Essen. Das DFB-Team steckt ein Jahr vor der Heim-EM in der Krise. Trainer Hansi Flick ist umstritten, doch gibt es eine Alternative? Ein Kommentar.
Nun also ein letztes Länderspiel in dieser Saison. Eine Partie gegen eine Mannschaft, die schon bessere Tage erlebt hat, die gerade ihre Identität zu verlieren droht und nicht mal mehr zur erweiterten Weltspitze zählt. Da sollte doch ein Sieg gelingen, um danach endlich im Urlaub den Kopf freizukriegen.
Frage: Denken so die deutschen Spieler über die kolumbianischen, bevor sie am Dienstag in Gelsenkirchen aufeinandertreffen? Oder ist es vielleicht genau andersherum? Denkbar ist es auf jeden Fall.
Ratlosigkeit beim DFB: Was machen wir hier eigentlich?
Ein Jahr vor dem Ereignis sollte man das Wort Heim-EM besser nicht laut aussprechen. Die Menschen in Deutschland haben andere Probleme, als sich mit der Wettbewerbsfähigkeit ihrer einst liebsten Mannschaft beim Turnierstart 2024 zu beschäftigen. Selbst ein Sieg über Kolumbien wird keine ernstzunehmende Euphorie auslösen, bestenfalls ein wenig Erleichterung. Das ist ein schlechtes Zeichen. Dabei war es doch die Kernaufgabe von Sportdirektor Rudi Völler, der sich mit immer tieferen Tiefpunkten ja auskennt, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Natürlich ist die Nationalmannschaft aktuell kein Patient auf der Intensivstation – aber folkloristisch auf eine Wiederholung des 2006er Sommermärchens zu hoffen, wird nicht genügen.
Der DFB hat sich nach dem WM-Vorrunden-Aus in Katar bewusst für eine Zukunft mit Hansi Flick entschieden. Ein gutes halbes Jahr später sind trotz aller Beteuerungen, vom eingeschlagenen Weg überzeugt zu sein, die Sorgen eher größer geworden, dass es eine Wende zum Positiven geben wird. Mal bleibt die Leistung aus (gegen die Ukraine), mal das Ergebnis (gegen Polen); in dem Bewusstsein, dass man im Sommer 2023 ja noch keine Titel verspielen kann, wird personell und taktisch experimentiert. So entsteht weder bei Spielern noch bei Fans das Gefühl von Verlässlichkeit und Zuversicht. Im Gegenteil: Mit immer neuen sportlichen Enttäuschungen und uninspirierter Rhetorik des Bundestrainers wird die Stimmung im Land schlechter. Alarmstufe Schwarz-Weiß!
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DFB umgeht Trainerdebatte: Jürgen Klopp ist nicht zu haben
Wäre das Nationalteam ein Bundesligist, es gäbe eine Trainerdiskussion. Bei der die Qualität der Spieler, vornehmlich aber der vermisste Fortschritt, der von der Trainerbank ausgehen sollte, hinterfragt werden würde. Der DFB umgeht diese Debatte – es ist kein Geld für große Lösungen da. Und Jürgen Klopp, einziger Heilsbringer, der weite Teile des Landes hinter sich vereinen würde, ist nicht aus Liverpool wegzudenken. Konsequenz: Man sollte im Sommer 2024 nicht erwarten, dass der Gastgeber eine Turniermannschaft ins Rennen schicken wird.