Essen. Eine Woche Wesendorf liegt hinter Rot-Weiss Essen, der Saisonstart rückt näher: Wer bisher überraschte und was im Trainingslager auffiel.
Bereits eine Viertelstunde bevor die erste Einheit im Trainingslager in Wesendorf anstand, war Christoph Dabrowski auf den Platz gelaufen. Der Trainer von Rot-Weiss Essen hatte sich etwas vorgenommen, für die sechs Tage im Niedersächsischen. Und für die anstehende Drittliga-Saison, die näher und näher rückt. In zehn Tagen geht sie los beim Halleschen FC (Fr., 4. August, 19 Uhr).
Das Camp in Wesendorf war intensiv. Viel wurde gearbeitet, vor allem mit dem Ball. Pressing, Gegenpressing, Spiel auf engem Raum. Die Übungen brachten die Bestätigung für das, was Dabrowski und sein Staff in Gesprächen als Ziel ausgegeben haben: RWE will in der neuen Runde aktiver auftreten.
Rot-Weiss Essen: Manu ist der Pechvogel der Vorbereitung
Vor der zurückliegenden Saison war das ebenfalls der Plan, doch Rot-Weiss musste nach dem schlechten Start zurückrudern und konzentrierte sich zunächst einmal auf die Defensive. Die Offensive war das große Sorgenkind, das Spielermaterial gab nicht genug her. Klar, dass sich etwas ändern musste.
Um aktiv und mutig zu spielen, muss eine Mannschaft Wucht entfachen können. Um pressen zu können, muss sie körperlich auf der Höhe sein. Auch deshalb hat RWE bewusst robuste Spieler verpflichtet: Aaron Manu (1,94 Meter/Innenverteidigung), Vinko Sapina (1,94 Meter/zentrales Mittelfeld), Moussa Doumbouya (1,88 Meter/Mittelstürmer). Das sind schon andere Kaliber, und sie helfen auch bei Standardsituationen, die RWE mit dem neuen Co-Trainer Paul Freier im Trainingslager einstudierte.
Jedoch ist Aaron Manu der Pechvogel des Trainingslagers. Er verpasste viele Einheiten und die Testspiele gegen Teutonia Ottensen (2:1) und Eintracht Braunschweig (0:1) verletzt (Achillesferse). Die Woche mit der Mannschaft und auf dem Platz hätten ihm sicherlich gut getan. Stichwort: Abläufe. Aber eine Saison ist lang, da kommt er sicher noch rein.
Rot-Weiss Essen im Trainingslager:
- Dabrowski-Interview Teil eins: So geht er mit der Fankritik um.
- Dabrowski-Interview Teil zwei: Das ist der Plan für 2023/24.
- Vom Co-Trainer zum Temmanager: Das ist „Erle“ Wolters’ neuer Job.
- „Ich weiß, was RWE bedeutet“: Harenbrock über seine Rolle als Dienstältester.
- 2:1 gegen Ottensen: Wie Rios Alonso das Testspiel einordnet.
- Moussa Doumbouya: Vom Flüchtling zum RWE-Profi.
Probleme plagten auch Ekin Celebi (Leiste), den neuen Linksverteidiger, der viele gute Flanken schlug. Er konnte in Braunschweig ebenfalls nicht mitspielen – und womöglich hat es dort Moussa Doumbouya schwer erwischt. Er fiel auf die Schulter und musste ausgewechselt werden. Ein MRT-Termin an diesem Dienstag soll Klarheit verschaffen.
Der Test beim Zweitligisten machte deutlich: RWE muss nochmals auf dem Transfermarkt aktiv werden. Auf mancher Position wird es schnell dünn. Fällt Doumbouya länger aus, steht lediglich Ron Berlinski als nominelle Alternative parat. Torben Müsel könnte eins nach vorne rücken. Der Offensive, der im Winter nach Essen wechselte, stark gestartet war, dann aber aus dem Tritt kam, ließ sein Potenzial in der Vorbereitung aufblitzen. Mit ihm wird zu rechnen sein.
RWE muss noch neue Spieler holen
Statt Ekin Celebi spielten Andreas Wiegel, Sascha Voelcke sowie hinten links Eric Voufack. Voufack, der vom Regionalligisten Lok Leipzig kam, war anzusehen, dass er noch Zeit braucht, um sich an Niveau und Intensität zu gewöhnen. Auch Marvin Obuz und Probespieler Lucas Brumme konnten in Braunschweig keinerlei Akzente setzen. Die zweite Hälfte war schon mau. Keine Kreativität, keine Gefahr, keine Torchance.
Nun muss man aber auch anmerken, dass dieser 120-Minuten-Test zum Abschluss des Trainingslagers an die Kraftreserven ging. Und diese Frage stellt sich ja in jedem Sommer: Wie aussagekräftig sind Vorbereitungsspiele? Trotzdem: Auf den Flügeln sollte noch etwas passieren, sonst wird es eng – qualitativ wie quantitativ.
Lesen Sie hier: „Sehr dominant“: Sapina macht bei RWE auf sich aufmerksam.
Den besten Eindruck hinterließ bislang Vinko Sapina. Ballsicher, präsent, pressingresistent – er wird die erhoffte Verstärkung für RWE sein. Sascha Voelcke, zuletzt an den 1. FC Bocholt ausgeliehen, zeigte sich ebenfalls: Schnell und gute Flanken – er könnte eine Zukunft bei RWE haben, das gilt auch für Nils Kaiser. Der 21-Jährige war schon abgeschrieben und überraschte viele mit hohem Engagement und guten Leistungen. Sein Problem: Die Konkurrenz in der Zentrale ist groß.
Rot-Weiss Essen: Neue Hierarchie – das ist eine Chance
Neu ist zudem Ole Springer. Der dritte Torwart nimmt seine Rolle hinter Stammkeeper Jakob Golz und Felix Wienand an, tut dem Gefüge gut, und überhaupt: In Wesendorf ließ sich beobachten, dass es in der Mannschaft zu stimmen scheint.
Nach den Weggängen von Wortführern wie Simon Engelmann und Felix Herzenbruch sowie erfahrenen Spielern wie Oguzhan Kefkir legte Christoph Dabrowski bewusst zwei Teambuilding-Einheiten in Wesendorf ein. Nur ein Akteur ist über 30 Jahre alt, ein Gegensatz zur Vorsaison: Felix Bastians, der unangefochtene Leader.
Andere müssen in der anstehenden Saison als Führungsspieler vorangehen. Cedric Harenbrock nimmt sich das vor, und nicht nur aufgrund seiner Leistungen hat auch Jakob Golz eine wichtige Stellung bei RWE. Es liegt eine Chance darin, dass sich die Hierarchie neu austariert.
Wichtig wird sein, dass Rot-Weiss Essen das Momentum auf seine Seite zieht und in einen Flow kommt. Dafür wird an diesem Mittwoch wieder getestet – gegen Adler Union Frintrop am Hallo (19 Uhr). Und am Samstag ist auch noch eine Generalprobe geplant.
Beim Halleschen FC zählt’s dann.