Darmstadt. Schalkes nächster Gegner Darmstadt 98 macht eine turbulente Saison durch - mit einem ähnlichen Verlauf wie die Karriere von Lilien-Trainer Florian Kohfeldt.

Die Situation beim FC Schalke 04 und SV Darmstadt 98 hätte Anfang Dezember kaum unterschiedlicher sein können. Die Lilien surften auf einer Erfolgswelle, waren acht Pflichtspielen in Folge ungeschlagen. In Gelsenkirchen wiederum bot S04-Trainer Kees van Wonderen nach gerade einmal sieben Spielen und nur einem Sieg seinen Rücktritt an. Unmittelbar vorher musste der Niederländer mit ansehen, wie seine Mannschaft beim 0:3 gegen den 1. FC Kaiserslautern hergespielt wurde.

In der Zwischenzeit ist die Darmstädter Erfolgswelle gebrochen, von Euphorie keine Spur mehr. Der bislang letzte Sieg gelang am 14. Dezember beim 5:1 gegen den FCK, fünf von sechs Ligaspielen respektive die jüngsten vier Partien gingen verloren. Die Mannschaft von Trainer Florian Kohfeldt ist damit in der 2. Bundesliga auf Platz 13 abgerutscht. Vier Punkte beträgt der Abstand zum Relegationsplatz, den aktuell Eintracht Braunschweig innehat.

Auf Schalke wiederum zeigt der Trend derzeit wieder nach oben Richtung Tabellenmittelfeld. Durch den 2:1-Heimerfolg gegen den Karlsruher SC schoben sich die Gelsenkirchener auf Platz elf vor. Der Wind hat sich gedreht, Außenseiter sind die Knappen im Auswärtsspiel in Darmstadt am Sonntag (13:30 Uhr/Sky) beileibe nicht mehr, auch wenn van Wonderen an das 3:5 im September erinnert: „Wir hatten im Hinspiel unsere Mühe und werden das in ihrem Stadion auch haben. Sie sind in der Lage, große Spiele zu gewinnen.“ Der S04-Coach weiß: „Es gibt in dieser Liga keine einfachen Spiele. Ob sie zwei-, dreimal nicht gewonnen haben, spielt keine Rolle. Das wird eine große Herausforderung.“

Darmstadts Saison wie Kohfeldts Karriere: Stark begonnen, stark nachgelassen

Trotzdem würde man im Box-Jargon sagen: Die Darmstädter sind angeknockt. Sie erleben eine Saison, die gewisse Parallelen zum Karriereverlauf ihres Trainer aufweist. Zusammenfassen lässt sich das als „stark begonnen, stark nachgelassen“. In Rekordzeit formte Kohfeldt nach seiner Beförderung zum Profi-Chefcoach im November 2017 aus dem kriselnden SV Werder Bremen einen Europapokal-Anwärter. Der Shootingstar seiner Zunft wurde gar als „Trainer des Jahres 2018“ ausgezeichnet und bei großen Vereinen wie Borussia Dortmund gehandelt.

Nach zwei Jahren der Knick: Werder brachte nicht mehr die Power auf den Rasen, die Kohfeldt mit seiner Art einst an den Osterdeich gebracht hatte. Haarscharf entging die Bremer in der Relegation 2019/20 gegen Heidenheim (0:0, 2:2) dem Abstieg, ein Jahr später waren sie dann fällig. Kurz vor Saisonende musste Kohfeldt gehen, Werder stieg trotzdem in die 2. Bundesliga ab.

Florian Kohfeldt feierte in seiner Werder-Zeit zunächst große Erfolge, dann ging es stetig bergab.
Florian Kohfeldt feierte in seiner Werder-Zeit zunächst große Erfolge, dann ging es stetig bergab. © dpa | Sina Schuldt

Noch einmal durfte sich Kohfeldt danach bei einem Verein aus der Bundesliga beweisen, der VfL Wolfsburg setzte ihn allerdings wegen Erfolgslosigkeit nach nur sieben Monaten und 28 Pflichtspielen vor die Tür. Es schien, als sei Kohfeldt damit in Deutschland verbrannt. Bezeichnend: Mehr als ein Jahr wartete er auf ein annehmbares Angebot, bis er bei der KAS Eupen in der belgischen Provinz unterschrieb - und auch dort nicht glücklich wurde. 31 Spiele währte dieses erste und bislang einzige Auslandsabenteuer.

Darmstadt gegen Schalke: Kohfeldt zeigt sich kämpferisch

Unter dem Eindruck der furiosen Hinrunden-Serie schien es, als könne Kohfeldt in Darmstadt den Karriere-Turnaround schaffen. Nun steht er einmal mehr unter Druck, auch wenn sich der 42-Jährige vor dem Schalke-Spiel demonstrativ kämpferisch zeigt: „Wir sind optimistisch, weil wir viele Faktoren auf den Platz bringen, die null Komma null dafür sprechen, dass wir wegbrechen“, so Kohfeldt, „insgesamt haben wir eine positive Stimmung in der Mannschaft, es schnellstmöglich drehen zu wollen.“

Unabhängig von der Aufstellung brauche es gegen Schalke mentale Stabilität und eine „sehr ordentliche defensive und offensive Struktur“, forderte Kohfeldt. Sorgen macht er sich trotz der seit Wochen anhaltenden Misserfolge nicht. „Ich sehe niemanden in der Kabine, der zweifelt. Vielmehr ist weiterhin Selbstvertrauen und Klarheit da“, sagte der Lilien-Trainer, der allerdings auf nicht weniger als acht seiner Spieler verzichten muss.

Trotz aller Widrigkeiten wollen Kohfeldt und Co. „diese Phase schnellstmöglich beenden“, dafür gebe es „wenig bessere Gelegenheiten“ als das Traditionsduell gegen S04. Setzt es gegen den Revierklub aber die fünfte Niederlage in Folge, spricht immer mehr dafür, dass auch Darmstadt ein Intermezzo in Kohfeldts Karriere bleibt. (mit dpa)