Essen. Rumms: Drittligist Rot-Weiss Essen stellt seinen Kapitän Felix Bastians frei. „Er ist kein Bauernopfer“, betont der Klub. So kam es zu dem Aus.
Punkt 14 Uhr am Dienstag gab der Drittligist Rot-Weiss Essen bekannt, dass er seinen Kapitän Felix Bastians freigestellt hat. Der Zeitpunkt der Freistellung: durchaus pikant. Die vergangenen zwei Spiele hat RWE klar verloren, besonders das 0:5 gegen den SC Verl am Samstag schmerzt den Verein noch immer. Chaos und Aktionismus an der Hafenstraße?
Im Gegenteil, wie die Vorstandsmitglieder Marcus Uhlig und Alexander Rang gemeinsam mit Sportdirektor Marcus Steegmann und Trainer Christoph Dabrowski gegenüber dieser Redaktion erklären. „Felix Bastians ist kein Bauernopfer“, stellt Vorstandschef Uhlig klar. Nach der Verl-Pleite setzte Rot-Weiss zu einer tiefen Analyse an. Eine Schlussfolgerung war, dass die Freistellung von Felix Bastians unumgänglich sei. Allerdings führten mehrere Gründe, allesamt aus den vergangenen anderthalb Jahren, zu diesem Schritt.
Rot-Weiss Essen: Nicht das erste Aus mit Begleitgeräuschen von Bastians
Bastians, der in seiner langen Profikarriere schon für den SC Freiburg und den VfL Bochum in der Bundesliga, in England und China spielte, gilt als meinungsstark – das ist ja eigentlich eine positive Eigenschaft. Jedoch eckte er offenbar schnell an, in Essen und in anderen Karrierestationen. Seine Zeiten in Freiburg und Bochum endeten ebenfalls jäh, doch was konkret fiel zwischen dem 35-Jährigen und RWE vor?
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Nach Meinung der Vereinsverantwortlichen habe Bastians das Kapitänsamt und die damit verbundene Vorbildrolle nicht zufriedenstellend ausgefüllt. Das Ego vor dem Team? So könnte man es deuten. RWE habe vieles akzeptieren können, denn gerade in der ersten Halbserie der Vorsaison 2022/23 hat Bastians starke Leistungen gezeigt. Seine Sonderstellung im Team untermauerte er entsprechend.
Aus Sicht der Verantwortlichen ließ der Verteidiger jedoch auf dem Platz und in der Kabine nach. Er habe die Erwartungshaltung nicht mehr erfüllen können, Bastians aber sah manches wohl anders, wodurch sich die Konflikte mehrten.
Rot-Weiss Essen: Dabrowski spricht über Bastians
Ein aktuelles Beispiel, das auch in Fankreisen schon diskutiert wurde: Felix Bastians verletzte sich am zweiten Spieltag dieser Saison gegen Aue. Als er wieder fit war, musste er sich auf die Bank setzen, da die Innenverteidiger José-Enrique Rios Alonso und Felix Götze in seiner Abwesenheit bestens miteinander harmonierten und gute Spiele abgeliefert hatten. Sportlich gesehen gab es keinen Grund für Trainer Dabrowski, das Duo zu sprengen.
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Damit ging Bastians aber vermutlich nicht so um, wie sich das die Sportliche Leitung gewünscht hatte. Stichwort: Vorbildfunktion. Dabrowski hatte Bastians dabei klar signalisiert, dass der Kapitän auch eine wichtige Rolle fürs Team einnehme, wenn er mal nicht auf dem Platz steht. „Alle Puzzleteile, die sich summiert haben, haben dafür gesorgt, dass bei mir die Überzeugung schwand, eine Führungsfigur zu haben, die meine Überzeugungen auch in die Mannschaft trägt“, sagt Dabrowski.
In der Pressemitteilung formuliert RWE das wie folgt: „Felix Bastians ist der Erwartungshaltung, als Mannschaftskapitän nicht nur auf dem Platz seine Leistung zu bringen, sondern darüber hinaus als Leader auf dem Platz und in der Kabine voranzugehen, zunehmend nicht mehr nachgekommen.“
Fußballspieler besitzen feine Antennen. In der Kabine war die Diskrepanz offenbar zu spüren. Bevor dieser Konflikt weiter hochgekocht und womöglich eskaliert wäre, reagierte der Verein – gerade nach den verrückten vergangenen Tagen mit dem 3:1-Sieg gegen Dresden, dem 0:4 in Unterhaching und dem 0:5 gegen Verl habe der Verein nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können. „Wir wollten rechtzeitig die Bremse treten, um der Mannschaft den Raum zu geben, sich freier zu entwickeln und eine neue Hierarchie zu bilden“, erklärt Dabrowski.
Wie geht es nach dem Aus von Bastians bei RWE weiter?
Wie geht es weiter? Dabrowski sieht das Aus als „Chance“. Andere Rot-Weisse müssen nun mehr Verantwortung übernehmen. Dass das Chance und Risiko zugleich ist, sei den Verantwortlichen bewusst, wie sie betonen. Sie setzen hier besonders auf Leistungsträger wie Torwart Jakob Golz und Mittelfeldspieler Vinko Sapina.
Fest steht aber auch, dass der Kader in den vergangenen zehn Monaten ordentlich durcheinandergewirbelt wurde. Felix Herzenbruch, Simon Engelmann, Daniel Heber und nun Bastians – viele wortgewichtige Spieler sind weg. Die neue Hierarchie muss sich verdammt schnell finden, zu wichtig sind die anstehenden Aufgaben in der Liga.
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Sportlich gesehen kommt hinzu, dass ab sofort eine Option in der Verteidigung fehlt – aber auch diesem Risiko seien sich die Verantwortlichen bewusst.
RWE hat nun noch vier Innenverteidiger im Kader: Götze, Rios Alonso, Aaron Manu und Mustafa Kourouma. Götze ist verletzt, ein Einsatz am kommenden Freitag bei der U23 des BVB ist fraglich, während Manu gerade aus einer längeren Verletzung kommt und Kouroumas bislang letzter Einsatz schon einige Wochen her ist. In Bastians ist zudem ein Linksverteidiger weggebrochen. Erst im Januar kann RWE neue Spieler holen.
Wie Bastians auf das Aus reagiert habe? Er war wohl not amused. Ist ja auch klar: Für den Routinier endet damit womöglich die lange Profikarriere mit einem lauten Knall. Die Runde 2023/24 hätte wohl seine letzte Saison, RWE sein letzter Verein sein sollen.
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