Bad Ragaz. Borussia Dortmund hofft auf den Durchbruch der beiden Top-Talente, doch es muss auch ihre Gesundheit mitmachen. Kann das gelingen?
Am Mittwochvormittag präsentierte sich Bad Ragaz von seiner usseligen Seite. Es regnete im Schweizer Kurort und wie das eben so ist in den Bergen, tropft dann auch gleich eine ganze Menge vom Himmel ins Tal herab. Kein Wetter, um auf eine Terrasse einzuladen, die nur durch Sonnensegel geschützt ist. Und daher verlegte Borussia Dortmund den Termin mit Lars Ricken auch lieber in den kühlen Salon des edlen Grand Hotels.
Der noch immer neue Sport-Geschäftsführer des BVB bezog Stellung zu diversen Themen, die rund um den Klub gerade diskutiert werden. Zu schönen aus Dortmunder Sicht, wie dem Elan, den der ebenfalls frisch engagierte Trainer Nuri Sahin ausstrahlt. Zu störenden wie den Wirbel um Kaderplaner Sven Mislintat (51) oder den Poker um Youssoufa Moukoko (19), dessen Berater einen Abschied großspurig angekündigt hat, aber unglücklicherweise dem BVB kein konkretes Angebot vorlegen konnte.
BVB: Julien Duranville sorgt gegen Villarreal für Furore
Auffällig nach oben gingen bei der Medienrunde die Mundwinkel Rickens, als ihm der Namen Julien Duranville über die Lippen kam. Der 48-Jährige erinnerte an den Vorabend. Da habe Duranville im Testspiel gegen den FC Villarreal (2:2) gezeigt, „warum wir immer sagen, was für eine Fantasie wir bei ihm haben, und was für ein Potenzial wir da sehen“.
Duranville, zarte 18, fällt nicht sonderlich auf. Er ist nicht groß gewachsen, sein Körper eher schmächtig. Duranville ist mehr Jugendlicher als schon Erwachsener. Schlüpft er aber in seine Fußballschuhe, betritt er einen Rasen, dann zieht er die Augen aller Fußballliebhaber auf sich. Weil er durch Abwehrreihen tanzt, spritzig seine Gegner abschüttelt, auch unter höchstem Druck die Kontrolle über den Ball behält. Und das unbekümmert wie man als Teenager halt ist. Ein Beispiel: Der Ausgleich durch Marcel Sabitzer, in dessen Entstehung Fußball so simpel schien. „Eine saubere Ball-An- und Mitnahme, Schnelligkeit, Übersicht, Tor – das hoffen wir natürlich auch demnächst auf der großen Bühne von ihm zu sehen“, sagt Ricken. Nicht nur von Duranville.
BVB will mit Julien Duranville behutsam umgehen
Julien Duranville und Jamie Bynoe-Gittens, 19, erfüllen Dortmunds Sehnsucht nach dem Besonderen, wie es zuvor Jadon Sancho, Ousmane Dembele, Erling Haaland oder Jude Bellingham taten. Beide flitzen auf den Flügeln auf und ab, beide sind Gründe genug, ein Stadion zu besuchen. Beide haben in diesem Sommer Schritte nach vorne gemacht. Möglicherweise werden sie zu den Hinguckern der anstehenden Saison. „Wenn er den Ball berührt, hat man das Gefühl, man guckt jemandem zu, der etwas Besonderes hat“, sagt Trainer Sahin, mahnt aber: „Wir wollen nicht in Euphorie verfallen.“
Und das hat Gründe. Beide Talente, die dem Dortmunder Geschäftsmodell entsprechen und schon bei ihrer Verpflichtung eine Wette auf die Zukunft waren, schleppen körperliche Hypotheken mit sich herum. Der Engländer Bynoe-Gittnes hatte immer wieder Schulterverletzungen; Duranville derweil große Probleme mit den Muskeln in den Beinen. Seit mehr als anderhalb Jahren ist der Belgier schon im Ruhrgebiet, in seiner Bilanz stehen in dieser Zeit allerdings nur knapp 300 Pflichtspiel-Minuten.
BVB: Duranville und Bynoe-Gittens können sich noch steigern
Daher wollen die Dortmunder mit Duranville, der gegen Villarreal mehrfach für Staunen im Stadion sorgte und auch schon in während der Asien-Reise auf sich aufmerksam machte, sehr behutsam umgehen. „Er hat über den Sommer körperlich einen riesigen Sprung gemacht. Er wird stabiler. Wenn der Junge stabiler wird und wir Rhythmus reinbekommen, wird er wichtig für uns sein“, sagt Sahin relativ zurückhaltend. Spricht man mit den Verantwortlichen hinter verschlossenen Türen über Duranville, gehen ihnen ab und zu die Superlative aus. Intern wird er mit Abstand als größtes Talent im Übergangsbereich zu den Profis bewertet. Mit Bynoe-Gittens, glaubt man beim BVB, habe man einer der interessantesten Flügelzangen Europas.
Bynoe-Gittens ist noch weiter, er war in der abgelaufenen Saison einer der Stammkräfte unter dem damaligen Coach Edin Terzic. Auch Bynoe-Gittens hat sich in diesen Wochen verbessert. Sein feiner Schlenzer zum 1:2 gegen Villarreal war ein Zeichen für mehr Gelassenheit im Abschluss. Der Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Fußball, der viele beim BVB verzweifeln ließ, ist seltener geworden, arbeiten muss Bynoe-Gittens weiter an seiner Defensivarbeit.
Das Besondere des Duos allerdings ist auf der anderen Seite des Spielfeldes zu finden. „Bei all der Taktik und dem Positionsspiel – am Ende muss jemand das Eins-gegen-Eins gewinnen“, sagt Trainer Sahin. Und darin seien sowohl Bynoe-Gittnes als auch Duranville eben „brutal gut“.
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