Gelsenkirchen. Schalkes Aufsichtsrat führt weitgehend die Fördergenossenschaft. Externe Ideen sind offenbar nicht gefragt. Ein Kommentar.
Es ist nur eine Randnotiz auf der Internetseite des FC Schalke 04, im Artikel „Fragen und Antworten zur Fördergenossenschaft“ vermerkt. In der Mitgliederversammlung am Samstag waren noch keine Namen verkündet worden, jetzt steht es fest: Im sechsköpfigen Aufsichtsrat der Genossenschaft sitzen fünf Mitglieder des Vereins-Aufsichtsrats. Jetzt ehrlich? Ist das ein schlechter Witz?
Die Fördergenossenschaft stand für die Vereinsführung im Zentrum der Mitgliederversammlung, Vereins-Chef Axel Hefer bezeichnete sie als „Quantensprung“, laut Vertreter Sven Kirstein würde eine „neue Ära“ beginnen. Doch zu Beginn vergeben Hefer, Kirstein und alle anderen, die daran arbeiten, direkt eine riesengroße Chance – auf die sie im Entstehungsprozess nicht nur einmal hingewiesen wurden.
Schalke: Erstes Ziel der Genossenschaft steht fest
Der Aufsichtsrat der Genossenschaft dürfte gerade in der Anfangsphase nicht oft tagen, eher eine Abnick-Funktion haben. Wofür das eingenommene Geld eingesetzt wird, steht schon fest. Es sollen Stadion-Anteile erworben werden, womit dann zunächst das Corona-Darlehen des Hauptvereins abgelöst werden soll. Gerade weil die Macht zunächst beschränkt ist, hätte es dem Verein sicherlich gut getan, zum Beispiel reiche Unternehmer in das Gremium zu holen – laut eigener Auskunft hat Doppel-Vorstand Matthias Tillmann bereits mit Unterstützern gesprochen.
Von der Mitgliederversammlung gingen mehrere Botschaften aus – abgesehen von der Forderung der meisten Mitglieder, einen Sportvorstand einzustellen, war ein Ergebnis, dass ein „Weiter so“ nicht mehr gewünscht wird. Auch wenn Vorstand und Aufsichtsrat ihre Arbeit – mit Ausnahme einiger Personalentscheidungen – offenbar zufriedenstellend bis gut finden, sie schoben die Schuld auffällig oft anderen in die Schuhe. Dieselben Personen, die Schalke zum zweiten Mal in Serie in den Zweitliga-Abstiegskampf geführt haben, auch in die Genossenschafts-Spitze zu holen, ist genau das – ein „Weiter so“.
Der Eindruck, den die vergangenen Jahre hinterließen, ist nun schwarz auf weiß bestätigt: Eine kleine Machtclique regiert Schalke. Gegner des eingetragenen Vereins werden abgelehnt, Freunde oder Bekannte von Ex-Klubchef Clemens Tönnies auf Distanz gehalten. Dabei haben Hefer und Tönnies mehrere Dinge gemeinsam: Sie setzen in der Vereinsführung vor allem auf Vertraute. Und im Klub heißt es, dass auch Hefer gelegentlich mehr im Tagesgeschäft mitmischt, als ein Aufsichtsrat es sollte. Auch wenn Hefer offiziell nicht in der Führung der Fördergenossenschaft sitzt: Er ist der Mastermind der Idee, gemeinsam mit seinem Vertreter Kirstein, der den Aufsichtsrat der GeNo (wie sie intern genannt wird) führt. Kirstein selbst erklärte, das Projekt schon seit eineinhalb Jahren voranzutreiben. Da war Tillmann, der das Ganze bei der Mitgliederversammlung präsentierte, noch gar nicht da.
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Externe Ideen nimmt Schalkes Machtclique zur Kenntnis, aber was sind die hinter verschlossenen Türen wert? Bernd Schröder, Frank Kramer, Marc Wilmots – solche Fehler hätten sich vermeiden lassen, wenn das Gremium mehrere Experten aus dem Fußballgeschäft angehört hätte. Das lässt für die Suche nach einem Sportvorstand wenig Gutes erahnen. Denn beste Kontakte in die Managerszene hat Schalkes Führung nicht. Externe Beratung ist offensichtlich nicht gefragt, ein Machtverlust nicht erwünscht.
Schalke: Es gibt genug vereinslose Kandidaten
Und welcher erfahrene Funktionär kommt schon in dieser schwierigen Lage? Genau diesen Routinier braucht Schalke aber, einen Sportvorstand, der mit Druck und der Öffentlichkeit umgehen kann, Ahnung vom Geschäft hat, einen begabten Kaderplaner wie Ben Manga führen kann. Gerade vereinslose Kandidaten gäbe es viele (Alexander Rosen, Jonas Boldt, Fredi Bobic, Rachid Azzouzi, um nur einige zu nennen). Reibung in der Spitze, heiße Diskussionen, unterschiedliche Meinungen, verschiedene Hintergründe, auch mal Streit – so sollte es sein. So ist es aber nicht, man bleibt lieber unter sich. Die reizvolle Idee der Fördergenossenschaft bekommt so einen kleinen Knacks.
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