Duisburg. Der Drittligist droht das große Ziel Wiederaufstieg aus den Augen zu verlieren. Nicht nur Torhüter Leo Weinkauf trug Schuld an der Niederlage.
Torsten Lieberknecht sah am Dienstagabend aus wie ein Mann, dessen Gesicht Freude nie gekannt hat. Die 0:1-Niederlage des Fußball-Drittligisten MSV Duisburg bei Viktoria Köln, einer Mannschaft aus dem Niemandsland der Tabelle, sitze ihm „extrem im Rückenmark“, greinte der Trainer und seufzte über einen „schweren Tag für uns alle“. Sein direkter Vorgesetzter, der Sportliche Leiter Ivica Grlic, nahm auf der Tribüne mehrere Anläufe, seine Enttäuschung zu beschreiben. Dann merkte er an: „Wir laufen jetzt der Musik hinterher.“ Die bläst dem Zebra einen Trauermarsch.
Natürlich brannte allen eine Szene auf der Netzhaut: Torhüter Leo Weinkauf leistete sich in der 49. Minuten den zweiten dicken Bock innerhalb von sieben Tagen und schadete damit seinem Verein (und seiner Karriere) extrem. Das hat man ja nicht gern in seinem Lebenslauf stehen: Habe meinem Team durch zwei dämliche Aktionen den Aufstieg vermasselt und den Verein an den Rand des Ruins gestolpert. Sein blödsinniger Fehlpass auf Albert Bunjaku, der eigentlich Marvin Compper erreichen sollte, öffnete das Tor zum dritten Sieg in Folge für die Viktoria auf volle 7,32 Meter. Mehr Tor gibt’s nicht.
Lieberknecht wollte nicht den Stab über seinen Keeper brechen, Grlic nicht mit dem Finger auf ihn zeigen. Der Mann zwischen den Pfosten – sehr stark in der ersten Halbzeit – wird schließlich noch gebraucht. Ihm mag helfen: Große Torhüter sind nicht solche ohne Fehler, sondern solche, die danach unbeeindruckt weiter ihren Job machen.
Im Regen stehen gelassen
Und man darf nun auch nicht aus dem Blick verlieren: Hätten Connor Krempicki, Leroy-Jacques Mickels und Lukas Daschner in den ersten 20 Minuten beim Spiel gegen den KFC Uerdingen blank vor dem Tor getroffen, wäre Weinkaufs Stolperer nur eine Anekdote gewesen. Hätte der MSV die verbleibenden 40 Minuten nach der Panne vom Dienst auf dem Kölner Höhenberg konstruktiv und klug genutzt, hätten die Kameraden ihrem Keeper aus der Patsche helfen können. Hätte, hätte, Fahrradkette. Fest steht aber auch: Die Mitspieler haben den jungen Herrn Weinkauf bei schönsten Sonnenschein im Regen stehen lassen.
Es gibt noch ein paar Fragen zu stellen: Warum brauchte die Mannschaft in einem so wichtigen Spiel 35 Minuten für einen einigermaßen geordneten Vortrag, wie Trainer Lieberknecht feststellte? Warum lernt die Truppe nicht aus ihren Fehlern? Warum fing Chefstürmer Vincent Vermeij für eine Nichtigkeit eine Rempelei an und sich selbst dabei die fünfte Gelbe Karte ein? Warum musste bereits zum vierten Mal ein Spieler vor der Pause mit einer Verletzung ausgewechselt werden? Für Migel-Max Schmeling war bereits nach 29 Minuten der Abend mit einer Sprunggelenksverletzung beendet. Doch für Zebra- oder Katzenjammer ist nach der Saison Zeit genug.
Stoppelkamp wird vermisst
Da folgt man – der großen Not gehorchend – eher der Blickrichtung von Sportchef Ivica Grlic: „Ich hoffe, dass am Samstag gegen Halle der eine oder andere zurückkommt.“ Mehr als alle anderen ist der eine Kapitän Moritz Stoppelkamp. Der MSV vermisst ihn schmerzlich, zum Beispiel weil offenbar niemand sonst eine anständige Ecke oder einen gefährlichen Freistoß schießen kann.
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Für die Zielgerade lautet das Motto: „Ihr habt keine Chance. Nutzt sie gefälligst!“ Ja, die Helden sind müde, stehend k. o., kann man auch sagen. Das war aber Reinhold Messner ebenfalls, bevor er sich ohne Sauerstoffmaske auf den Mount Everest schleppte. Und oben auch heil ankam! Einen Tipp möchte man geben: Trainer Torsten Lieberknecht sollte die Phrase vom „großen Traum“ für zwei Wochen hinterm Zucker im Küchenregal verstecken.
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Genug geträumt – gegen den Halleschen FC, den FC Bayern München II und die SpVgg Unterhaching muss die Mannschaft hellwach sein. Der Coach ist da gefordert. Er hat ja am Montag in der Pressekonferenz angemerkt, dass er „solche Herausforderungen sehr liebe“. Es ist höchste Zeit, auch diese Floskel zu lassen oder endlich sein Personal mit dieser Liebe brennend anzustecken.
Ohne Hoffnung ist die Nummer ja nun nicht. Gegen Hansa Rostock (0:0) und die Würzburger Kickers (1:1) war der MSV die schwächere Mannschaft. In 1860 München beim 2:3, beim 1:1 gegen den FC Carl Zeiss Jena, beim 1:1 gegen den KFC und am Dienstag in Köln haben sich die Zebras einzig und allein selbst um die Punkte gebracht. Nach dem 2:3 gegen den SV Waldhof Mannheim (nach 2:0-Führung und starker erste Halbzeit) lobte der Trainer überschwänglich die Überschrift in dieser Zeitung: „Der MSV ist sein eigener Konkurrent.“ Daran hat sich nichts geändert. Immerhin, diesen Gegner kennt man sehr gut.