Dortmund. Waldemar Anton und Serhou Guirassy kehren nach Stuttgart zurück. Die VfB-Fans sind vor allem auf Anton wütend. Das liegt an einem Interview.
Es gibt dieses Interview, das Waldemar Anton noch in diesem Jahr gegeben hat. „Warum sollte ich ständig wechseln, wenn ich mich in einer Stadt oder bei einem Verein wohlfühle?“, sagt der Verteidiger darin dem Magazin 11Freunde. Vertrauen und Ehrlichkeit seien ihm schon wichtiger gewesen als Geld und Statussymbole.
Eigentlich bezog sich diese Frage auf die Vergangenheit, weil Anton zu diesem Zeitpunkt nur für Hannover 96 und den VfB Stuttgart gespielt hatte, doch viele Stuttgart-Fans interpretierten diese Worte als ein Treuebekenntnis. Und so lässt sich ihr Ärger bereits anhand dieser Aussage erklären. Denn mittlerweile spielt Anton, 28, beim Bundesligakonkurrenten Borussia Dortmund.
An Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) kehrt der Nationalspieler zurück in das Stadion, indem er vier Jahre lang versucht hat, Gegentore zu verhindern, und indem er sich zu einer Identifikationsfigur entwickelt hatte. Der Empfang dürfte hitzig werden, da auch Serhou Guirassy, zuvor zwei Jahre in Stuttgart, an seinem ehemaligen Arbeitsplatz auflaufen wird.
Waldemar Anton: „Da kommt man vielleicht zumindest ins Nachdenken“
Das Duell der beidem Champions-League-Teilnehmer erzählt deswegen einmal etwas über das finanzielle Kräfteverhältnis der Liga. Knapp 40 Millionen Euro hat der BVB bezahlt, um die beiden Leistungsträger zu verpflichten, die trotz des Aufschwungs beim VfB die besseren Perspektiven in Dortmund sahen. Es erzählt zudem etwas über die Haltbarkeit von Treuebekenntnissen, die schnell verpuffen können, wenn sich größere Klub melden. Eine Profikarriere ist begrenzt, und es fällt den meisten schwer, die Chance, eine Etage höher zu klettern, auszuschlagen.
Um die Wogen etwas zu glätten, hat Anton bereits im Vorfeld bei der lokalen Stuttgarter Zeitung gesagt, dass er denke,„die meisten VfB-Fans wissen, dass ich für den Klub in den vergangenen vier Jahren alles gegeben habe - auch mal Blut und Tränen. Es wäre schön, wenn sich das Thema beruhigt. Denn es gab in den Sozialen Medien eben auch viel, was unter die Gürtellinie ging.“ Pfiffe erwartet er aber trotzdem. „Ich bin da realistisch und habe selbstverständlich die Wut und Enttäuschung vieler Fans mitbekommen.“
Und gleichzeitig wird die Begegnung auch einen Hinweis darauf geben, wie weit der BVB unter dem neuen Trainer Nuri Sahin schon ist. In der vergangenen Spielzeit führten die Stuttgarter den eigentlich finanziell deutlich besser ausgestatteten Revierklub im eigenen Stadion zweimal vor. Nun kann die Elf nachweisen, dass sie sich weiterentwickelt hat. „Ich glaube, dass wir mit dem Mindset dahinfahren, dass wir den Anspruch haben, dort gewinnen zu wollen und gewinnen zu können“, sagt Sahin. Er sei gespannt, weil sich zwei Mannschaften begegnen würden, die beide viel Wert auf Ballbesitz legen. „Wir werden da sein, und wir wollen unser Spiel durchdrücken.“
BVB-Glaube wächst auch wegen Waldemar Anton und Serhou Guirassy
Dass in Dortmund gerade der Glaube wächst, in die richtige Richtung zulaufen, liegt neben der verbesserten Struktur auch an Neuzugängen wie Anton und Guirassy. Letzterer ist nach dreimonatiger Verletzungspause zurückgekehrt und hat der Offensive sofort eine verbesserte Durchschlagskraft verliehen. In Brügge gelang ihm beim 3:0 sein erstes schwarz-gelbes Tor per Strafstoß, in Stuttgart soll er daran anknüpfen.
Anton zieht dagegen nicht dieselbe Aufmerksamkeit wie Guirassy auf sich. Er hat sich still eingefügt in die Dortmunder Elf, verteidigt meist souverän und ist gemeinsam mit Niklas Süle und Nico Schlotterbeck der Grund, warum der abgewanderte Mats Hummels nicht vermisst wird.
„Waldemar Anton übernimmt Verantwortung. Er redet sehr viel, ist ein Vollprofi“, berichtet Nuri Sahin, der auch nicht glaubt, dass er Anton und Guirassy noch einmal speziell auf diese Begegnung vorbereiten muss. „Sie sind alt genug, das sind ja keine 18-jährigen Spieler mehr. Beide wissen, damit umzugehen. Sie werden versuchen, das alles auszublenden.“
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Antons Vertrag gilt bis 2028. Anfang dieses Jahres hatte der in Usbekistan geborene Fußballer noch seinen Kontrakt in Stuttgart bis 2027 verlängert und dabei gesagt, dass er sich auf „die weiteren Jahre im Trikot mit dem Brustring“ freue. In diesem Arbeitspapier versteckte sich aber auch eine Ausstiegsklausel, diese nutzte dann der BVB.