Bochum. Fortuna Düsseldorf steht nach dem 3:0 gegen den VfL Bochum vor dem Aufstieg. Der Erfolg ist vor allem zwei Männern zu verdanken.
Äußerst entspannt trat Daniel Thioune vor die Mikrofone. Der Trainer von Fortuna Düsseldorf lächelte leicht, viel mehr Gefühlsregung erlaubte er sich allerdings nicht. Dabei hätte es durchaus Anlass gegeben zu ein wenig Triumphgeheul, denn Thioune wusste an diesem Donnerstagabend ja nur zu genau, dass er mit allergrößter Wahrscheinlichkeit wahr werden wird, der große Traum von der Bundesliga. Mit 3:0 (1:0) hatten die Düsseldorfer das Relegations-Hinspiel beim Noch-Bundesligisten VfL Bochum gewonnen. Ein derart großer Vorsprung wurde in diesem Wettbewerb noch nie verspielt und der im Laufe des Spiels immer stärker auseinanderfallende VfL vermittelte auch nicht den Eindruck, noch ein Fünkchen Hoffnung zu verspüren für das Rückspiel am Montag (20.30 Uhr/Sat.1 und Sky). Nicht mit dem hilflosen Auftritt auf dem Platz und auch nicht später, vor den Journalisten, als niemand so recht zu glauben schien an die eigenen Beschwörungen eines Wunders.
Und so war es an Thioune, die Euphoriebremse einmal kräftig durchzutreten. „Ich will gar nicht schwarzmalen“, sagte der Fortuna-Trainer und tat dann genau das: „Am Ende des Tages hat diese Bochumer Mannschaft vor ein paar Wochen in Berlin mit 3:0 zur Halbzeit geführt, sie hat den FC Bayern München hier geschlagen und als letzte deutsche Mannschaft gegen Bayer Leverkusen gewonnen“, argumentierte Thioune. „Jetzt fragen sie mich nochmal, ob die ein 0:3 drehen können. Dann würde ich sagen: Ja.“ Was man eben so sagt, wenn man die Spannung innerhalb der eigenen Mannschaft hochhalten will.
Tatsächlich weiß der 49-Jährige auch, dass er noch nie so nah dran war in seiner Karriere als Profispieler und Trainer, sich seinen Traum von der Bundesliga zu erfüllen. Er weiß aber auch, wie schnell es gehen kann, wie nah Triumph und Niederlage im Fußball beieinanderliegen. Das zeigte sich auch am Donnerstagabend, zumindest in der Anfangsphase. Beim ersten Düsseldorfer Tor war viel Zufall dabei: Christos Tzolis schlug einen seiner brandgefährlichen Eckstöße an den ersten Pfosten, von dort prallte er an den Oberschenkel des VfL-Stürmers Philipp Hofmann und dann ins Tor (13.). Unmittelbar im Anschluss traf Bochums Bernardo auf der Gegenseite den Pfosten.
Für Fortuna Düsseldorf war ein deutlich höherer Sieg möglich
Da hätte das Spiel einen anderen Verlauf nehmen können, andererseits war nach dem 2:0 durch Felix Klaus (64.) und erst recht nach dem 3:0 durch Yannik Engelhardt (72.) gegen völlig indisponierte Hausherren auch ein deutlich höherer Sieg möglich. Thioune also ist der Bundesliga ganz nahe, und doch vorsichtig – denn er wähnte sich ja schon einmal auf bestem Wege dahin. Im Sommer 2020 hatte er den Hamburger SV übernommen, seit Jahren der große Aufstiegsfavorit in Liga zwei und für den Trainer Thioune ein Traumjob. Es ging furios los, mit fünf Siegen in fünf Ligaspielen.
„In Hamburg war ich als Trainer 25 Spieltage oder so auf Platz eins, da war ich dem schon ganz nah und wähnte mich mit einem Bein schon in der Ersten Liga“, sagte Thioune mal. „Dann kamen Dinge dazu, die das doch geändert haben.“ Es kam nämlich die traditionelle HSV-Frühjahrskrise, in der die gute Ausgangslage mehr und mehr verspielt wurde. Drei Spieltage vor Schluss musste der Sohn eines Senegalesen und einer Deutschen gehen – und hatte wegen der Corona-Auflagen in 15 Spielen kein einziges Mal ein ausverkauftes Volksparkstadion erlebt.
Daniel Thioune führte die Fortuna von weit unten nach weit oben
Ein Rückschlag für diesen ehrgeizigen Trainer, für den es lange nur nach oben ging. Doch er bekam seine zweite Chance auf die erste Liga, die zunächst gar nicht so aussah: Als er die Fortuna vor etwas mehr als zwei Jahren übernahm, stand die zwar auch auf einem Relegationsplatz – aber zur dritten Liga. Ein Heimsieg gegen Schalke sollte der erste Schritt zur Rettung werden, im Jahr darauf gelang der vierte Platz.
Und nun ist der ganz große Triumph ganz nah. Dank einer Rekordsaison, 63 Punkte hatten die Düsseldorfer in der 2. Bundesliga noch nie. Der Erfolg gelang auch, weil der Trainer Thioune Kompromisse einging. Als sein Spektakelfußball mit rauschhaften Siegen gegen Kaiserslautern (4:3), Schalke (5:3), in Elversberg und gegen Nürnberg (jeweils 5:0) zu Jahresbeginn nicht mehr aufging, verordnete der 49-Jährige ganz gegen sein Naturell einen defensiveren, pragmatischeren Ansatz.
Christos Tzolis war gegen Bochum der entscheidende Mann
Das ging auf, auch dank Christos Tzolis: Der 22-jährige Flügelspieler, ausgeliehen vom englischen Zweitligisten Norwich City, hatte schon die reguläre Saison mit 22 Treffern und damit als bester Torschütze beendet. Im Relegations-Hinspiel gegen Bochum war er nun der mit Abstand beste Mann auf dem Platz, sorgte mit seinen Standards ständig für Gefahr und war an allen drei Toren beteiligt. „Ein unglaublicher Sieg“, freute sich der Grieche. „Ich bin sehr glücklich für mich und das Team.“
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Doch wird er den Weg in die Bundesliga auch mitgehen? Im Aufstiegsfall hat die Fortuna dem Vernehmen nach eine Kaufoption über fünf Millionen Euro für den Angreifer. Als Erstligist durchaus zu stemmen, aber dennoch viel Geld. Es wäre ein herber Verlust in einer ohnehin herausfordernden Situation als Aufsteiger, wenngleich der Trainer überzeugt ist: „Meine Mannschaft hat das Potenzial, nächste Saison Bundesliga zu spielen.“ Dann aber folgt gleich wieder die Einschränkung: „Sie hat die Tür aufgemacht. Jetzt muss sie aber auch durchgehen.“