Gelsenkirchen. Am Samstag trifft Schalke auf den Dritten 1. FC Magdeburg. Der FCM ist die beste Auswärtsmannschaft - und die schwächste zu Hause.
Auf der Internetseite des 1. FC Magdeburg geht es gerade nicht vorrangig um Fußball. Es geht um ein Thema, das nicht nur den Klub, sondern die ganze Stadt bis heute begleitet und noch lange begleiten wird. Sondertrikots mit der Aufschrift „Magdeburg steht zusammen“ versteigert der Klub, zugunsten der Opfer des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt. Ein Thema, das untrennbar zu dieser schon jetzt denkwürdigen Saison des FCM gehört. Am Samstag (20.30 Uhr/Sport 1) treten die Magdeburger im Zweitliga-Topspiel beim FC Schalke 04 an.
Es gibt niemanden bei den Königsblauen, der dieses Spiel auf die leichte Schulter nimmt. Allein die Tabellensituation verbietet das, Schalke ist Dreizehnter, Magdeburg Dritter und Aufstiegskandidat. „Da kommt ein schwerer Brocken auf uns zu“, sagte Schalkes Abwehrspieler Ron Schallenberg. Und Trainer Kees van Wonderen sagte: „Das wird ein ganz anderes Spiel als viele andere. Magdeburg hat eine ganz spezielle Art und Weise, die schwer zu bespielen ist.“
Schalke-Gegner: 25 von 30 möglichen Auswärtspunkten geholt
Eine Spielweise, die zu einer verrückten Statistik führt. Nach 19 Spieltagen sind die Magdeburger Aufstiegskandidat ohne Heimsieg. Sie sind sogar Letzter der Heimtabelle. Sieben Unentschieden stehen zwei Niederlagen gegenüber. Die Auswärtstabelle führen sie aber an, und das mit beeindruckenden Zahlen: 25 von 30 möglichen Punkten haben sie geholt, fast immer überzeugt, zuletzt in Düsseldorf und Elversberg jeweils mit 5:2 gewonnen, auch Rückstände eindrucksvoll gedreht.
Doch woran liegt das? Verteidiger Marcus Mathisen sagte nach dem 1:1 gegen Abstiegskandidat Braunschweig vor einer Woche: „Für uns ist das auch ein wenig seltsam, denn wir lieben die Atmosphäre zu Hause wirklich.“ Mittelfeld-Techniker Baris Atik sagte: „Vielleicht ist einigen der Druck zu hoch.“ Trainer Christian Titz ergänzte: „Fußball kann manchmal grausam sein. In Heimspielen sind wir auch oft stärker und dominant, sind aber zu häufig gegen Ende der Spiele schludrig.“
Der 53 Jahre alte Titz ist der Architekt des Magdeburger Erfolges. Er ist ein Fußball-Theoretiker, der leise spricht, auf den ersten Blick nur wenig in die Glitzerwelt Profifußball passen mag, in der es zuweilen zu sehr auf die lauten Töne ankommt. Fachbücher hat er viele publiziert, eine App über Trainingslehre entwickelt, in der er Übungen aller Art vorstellt. Proficheftrainer wurde er nach vielen Jahren als Jugendtrainer erst 2018 zum ersten Mal, als er interimistisch den Hamburger SV übernahm. Mit dem HSV stieg er ab, mit Rot-Weiss Essen (Saison 2020/21) nicht aus der Regionalliga auf. Als er am 12. Februar 2021 den abstiegsbedrohten Drittligisten 1. FC Magdeburg übernahm, war das für ihn schon so etwas wie die letzte Ausfahrt im Profigeschäft.
Wie Magdeburg spielt, ist seit Titz‘ Amtsübernahme klar, und doch fällt es auch rund vier Jahre später den meisten Gegnern schwer, gegen den FCM gut auszusehen. Warum? Ein Blick auf die Daten verrät es. Titz mag dominanten Fußball, seine Mannschaft hat im Schnitt 57 Prozent Ballbesitz - Zweitliga-Spitze. Der FC hat die meisten Sprints und die zweitmeisten intensiven Läufe aller Zweitligisten. „Magdeburg macht sehr viel Druck nach vorn, bindet auch den Torwart ins Spiel mit ein. Kein Spieler von uns wird Ruhe am Ball haben. Wir müssen voll konzentriert sein. Das ist unser Auftrag“, sagte Kees van Wonderen.
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Sollte Schalke nicht konzentriert und zurückliegen, könnte van Wonderen aber einen zusätzlichen Stürmer einwechseln. Pape Meissa Ba, der am Donnerstag aus Grenoble kam, wird zum Kader gehören. „Wir haben zusätzliche Möglichkeiten im Spiel nach vorn. Er sieht fit aus, hat mit der Mannschaft trainiert, der erste Eindruck ist gut. Er braucht nur noch etwas Zeit, um unsere Spielweise und seine Mitspieler kennenzulernen“, sagte van Wonderen. Ba, dazu die Top-Torschützen Moussa Sylla (13 Saisontore) und Kenan Karaman (11 Tore), das nötigt den formstarken Magdeburgern Respekt ab. „Das sind zwei Stürmer, die sehr abschlussstark sind“, sagte Titz.
Doch genügen Karaman, Sylla und Ba, um die Magdeburger niederzuringen? Die Gäste kommen mit rund 6000 Fans nach Gelsenkirchen, beim FCM herrscht eine große Euphorie. „Großes Stadion, ausverkauftes Haus. Wir fahren nach Gelsenkirchen, um dort zu gewinnen“, sagte Titz. Und Verteidiger Mathisen: „Wir haben bisher eine gute Saison gespielt. Wir zeigen wirklich guten Fußball und wissen genau, wie wir spielen wollen. Und auch wenn wir nicht jedes Spiel gewinnen, werden wir immer sicherer. Unser Teamgeist ist gerade wirklich sehr, sehr gut.“ Es wird eben, wie S04-Trainer van Wonderen sagte, ein „etwas anderes Spiel“.
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