Duisburg. Der MSV Duisburg ist derzeit sein größter Konkurrent. Eine Analyse zum Tief: Probleme liegen bei den Standardsituationen – aber nicht nur dort.

Die folgenden drei Sätze sind für Schüler unter 18 Jahren nicht geeignet: „Manchmal ist es gut, gar nicht zu trainieren. Wenn du zu viel Fokus darauf legst, dann blockierst du. Vielleicht mal kein Training zu machen, ist manchmal die bessere Idee.“ Fußballlehrer Torsten Lieberknecht hat auf diese Weise über das geeignete Üben von Standards bei Drittligist MSV Duisburg gesprochen. Das war bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den SV Waldhof Mannheim. Da stellt man sich nun all die jungen Menschen vor, die vor einer Mathearbeit erklären: „Diese ganzen Formeln zu lernen, das könnte mich blockieren. Vielleicht ist nicht zu pauken manchmal die bessere Idee.“

Zum Glück können schlagfertige Eltern nach dem vorzeitigen Aschermittwoch mit dem 2:3 gegen die Buben vom Waldhof ihren Kindern antworten: „Schaut auf den MSV: Die Mannschaft hat in den letzten drei Spielen zwei Tore nach einer Ecke und eins nach einem Freistoß bekommen. Selbst haben sie kein Tor nach einer Ecke oder einem Freistoß gemacht. Nur einen Punkt gab es deshalb – und jetzt ist die Versetzung in die zweite Fußball-Klasse gefährdet.“

Mühe, die Qualität zu halten

Wer gesehen hat, wie sich die Defensive beim 2:3 der Waldhöfer am Samstag verhalten hat, musste erkennen: Der Blackout war so schwarz, dass alles Training dieser Welt ihn nicht dunkler gemacht hätte. Kurz, wer immer für den Job zuständig ist: Er macht ihn nicht gut, auch wenn dieses Mal Arne Sicker Ecken und Freistöße schießen durfte.

Die Misere fällt auf. Der Grund dafür: Dem Tabellenführer muss inzwischen jedes Mittel recht sein, zum Erfolg zu kommen. Die beiden Niederlagen gegen Zwickau und Waldhof brennen lediglich aufs Zebrafell, was sich seit dem 2:2 in Unterhaching vor Weihnachten (Ausgleich nach einem Freistoß der Bayern) abzeichnet: Der MSV hat Mühe, seine Spiele durchzubringen und die Qualität über die volle Zeit zu halten.

Sogar Krebs sieht das Problem

Selbst eine 2:0-Führung gegen Waldhof, ein Gegner, der in der Pause schon deprimiert über die Pizzabestellung für die Rückreise diskutiert hatte, war als Vorlage nicht ausreichend. Gegen Zwickau nach 25 Minuten und gegen Braunschweig nach 45 Minuten stellte der MSV den Betrieb ein. Comedian Markus Krebs, übrigens kein Fußballlehrer, hatte beim Halbzeitplausch mit dem TV-Sender Magentasport erkannt: Die Zebras ließen gern den Gegner vom Haken und dann kann es bei einem Gegentor ungemütlich werden. Markus Krebs hat offenbar bereits einige MSV-Spiele gesehen.

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MSV-Trainer Torsten Lieberknecht.
MSV-Trainer Torsten Lieberknecht. © firo Sportphoto / Volker Nagraszus

Was dabei ebenfalls auffällt: Der Trainer betont immer wieder, dass seine Mannschaft noch jung und unerfahren sei. So lassen sich Fehler als menschlich verzeihen. Im Kreis der Favoriten ordnete der Trainer seine Mannschaft trotz der guten Ausgangsposition vor Weihnachten nicht ein. Das scheint ein Schutzreflex zu sein. So aber liefern sich die Beteiligten auch ein Alibi. Wenn es nicht geklappt hat, dann lag es eben daran, dass die Formation so jung und neu zusammengestellt ist. Was ist eigentlich aus dem guten alten Starkreden geworden? Der MSV hat seine Rolle als Spitzenkraft der Liga nicht angenommen.

Topspieler im Formtief

Lieberknechts Chef, der in der Verantwortung für ein weltweit erfolgreiches Unternehmen ist, sprach da schon anders. Ingo Wald erklärte im Winter: „Wenn man nach der Hinrunde Tabellenführer ist, kann man mit dem vierten Platz nicht mehr zufrieden sein.“ Freilich nicht alles liegt an Psychologie und einer Fünf in Mathe. Ganz handfest: Die Chefspieler Moritz Stoppelkamp und Lukas Daschner gehen durch ein langes Formtal. Tim Albutat ebenfalls. Der Coach sprach ausdrücklich die Schwächen im defensiven Mittelfeld gegen Waldhof an. Das Aufblühen des Ahmet Engin gleicht diese Mängel nicht aus. Lieberknecht spricht davon, „Haltung zu bewahren“ und „sich nicht unterkriegen zu lassen“. Das reicht nur bedingt. Der MSV braucht auch einen guten Schluck Euphorie. Auf dem Platz, um der gegen Mannheim in der ersten Halbzeit gezeigten Spielfreude auf 90 Minuten freien Lauf zu lassen.

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Und auf den Rängen: Zum Spitzenspiel kamen 12.037 Zuschauer. Der Schnitt in dieser Saison liegt bei 13.902 zahlenden Kunden. Kalkuliert hat der MSV mit 14.000 Besuchern im Schnitt. Damit die kommen, braucht es die Vorfreude auf den Aufstieg. Der SV Meppen – Gegner am nächsten Sonntag – gehört als Tabellenfünfter inzwischen nicht mehr zu Dutzendware. Mit einem Sieg im Emsland lässt sich die Hoffnung auf die Versetzung in die nächste Klasse frisch wecken. Die Zebras führen die Tabelle weiter an und haben das Punktepolster als Knautschzone bei Unfällen wie in Zwickau oder gegen Mannheim genutzt.

Muss man sich um den Aufstieg sorgen? Sagen wir mal so: Das 2:3 gegen Mannheim hat gezeigt: Der MSV braucht die Konkurrenz nicht zu fürchten. Man schlägt sich am liebsten selbst.