährigen Stürmers zu sichern. Vonic erhielt an der Hafenstraße einen Dreijahresvertrag. Es war eine Wette auf die Zukunft.
In seiner ersten Saison im Profifußball hat der junge Angreifer angedeutet, dass er den hohen Erwartungen gerecht werden kann. Neun Tore und sechs Vorlagen gelangen Vonic in 35 Drittliga-Einsätzen. Ein respektabler Wert, den der Kroate in seinem zweiten Jahr in Essen steigern soll. Das erhoffen sich die Verantwortlichen um Trainer Christoph Dabrowski. Klar ist, dass der in Darmstadt geborene Stürmer neue Konkurrenz erhalten wird. Ron Berlinski wird die Hafenstraße verlassen, Moussa Doumbouya kann trotz laufenden Vertrages gehen. Neue Stürmer werden gesucht. Doch welche Angreifer-Typen passen zu Vonic und wie groß ist das Entwicklungspotential des RWE-Stürmers? Diese Fragen beantwortet eine Datenanalyse unseres Kooperationspartners Createfootball.
Rot-Weiss Essen: Das Spielerprofil von Leonardo Vonic
Vonic ist ein schneller und dynamischer Stürmer, dessen Stärken als zweite Spitze neben einem echten Neuner zum Tragen kommen können. Ein solchen suchen die Essener auch für die kommende Saison. Es wäre somit eine Option, Vonic an der Seite eines kopfballstarken Zielspielers auflaufen zu lassen. Das würde zu seinem Spielstil passen. Vonic ist sehr beweglich und mutig, sucht sehr geradlinig den Weg zum Tor, und zieht immer wieder in Richtung Zentrum. Er lässt sich gerne nach außen fallen, um Räume zu schaffen und dann mit seinem starken rechten Fuß in die Mitte zu ziehen.
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In der abgelaufenen Saison wurde Vonic überwiegend als einzige Sturmspitze eingesetzt. Der 20-Jährige hat einen Drang nach links und weicht häufiger auf den linken Flügel aus. Noch ausbaufähig ist sein Abschluss. Neun Tore sind für einen 20-Jährigen ein guter Wert, er ließ jedoch mehrere Hochkaräter liegen. Sein expected-Goals-Wert (erwartbare Tore) lag bei über zehn Treffern. Mit mehr Erfahrung dürfte es Vonic gelingen, effizienter zu werden.
Arbeiten muss er an seinem Passspiel, das für Drittliga-Verhältnisse noch sehr schwach ist. Ins letzte Drittel kommt Vonic zumeist nur per Lauf, mit Pässen kreiert er nur wenige Abschlussmöglichkeiten. Ein weiteres Manko: Vonic ist kein guter Zweikämpfer und im Kopfballduell trotz seiner Körperlichkeit (1,85 Meter groß) immer wieder unterlegen.
RWE-Stürmer Leonardo Vonic hat sich in der Rückrunde schon gesteigert
Für Vonic spricht, dass er sich sowohl im Spiel gegen den Ball als auch mit dem Ball im Laufe seiner ersten Saison gesteigert hat. In der Rückrunde kann er mehr gewonnene Defensivzweikämpfe und deutlich mehr abgefangene Pässe im letzten Drittel aufweisen. Dazu kommen auch mehr Balleroberungen im Mitteldrittel durch resolutere Zweikampfführung. Trainer Dabrowski hatte immer wieder gefordert, dass er gegen den Ball mit mehr Einsatz und Leidenschaft agiert. Zum Ende der Saison hatte er Vonic aufgrund schwacher Trainingsleistungen öffentlich angezählt. Dass er verteidigen kann, hat Vonic zumindest angedeutet.
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Auch mit dem Ball hat sich Vonic verbessert und war in der Rückrunde deutlich aktiver. Im Schnitt hatte er in der zweiten Jahreshälfte pro Spiel sechs Ballkontakte mehr, vor allem im Mitteldrittel war er deutlich präsenter (+ 5,1 Ballaktionen). Er bot zudem rund drei Freilaufbewegungen pro Spiel mehr an als in der Hinrunde, indem er mehr auf die Flügel ausgewichen ist und sich so dem Gegnerdruck entzogen hat und angespielt werden konnte. Seine Läufe in die Tiefe sind darüber hinaus torgefährlicher geworden und er stand deutlich seltener im Abseits als in der Hinrunde (0,8 Abseitsstellungen in der Rückrunde vs. 1,5 in der Hinrunde). Das spricht für ein besseres Timing und eine gute Entwicklung.
In der Rückrunde hat Vonic zwar mehr Assists gesammelt, die Genauigkeit seiner Zuspiele blieb aber ausbaufähig. Im letzten Drittel ist seine Passquote sogar gesunken (von 72 auf 65 Prozent). Auffällig war jedoch, dass Vonic in der Rückrunde im letzten Drittel des Spielfeldes deutlich seltener das direkte Duell mit seinem Gegenspieler gesucht hat. Der Kroate muss insgesamt zielstrebiger werden.
Rot-Weiss Essen: Der Abschluss von Leonardo Vonic
Vonic hat seine Torquote von 0,28 pro 90 Minuten auf 0,55 pro 90 Minuten in der Rückrunde gesteigert. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Vonic diesen Wert mit seinen drei Toren am vorletzten Spieltag in Lübeck mit einem Spiel deutlich verbessert hat.
Eine Weiterentwicklung ist jedoch nicht von der Hand zu weisen. Vonic schoss seltener, aber dafür aus wesentlich besseren Positionen (0,18 xG pro Schuss, in der Hinrunde nur durchschnittliche 0,12). Schüsse von ihm wurden seltener geblockt (0,8 Hinrunde/90, 0,6 Rückrunde/90). Das RWE-Talent hatte bei fast identischer Anzahl an Ballaktionen in der Box mehr Großchancen, und konnte 18 Prozent seiner Schussversuche verwerten (Hinrunde nur 8 Prozent).
RWE-Stürmer Leonardo Vonic kann die Zukunft gehören
Es bleibt festzuhalten, dass der 20-jährige Vonic ein Stürmer ist, der über ein großes Entwicklungspotential verfügt. Schon im Laufe seiner ersten Saison als Profi hat er sich gesteigert. Gelingt ihm in seinem zweiten Jahr ein weiterer Sprung, könnte Rot-Weiss Essen endlich den torgefährlichen Stürmer in den eigenen Reihen haben, der in der vergangenen Spielzeit häufig gefehlt hat. Positiv ist zudem, dass Vonic auch in der Lage ist, an der Seite eines echten Neuners zu spielen.